Der Streit um den Jura-Bachelor: Worum geht es wirklich? – ein Kommentar

Aktuell ist wieder eine hitzige Debatte um die juristische Ausbildung entbrannt. Auslöser hierfür sind die Vorschläge der künftigen Regierungsparteien in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Sie planen die Einführung eines integrierten Bachelors. Studentinnen und Studenten könnten damit auf dem Weg zum Examen einen LL.B.-Titel als Zwischenabschluss erwerben. Die Vor- und Nachteile dieser Integrationslösung sind bereits vielfach beleuchtet worden: Während Befürworterinnen und Befürworter insbesondere auf den psychologischen Effekt hinweisen, wonach die Bachelor-Lösung den Examensdruck mindern und Prüfungsängsten verbeugen könne, hat Frau Prof.in Chuisi durch die Bezeichnung „Loser-Bachelor“ all denjenigen Gegnerinnen und Gegnern das Wort geredet, die einen Qualitätsverlust des Jurastudiums befürchten.

Außenstehende werden es nur schwer nachempfinden können, aber die Einführung des integrierten Jura-Bachelors bewegt Jurastudentinnen und Jurastudenten derzeit wie kaum ein anderes Thema. Es wird erbittert gestritten. Die Fronten scheinen verhärtet. Dabei erinnert der Streit um den Jura-Bachelor bisweilen an Neiddebatten, wie wir sie bereits aus anderen Bereichen kennen, etwa von den Regelungen zum Home-Office oder von der Diskussion über Steuersätze. Das hat Gründe, die wir nicht zuletzt in uns selbst suchen müssen. Denn wer sich durchs Examen quälen musste, vielleicht sogar im ersten Anlauf gescheitert ist, auf den oder die wirkt ein solcher Vorschlag zunächst einmal ungeheuerlich. Doch anstatt den Vorstoß aus der Politik zu nutzen und für Fortschritt oder – wie es in der Wirtschaft gerne heißt – einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu streiten, stehen nicht wenige Altgediente der Veränderung sehr kritisch gegenüber. Das geht so weit, dass Gedanken wie „Wir mussten da auch durch“ oder „Nur so wird man in der juristischen Arbeitswelt bestehen können“ zum eigentlichen Leitmotiv in der Argumentation werden.

Davor möchte ich warnen. Zumal niemandem durch die Einführung des integrierten Jura-Bachelors etwas weggenommen wird. Im Gegenteil: Es geht um Wertschätzung und um die Zukunft der juristischen Ausbildung. Wer sich dabei ausschließlich um seine eigenen Vorteile sorgt, sollte das offen kundtun. Alles andere ist unehrlich.


Zu unserer ausführlichen Besprechung des FAZ-Artikels von Prof’in Tiziana Chiusi geht es hier (JURios berichtet).

Vor verhärteten Fronten warnt auch Prof. Dr. Roland Schimmel in seinem LTO-Artikel.

Und auch der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. hat eine Stellungnahme herausgegeben.

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Dr. Lorenz Bode
Dr. Lorenz Bode
Der Beitrag gibt ausschließlich seine persönliche Auffassung wieder.

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