Unsere Autorin hat ein Hirn wie ein Sieb und ist ehrlicher als jede:r Professor:in, Repetitor:in oder Freund:in es Euch gegenüber jemals sein wird. Trotzdem hat sie es geschafft, das Erste und Zweite Juristische Staatsexamen mit absolut akzeptablen Noten zu bestehen. Seitdem juckt es sie in den Fingern, ihre ultimativen Lerntipps mit Euch zu teilen. Die erste Weisheit lautet: Ein Prädikatsexamen bekommt man nicht, indem man stur alles auswendig lernt. Ohne zumindest die wichtigsten Definitionen zu kennen, geht es aber auch nicht!
Die 24 jeweils wichtigsten Definitionen hat unsere Autorin bereits für Euch in drei Artikeln zum Strafrecht, Zivilrecht und öffentlichen Recht gesammelt. Diese drei Artikel gehören zu den meistgelesenen Artikeln auf JURios. Deswegen geht es jetzt weiter: Mit den 25 wichtigsten Definitionen für das Zivilprozessrecht (ZPO). Aber nicht vergessen: Auch hier muss man das dahinterstehende System natürlich verstanden haben und auch in der Lage sein, Fälle gutachterlich zu lösen. Sonst wird das nix!
Die wichtigsten ZPO Definitionen
1: Anhängigkeit
Sobald die Klageschrift in entsprechender Anwendung des § 130 BGB bei Gericht eingegangen ist, ist die Klage anhängig. Der Streitgegenstand bezeichnet nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff den prozessualen Anspruch (1), den eine Partei auf der Grundlage eines bestimmten Lebenssachverhaltes (2) in einem gerichtlichen Verfahren geltend macht
2: Anscheinsbeweis
Beim Anscheinsbeweis handelt es sich um eine Beweiserleichterung. Er erlaubt, gestützt auf Erfahrungssätze, Schlüsse von bewiesenen auf zu beweisende Tatsachen zu ziehen.
3: Begehungsort i.S.d. § 32 ZPO
Begangen ist die unerlaubte Handlung sowohl an demjenigen Ort, an dem der:die Täter:in die Verletzungshandlung vornimmt („Handlungsort“), als auch an demjenigen Ort, an dem der Verletzungserfolg eintritt („Verletzungsort“).
4: Behauptungs- und Beweislast
Die Behauptungslast besagt, dass jede Partei die für sie günstigen Tatsachen behaupten muss. Im Rahmen der Beweislast muss jede Partei die für sie günstigen Tatsachen beweisen.
5: Beibringungsgrundsatz
Der Beibringungsgrundsatz bedeutet, dass es den Parteien obliegt, diejenigen Tatsachen in den Prozess einzuführen, die zur Urteilsgrundlage werden sollen (Gegensatz: Amtsermittlungsgrundsatz im Strafprozess). Während die Dispositionsmaxime den Streitgegenstand betrifft, geht es beim Beibringungsgrundsatz um die Tatsachen des Prozesses.
6: Dispositionsmaxime
Dispositionsmaxime bedeutet, dass die Parteien über Beginn, Gegenstand und Ende des Prozesses bestimmen können; er steht also zu ihrer Disposition (Gegenteil im Strafverfahren: Offizialmaxime).
7: Drittwiderklage
Bei der Drittwiderklage handelt es sich um eine Sonderform der eigentlichen Widerklage i.S.d. § 33 ZPO. Hierbei wird die Klage gegen eine:n Dritte:n bezeichnet, der bis zu diesem Zeitpunkt nicht in den bestehenden Prozess involviert war. Bei der sog. streitgenössischen Drittwiderklage erhebt der:die Beklagte zugleich Widerklage gegen den:die Kläger:in der Hauptklage.
8: Erfüllungsort i.S.d. § 29 ZPO
Der Erfüllungsort i.S.d. § 29 I ZPO ist gleichbedeutend mit dem Leistungsort i.S.d. § 269 I BGB. Das ist derjenige Ort, an dem der:die Schuldner:in die letzte geschuldete Leistungshandlung vornimmt.
9: Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 ZPO
Ein Feststellungsinteresse besteht nur, wenn dem Recht des:der Kläger:in eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Unsicherheit droht der Rechtsposition insbesondere, wenn der:die Beklagte sie ernstlich bestreitet. Ein Feststellungsinteresse besteht aber auch, wenn sich der:die Beklagte sich eines Anspruchs gegen den:die Kläger:in berühmt.
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10: Klageänderungstheorie
Mit der h.M. ist die einseitig gebliebene Erledigungserklärung eine Klageänderung, mit welcher der:die Kläger:in seinen ursprünglichen Sachantrag in den Feststellungsantrag, dass der Rechtsstreit sich in der Hauptsache erledigt habe, umstellt.
11: Klagehäufung
Als Klagehäufung bezeichnet man zum einen die Zusammenfassung mehrerer Klagebegehren in einem Verfahren („objektive Klagehäufung“) und zum anderen die Verbindung von Prozessen mehrerer Kläger:innen oder gegen mehrere Beklagte („subjektive Klagehäufung“, meistens „Streitgenossenschaft“). Bei der kumulativen Klagehäufung macht der:die Kläger:in nebeneinander mehrere Streitgegenstände gegenüber dem:der Beklagten geltend. Die alternative Klagehäufung besteht aus alternativ zwei Anträgen oder der:die Kläger:in stützt einen Antrag auf alternativ zwei Lebenssachverhalte. Bei der eventuellen Klagehäufung stellt der:die Kläger:in einen Haupt- und einen Hilfsantrag. Den zweiten Anspruch macht man dabei nur dann geltend, wenn der Hauptantrag erfolglos ist („echte eventuelle Klagehäufung“) oder wenn der Hauptantrag Erfolg hat („unechte eventuelle Klagehäufung“).
12: Konnexität i.S.d. § 33 ZPO
Gem. § 33 ZPO muss der mit der Widerklage geltend gemachte prozessuale Anspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch in Zusammenhang stehen. Das ist dann der Fall, wenn die beiderseits geltend gemachten Forderungen aus dem gleichen Rechtsverhältnis resultieren. Es ist deshalb ein rechtlicher Zusammenhang erforderlich, wobei hierfür jedoch keine Identität des unmittelbaren Rechtsgrundes erforderlich ist. Ein bloßer tatsächlicher, örtlicher oder sonstiger Zusammenhang ist aber nicht ausreichend.
13: Nebenintervention i.S.d. § 66 ZPO
Eine Nebenintervention, auch Streithilfe genannt, liegt vor, wenn sich jemand im eigenen Namen wegen eines eigenen rechtlichen Interesses an einem fremden Zivilprozess beteiligt, ohne selbst Partei zu sein. Der:die Nebenintervenient:in (= Streithelfer:in) tritt im Prozess einer der beiden Parteien bei, um diese zu unterstützen.
14: Parteifähigkeit i.S.d. § 50 ZPO
Die Parteifähigkeit bezeichnet im Urteilsverfahren die Fähigkeit, Kläger:in, Beklagte:r oder Nebenintervenient zu sein. Sie ist parteibezogene Sachentscheidungsvoraussetzung und Prozesshandlungsvoraussetzung. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.
15: Porogation i.S.d. § 38 ff. ZPO
Als Prorogation wird im Zivilprozessrecht die Vereinbarung der Parteien eines Rechtsstreits über den anzuwendenden Gerichtsstand bezeichnet.
16: Postulationsfähigkeit i.S.d. § 78 I ZPO
Die Postulationsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit einer Partei, Prozesshandlungen selbst wirksam vornehmen zu können. Sie ist keine parteibezogene Sachentscheidungsvoraussetzung, sondern reine Prozesshandlungsvoraussetzung
17: Prozessfähigkeit i.S.d. § 51 ff. ZPO
Die Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch eine:n selbst bestellte:n Vertreter:in zu führen und alle Prozesshandlungen selbst oder durch eine:n selbst bestellte:n Vertreter:in vorzunehmen und entgegenzunehmen.
18: Prozessführungsbefugnis
Die Prozessführungsbefugnis bezeichnet das Recht, über das behauptete streitige Recht im eigenen Namen einen Prozess als Kläger:in oder Beklagte:r zu führen. Es handelt sich um eine parteibezogene Sachentscheidungsvoraussetzung, nicht aber auch um eine Prozesshandlungsvoraussetzung.
19: Prozessstandschaft
In einigen Fällen darf eine materiellrechtlich nicht berechtigte Partei in eigenem Namen einen Prozess über ein fremdes Recht führen (gesetzliche, z.B. § 80 InsO und gewillkürte Prozessstandschaft).
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20: Rechtshängigkeit
Erst mit Bewirken der Zustellung durch das Gericht an den:die Kläger:in nach Maßgabe der § 166 ff. ZPO ist die Klage rechtshängig gem. § 261 I ZPO und damit erhoben.
21: Rechtskraft
Formelle Rechtskraft erlangt ein Urteil dann, wenn es unangreifbar ist, d.h. wenn es befristeten Rechtsmitteln oder einem Einspruch nicht mehr unterliegt. Die materielle Rechtskraft gem. § 322 I ZPO setzt den Eintritt der formellen Rechtskraft voraus. Sie bezeichnet ganz allgemein den Umstand, dass der Inhalt einer Entscheidung für das Gericht und die Parteien maßgeblich ist.
22: Rechtsverhältnis i.S.d. § 256 I ZPO
Ein einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO ist die rechtlich geregelte Beziehung zwischen einer Person und einer anderen Person oder zwischen einer Person und einem Gegenstand zu verstehen.
23: Sachurteil- und Prozessurteil
Von einem Prozessurteil spricht man, wenn das Gericht die Klage als unzulässig
abweist. Die Klage ist zulässig, wenn sämtliche Sachentscheidungsvoraussetzungen erfüllt sind und Prozesshindernisse nicht entgegenstehen. Ein Sachurteil liegt hingegen vor, wenn die Klage zulässig (also sämtliche Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben sind) und das Gericht sich mit der Begründetheit des erhobenen Anspruchs auseinandersetzt.
24: Suspensiveffekt und Devolutiveffekt
Ein Rechtsbehelf hat Suspensiveffekt, wenn er den Eintritt der formellen Rechtskraft hemmt. Ein Rechtsbehelf hat Devolutiveffekt, wenn er eine höhere Instanz mit dem Entscheidungsgegenstand befasst (beides: Berufung und Revision).
25: Widerklage i.S.d. § 33 ZPO
Als Widerklage bezeichnet man die in einem rechtshängigen Prozess (Hauptklage) erhobene Klage des:der Beklagten (Widerkläger:in) gegen den:die Kläger:in (Widerbeklagte:n), durch die ein selbständiger Streitgegenstand, den § 33 ZPO Gegenanspruch nennt, geltend gemacht wird.