Diskriminierungsverbot gilt auch für Stellenanzeige bei ebay Kleinanzeigen

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Viele Unternehmen meinen noch immer, im Internet mit vermeintlich “informellen” Stellenanzeigen davonzukommen. Dem schob jetzt aber das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein deutlich einen Riegel vor. Auch bei einer Stellenanzeige auf ebay Kleinanzeigen gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Was war geschehen? Ein Unternehmen aus dem Kreis Steinburg hatte auf ebay Kleinanzeigen eine Stellenanzeige veröffentlicht. Das Unternehmen suchte eine Sekretärin (ja, absichtlich nicht gegendert). In der Stellenanzeige hieß es: „Sekretärin gesucht! Beschreibung: Wir suchen eine Sekretärin ab sofort. Vollzeit/Teilzeit. Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen […]“. Wer sich ein bisschen im Arbeitsrecht auskennt, wird das Problem sofort erkannt haben. Stellenanzeigen müssen in Deutschland geschlechterneutral formuliert sein. Dabei ist nicht nur das männliche und das weibliche Geschlecht zu nennen, sondern auch die Option “divers”. Richtig hätte das Unternehmen also beispielsweise schreiben müssen: “Sekretär (m/w/d) gesucht!”

Unternehmen möchte ausschließlich eine “Dame” einstellen

Oft bleiben derart achtlos formulierte Stellenanzeigen für das Unternehmen ohne Konsequenzen. Nicht jedoch in diesem Fall. Denn: Auf die Stellenanzeige bewarb sich ein Mann aus Nordrhein-Westfalen. Der Mann nutzte dazu die Chatfunktion und schrieb dem Unternehmen. „Hallo, ich habe gerade auf Ebay Kleinanzeigen ihre Stellenausschreibung gefunden, womit Sie eine Sekretärin suchen. Ich suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an Ihrer Stelle. Ich habe Berufserfahrung im Büro und kenne mich mit Word und Excel und Gesetzen gut aus. Lieferscheine und Rechnungen kann ich auch schreiben und sonst typische Arbeiten einer Sekretärin, die sie fordern. Ich bewerbe mich hiermit auf ihrer Stelle […]“.

Das Unternehmen antwortete dem Mann und machte dabei einen folgenschweren Fehler. In der Antwortnachricht hieß es zur Begründung nämlich: “[…] vielen Dank für Interesse in unserem Hause. Wir suchen eine Dame als Sekretärin. Wir wünschen Ihnen alles Gute Vielen Dank […]“. Das ließ sich der Bewerber natürlich nicht gefallen und machte gegenüber dem Unternehmen eine Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern vor dem Landesarbeitsgericht geltend. Und hatte Erfolg.

Kein rechtsmissbräuchliches AGG-Hopping

Das Landesarbeitsgericht hält den für die Geltendmachung von Entschädigung nach § 15 II AGG erforderlichen Bewerber:innen-Status für gegeben. Wer eine Stellenanzeige bei ebay Kleinanzeigen veröffentlicht, müsse damit rechnen, dass sich die Bewerber:innen auch über die Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich. Außerdem sei im Streitfall das inhaltliches Mindestmaß zur Identifizierung des Bewerbers durch die Chatnachricht erfüllt.

Und: Die Bewerbung des Mannes sei auch nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Das kann bei sogenannte AGG-Hopper der Fall sein, die sich auf Stellenanzeigen bewerben, an denen sie überhaupt kein Interesse haben, nur um die Entschädigung zu kassieren. Dafür lägen hier aber keine Anhaltspunkte vor. Das Unternehmen muss dem geprellten Sekretär nun 7.800 Euro (drei Monatsgehälter einer Sekretärin in Schleswig-Holstein) bezahlen.


Entscheidung: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.06.2022, Az. 2 Sa 21/22
Pressemitteilung: https://www.schleswig-holstein.de/

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