Jurastudium: Zitieren für Anfänger und alle anderen

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Das Folgende ist eigentlich eher nicht kurios. Ausnahmsweise kommt hier einmal reiner Leserservice. In der Hausarbeiten-Saison zur Plagiatsvermeidung, oder, freundlicher formuliert: zum korrekten Zitieren in wissenschaftlichen Texten.

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1. Zur Vergewisserung: Warum das Plagiieren gefährlich ist

Die Älteren erinnern sich: Plagiieren in wissenschaftlichen Arbeiten kann ein Karrierekiller werden. Als Politiker wird man leicht einmal in die Wüste geschickt – oder in den Vatikan. Als Wissenschaftler verliert man seine Stelle oder wird in der Fachgemeinde ausgelacht. Hätte man sich mal lieber nicht erwischen lassen! Oder kompetenter plagiiert. Oder vielleicht einfach überhaupt nicht? In studentischen Arbeiten führt entdecktes Abschreiben mindestens zu Punktabzug, oft aber zum Nichtbestehen wegen eines Täuschungsversuchs. Dass es beinahe unmöglich ist, sich mit noch so pfiffigen Erklärungen herauszureden, hat letzthin Jochen Zenthöfer in einem JURios-Artikel gezeigt.

Dabei wäre das alles wirklich gar nicht nötig.

2. Wie man ordentlich zitiert

Sauberes Zitieren ist nämlich ziemlich einfach, den guten Willen einmal vorausgesetzt.

a) Eine nützliche Faustregel zum Einstieg

Auf eine ganz knappe Regel heruntergebrochen: Anfang der Übernahme markieren, Ende markieren, Referenz setzen. Das war’s.

Wenn der Umfang eines übernommenen Texts oder Gedankens gekennzeichnet ist und die Quelle aus der Referenz (meist also: einer Fußnote) hervorgeht, haben Sie sauber zitiert. Wie diese Markierungen aussehen, unterscheidet sich abhängig davon, ob Sie wörtlich zitieren oder sinngemäß.

b) Wörtliche Zitate

Unter Juristen sind wörtliche Zitate (auch direkte Zitate genannt) eher die Ausnahme. Aber wo man sie einsetzt, gehorchen sie den gleichen Regeln wie überall:

Wörtliche Zitate stehen in Anführungszeichen. Teils werden sie – zusätzlich oder alternativ – durch Kursivschreibweise und/oder Einrückung gekennzeichnet, besonders wenn sie lang sind. Am Zitatende folgt ein Fußnotenbeleg mit der genauen (!) Fundstelle.

Auslassungen innerhalb des Zitats kennzeichnet man mit […]. Sinnveränderungen sind tabu, orthographische Modernisierungen gehen in Ordnung, werden aber (zumindest bei strenger Handhabung) gekennzeichnet, meist in der Fußnote.

Das war’s.

c) Sinngemäße Zitate

Sinngemäße Zitate (indirekte Zitate) sind der Juristen täglich Brot, weil sie sich ständig mit obergerichtlicher Rechtsprechung, den abweichenden Ansichten wissenschaftlicher Autoritäten usw. auseinandersetzen müssen.

Anführungszeichen wären hier irreführend. Den Anfang der zitierten Passage kennzeichnet man stattdessen mit einer Formulierung wie Nach der Rechtsprechung des BGH… oder Einer im Schrifttum vereinzelt vertretenen Ansicht zufolge… oder Ein abweichender Standpunkt in der Wissenschaft stellt auf … ab. Den Schluss markiert man mit der Fußnote mit der Quellenangabe. Der Text wird dann nicht wörtlich wiedergegeben, sondern sinngemäß umschrieben. Gerade bei Fachtexten mit zahlreichen Fachausdrücken darf aber die Umschreibung nicht beliebig weit sein, sonst wird sie ungenau. Meist wird die Ausgangsformulierung nicht nur umschrieben, sondern gekürzt, ergänzt, zugespitzt, in einen Zusammenhang eingefügt usw. Das geht in Ordnung, solange der Sinn gewahrt bleibt.

Nicht empfehlenswert ist es, die Umschreibung (Paraphrasierung) softwarebasiert herstellen zu lassen. Maschinelle Umschreibungen wirken auf heutigem Stand oft noch holprig und sind fachsprachlich nicht verlässlich, teils auch widersprüchlich. Außerdem verspielt man mit der Delegation an den Computer die Chance, etwas zu üben, was Juristen nicht ohne Grund ständig tun: sinnwahrend zu umschreiben und dabei immer zugleich zu prüfen, welche Formulierung den Sinn des Gemeinten am genauesten trifft.

Umschreiben heißt übrigens nicht, in einem per Copy/Paste übernommenen Absatz zwei Wörter gegen Synonyme auszutauschen und dann zu argumentieren, es handle sich schließlich nicht mehr um ein wörtliches Zitat. (Ihre Prüfer nennen das ein Bauernopfer-Plagiat.) Aber Sie können es natürlich gern einmal ausprobieren, vielleicht haben Sie ja Glück.

3. Die fiesen technischen Einzelheiten

Wer das beachtet, wird sich keinem Plagiatsvorwurf ausgesetzt sehen. Trotzdem gibt es über ordentliches Zitieren noch mehr zu wissen. Das liegt daran, dass praktisch jeder Wissenschaftszweig seine eigenen Regeln über die technischen Einzelheiten eines „ordentlichen“ Zitats aufstellt. Die betreffen überwiegend Details der Formatierung, der erforderlichen Angaben in Fußnoten (oder In-Text-Referenzen) und Literaturverzeichnissen. Selbst innerhalb der Rechtswissenschaft wird das nicht einheitlich gehandhabt. Manchmal haben benachbarte Lehrstühle an der Uni unterschiedliche Zitierleitfäden, gelegentlich bleiben diese Erwartungen aber auch unausgesprochen. Das kann im Alltag recht anstrengend werden.

Weil diese Fragen („Schreibt man den Satzanfang in der Fußnote groß? Steht am Ende ein Punkt? Muss am Anfang immer ein Vgl. stehen?“) aber vom Problem Zitat/Plagiat gut zu trennen sind, klammern wir sie aus. Und empfehlen stattdessen zwei Bücher zum Nachlesen:

Tipp: auf die Neuauflage warten (Dezember 2022)
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  • Marcus Bergmann / Christian Schröder / Michael Sturm: Richtiges Zitieren – Ein Leitfaden für Jurastudium und Rechtspraxis, München 2010, (2. Auflage, Dezember 2022)

4. Ein professorales Wort zum Trost

Bei der Betreuung von Abschlussarbeiten zeigt sich immer wieder: Viele Studenten sorgen sich, ob überhaupt etwas Eigenes übrigbleibt, wenn man alles Fremde durch Fußnotenreferenzen der Klugheit Anderer zuweist. Verständliche Sorge. Aber unberechtigt. Juristen schreiben klassischerweise Literaturarbeiten. Deren Zweck und Inhalt bestehen zu gefühlt 90 % aus den Gedanken anderer Leute. Die zu finden, zu sortieren, zu ordnen, auszuwählen, eine gemeinsame Sprache zu formulieren, einen roten Faden zu organisieren und sinnvoll Schwerpunkte zu setzen ist eine mühsame Arbeit, die eigene Anerkennung verdient und bekommt. Wenn man nicht gerade die Fußnoten „vergisst“. Niemand sollte die Fußnoten weglassen, um einen größeren Anteil am intellektuellen Credit zu beanspruchen. Das gehört sich nicht und das tut auch nicht Not. Echt jetzt.

Die Regeln zum Zitieren gelten einigermaßen zeiten- und disziplinenübergreifend. Man kann sie in Hunderten von Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten nachlesen. (Und deshalb ist es auch aussichtslos, sich auf Regelunkenntnis zu berufen, wenn man mit einem Plagiatsvorwurf konfrontiert wird.) Sie finden Sie beispielsweise in:

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Roland Schimmel: Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren, 15. Auflage München 2022

Dort ist (in Rn. 561) auch erklärt, wann man ein [sic!] in ein Zitat einfügt, wie ein wörtliches Zitat in einen eigenen Satz eingepasst wird und wie man mit fremdsprachigen Zitaten umgehen sollte.

Gewinnspiel: Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren

Achtung: Das Gewinnspiel ist beendet!

In Kooperation mit dem Vahlen Verlag verlosen wir drei Exemplare des Buches „Juristische Klausuren und Hausarbeiten richtig formulieren“ von Prof. Roland Schimmel. Eine Teilnahme ist über unsere Social Media Kanäle möglich. Auf Instagram, Twitter und Facebook verlosen wir jeweils ein Exemplar des Buches. Eine parallele Teilnahme auf allen drei Kanälen ist erlaubt und erhöht die Gewinnchancen. Und so nimmst Du teil:

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Achtung: Das Gewinnspiel endet am Mittwoch, den 24.08.2022 um 23.59 Uhr!

Der:die Gewinner:in wird von der JURios Redaktion per Zufall ermittelt und innerhalb von drei Tagen per PN (falls das technisch nicht möglich ist: per Kommenar unter dem Gewinnspielposting) benachrichtigt. Teilt der:die Gewinner:in JURios nicht innerhalb von weiteren drei Tagen seine:ihre Adresse per PN oder E-Mail mit, verfällt der Gewinn. Die Anschrift des:der Gewinner:in wird von JURios ausschließlich zum Versenden des Gewinns benutzt und danach gelöscht.

Eine Teilnahme ist ab 18 Jahren möglich. Du musst einen Wohnsitz in Deutschland haben. Wir versenden den Gewinn nicht außerhalb Deutschlands und zahlen den Gewinn nicht in Bargeld aus. Der Rechtsweg ist im Hinblick auf die Ziehung der Gewinner:innen ausgeschlossen.

Viel Glück!

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Prof. Dr. Roland Schimmel
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Jurist, Autor, Professor für Wirtschaftsprivatrecht und Bürgerliches Recht an der Frankfurt University of Applied Sciences.

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