Schemata BGB AT – Die wichtigsten Schemata für Jura-Erstis im Zivilrecht

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Die Vorlesungen im ersten Semester können überwältigend sein. An den meisten Juristischen Fakultäten werden BGB AT, Strafrecht AT und Staatsrecht bzw. Grundrechte unterrichtet. Gerade das Zivilrecht gilt dabei als besonders schwierig. Und beim ersten Blick ins BGB erschrickt man erstmal, wie viele Paragraphen man später einmal „draufhaben“ muss. Relevant ist dabei am Anfang vor allem der „Allgemeine Teil“, also die Vorschriften zu Beginn des Gesetzes, die für alle Rechtsverhältnisse gelten. Wir geben Dir den Überblick, was Du im Ersten Semester unbedingt wissen musst. Und fassen Dir die wichtigsten Schemata in einem Artikel übersichtlich zusammen. Viel Spaß beim Lernen!

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Zivilrechtliche Prüfungsreihenfolge

I. Vertragliche Ansprüche

1. Primäransprüche (Vertragserfüllung, §§ 433, 488, 535, 611 BGB)
2. Sekundäransprüche (Schadens-/ Aufwendungsersatz, §§ 280 ff., 323 ff., 434 ff. BGB)
3. Tertiäransprüche (Ersatz/ Surrogate, § 285 BGB)

II. Quasi-Vertragliche Ansprüche

1. C.i.c – culpa in contrahendo (§§ 311 II, 241 II BGB)
2. GoA – Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB)
3. Haftung des Falsus Procurator (§ 179 BGB)
4. Schadensersatzpflicht des Anfechtenden (§ 122 BGB)

III. Dingliche Ansprüche (Sachenrecht)

1. Primäransprüche (§§ 985, 1007 I, II, 861, 1004 I BGB)
2. Sekundäransprüche (§§ 987 ff. BGB Nutzungsersatz, §§ 989 ff. BGB, Schadensersatz)

IV. Deliktische Ansprüche

1. Gefährdungshaftung (§§ 833 S. 1 BGB)
2. Vermutetes Verschulden (§§ 831, 832, 833 S. 2, 834 BGB)
3. Verschuldenshaftung (§§ 823 I, II, 826 BGB)

V. Bereicherungsrechtliche Ansprüche

1. Leistungskondiktion (§§ 812 ff. BGB)
2. Nichtleistungskondiktion (§§ 812 ff. BGB)


Zivilrechtlicher Anspruch

I. Anspruch entstanden

1. Anspruchsvoraussetzungen
2. Keine rechtshindernden Einwendungen (nicht abschließend)

a. Geschäftsunfähigkeit (§ 104, § 105 BGB)
b. Vorbehalt (§ 116 BGB)
c. Scheingeschäft (§§ 117, 118 BGB)
d. Formmangel (§ 125 BGB)
e. Verbotsgesetz (§ 134 BGB)
f. Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB)
3. Rechtsfolgen

II. Anspruch nicht erloschen

1. Keine rechtsvernichtende Einwendungen
a. Anfechtung (§ 143 BGB)
b. Unmöglichkeit (§§ 275, 326 BGB)
c. Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
d. Rücktritt (§ 346 BGB)
e. Widerruf (z.B. §§ 312 ff. BGB)
f. Erfüllung (§ 362 BGB)
g. Aufrechnung (§ 389 BGB)
2. Rechtsfolge

III. Anspruch durchsetzbar

1. Keine rechtshemmenden Einreden
a. Verjährung ( § 214 BGB)
b. Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB)
c. Einrede des Nichterfüllten Vertrags (§ 320 BGB)
d. Unzumutbarkeit der Nacherfüllung (§ 439 BGB)
e. Stundung
2. Einrede erhoben, kein Ausschluss


Vertragliche Einigung

I. Angebot

1. Willenserklärung des Antragenden
a. Objektiver Erklärungstatbestand
b. Subjektiver Erklärungstatbestand

  • Handlungswille: willentliches Handeln des Erklärenden in Abgrenzung zu reinen (nicht willensgesteuerten) Reflexhandlungen
  • Erklärungsbewusstsein: das Bewusstsein des Erklärenden, überhaupt rechtsgeschäftlich zu handeln, also Rechtsfolgen mit seinem Handeln hervorzurufen. Ein Fehlen des Erklärungswillens führt dabei nach der h.M. nicht zur Unwirksamkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit der Erklärung.
  • Geschäftswille: der Wille, mit der Erklärung einen ganz bestimmten rechtsgeschäftlichen Erfolg hervorzurufen. Fehler im Bereich des Geschäftswillens führen nicht zur Nichtigkeit.

2. Abgabe der Erklärung
= die Willenserklärung muss vom Erklärenden abgegeben, also von ihm willentlich in den Verkehr gebracht worden sein.

3. Zugang der Erklärung: § 130 Abs. 1 BGB
a. Erklärung gegenüber Anwesenden
= bei Erklärungen gegenüber Anwesenden liegt Zugang nach der h.M. vor, wenn der Empfänger die Erklärung akustisch tatsächlich vernimmt oder mit deren Vernehmung aus Sicht des Erklärenden in redlicher Weise gerechnet werden durfte (sog. [abgeschwächte] Vernehmungstheorie).
b. Erklärung gegenüber Abwesenden:
= bei Erklärungen gegenüber Abwesenden liegt Zugang vor, wenn die Erklärung so in den Macht- oder Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt, dass dieser Kenntnis von ihrem Inhalt nehmen konnte und mit einer solchen Kenntnisnahme tatsächlich auch zu rechnen war. Für den Zugang nicht erforderlich ist hingegen, dass der Erklärungsempfänger tatsächlich vom Inhalt der Erklärung Kenntnis nimmt

II. Annahme

1. Willenserklärung des Annehmenden
a. Objektiver Erklärungstatbestand
b. Subjektiver Erklärungstatbestand (gleich wie oben)
2. Abgabe der Erklärung (gleich wie oben)
3. Zugang der Erklärung (gleich wie oben)

III. Rechtsfolge

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Stellvertretung

I. Zulässigkeit der Stellvertretung

1. Zulässig für alle Rechtsgeschäfte, bei denen sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist
2. Kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft (§§ 2064, 2274, 2284, 1311 S.1 BGB)

II. Eigene Willenserklärung des Vertreters

1. Vertretung: Wenn dem Handelnden ein gewisses Maß an eigener Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die Erklärung bleibt.
2. Botenschaft: Wenn lediglich eine fremde Willenserklärung des Geschäftsherrn überbracht wird, also keine eigene Entscheidungsfreiheit des Erklärenden besteht.

III. Willenserklärung im Namen des Vertretenen

1. Offenkundigkeitsprinzip: Für den Vertragspartner muss erkennbar sein, dass der Vertreter nicht für sich, sondern für einen anderen handelt.

2. Ausnahmen vom Offenkundigkeitsprinzip:
a. Verdecktes Geschäft für den es angeht: Beim Bargeschäft ist es dem Vertragspartner in der Regel gleichgültig, mit wem der Vertrag zustande kommt, da sofort erfüllt wird.
b. Unternehmensbezogene Geschäfte: Bei Geschäften mit typischem Unternehmensbezug ist im Zweifel immer von einem Handeln für das Unternehmen auszugehen.
c. Handeln unter falschem Namen: Der Erklärende handelt für sich selbst, täuscht jedoch über seinen Name (hier kommt der Vertrag mit dem Handelnden selbst zustande, wenn der Vertragspartner mit ihm kontrahieren will und der Name der Person (für ihn) eine untergeordnete Rolle spielt).
d. Handeln unter falscher Identität: Der Erklärende täuscht über seine gesamte Identität, nicht lediglich über seinen Name (hier kommt kein Vertrag mit dem Handelnden zustande, §§ 177 ff. BGB analog).

IV. Vertretungsmacht

1. Gesetzliche Vertretungsmacht (z.B. Eltern/Kind: § 1629 BGB)
2. Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Vollmacht)
a. Wirksame Erteilung der Vollmacht (§ 167 BGB)
b. Kein Erlöschen der Vollmacht (Widerruf)
c. Sonderfall: Anscheins- und Duldungsvollmacht
d. Vertreterhandeln innerhalb der Vollmacht

  • Missbrauch der Vertretungsmacht:
    • wenn der durch eine Vollmacht befugte Vertreter seine im Innenverhältnis geregelten Zuständigkeiten (rechtliches Dürfen) überschreitet, dem Außenverhältnis (rechtliches Können) jedoch treu bleibt.
    • Kollusion: Durch bewusstes Zusammenwirken von Vertreter und Vertragspartner zum Nachteil des Geschäftsherrn bei der Überschreitung des rechtlichen Dürfens.
    • Evidenz: Bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis.
  • Verbot des Selbstkontrahierens: § 181 BGB

V. Rechtsfolge

1. Wirksame Stellvertretung: § 164 BGB
2. Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht: § 179 I BGB


Anfechtung

I. Vorrang der Auslegung

II. Anfechtungsgrund

1. Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1, 1. Alt. BGB)
= Irrtum über die tatsächliche Bedeutung der Erklärung.
2. Erklärungsirrtum (119 Abs. 1, 2. Alt. BGB)
= Falsches Erklärungszeichen (Versprechen, Verschreiben)

3. Eigenschaftsirrtum:
a. Eigenschaft: Jede der Person oder Sache unmittelbar anhaftenden Eigenschaft von
gewisser Dauer. Die Eigenschaft muss von der Person oder Sache selbst ausgehen, also ihren Grund in dieser haben.
b. Verkehrswesentlich: Eigenschaften, auf die im Rechtsverkehr bei Geschäften der fraglichen Art üblicherweise entscheidender Wert gelegt wird.
c. Ausnahme: Sachmangel, betrifft der Irrtum über die Eigenschaft einer Sache zugleich einen Sachmangel, scheidet nach der h.M. eine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums aus.

4. Fehlerhafte Übermittlung: § 120 BGB

5. Arglistige Täuschung:
a. Täuschung über Tatsachen: Täuschen ist das Hervorrufen von Fehlvorstellungen über Tatsachen. Tatsachen sind alle dem Beweis zugänglichen Umstände. Möglich durch Tun und Unterlassen (Aufklärungspflicht erforderlich).
b. Arglist = Vorsatz, der Täuschende muss es mindestens für möglich halten, durch sein
Verhalten beim Gegenüber einen Irrtum hervorzurufen.

6. Widerrechtliche Drohung:
a. Drohung: Das Inaussichtstellen eines empfindlichen Übels, auf das der Drohende Einfluss zu haben vorgibt.
b. Widerrechtlichkeit: Wenn zwischen dem in Aussicht gestellten Ereignis und dem mit der Drohung verfolgten Zweck eine verwerfliche Zweck-Mittel-Relation besteht (Inadäquanz von Mittel und Zweck).

III. Kausalität

IV. Anfechtungserklärung: § 143 BGB

1. Richtiger Anfechtungsgegner
2. Anfechtungswille

V. Anfechtungsfrist

1. Unverzüglich: Die Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB) und falscher Übermittlung (§ 120 BGB) muss gem. § 121 BGB unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen.
2. Binne Jahresfrist: § 124 BGB

VI. Kein Ausschluss der Anfechtung


Geschäftsfähigkeit

I. Geschäftsunfähigkeit (Rechtsfolge: WE nichtig, § 105 I BGB)

1. Geschäftsunfähigkeit von Kindern unter 7 (§ 104 Nr. 1 BGB)
2. Geschäftsunfähigkeit wegen krankhafter Störung ( § 104 Nr. 2 BGB)
3. Vorübergehende Störung der Geistestätigkeit (§ 105 Abs. 2 BGB)

II. Beschränkte Geschäftsfähigkeit (§ 106 BGB)

1. Lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft:
= solche Rechtsgeschäfte, bei dem der Minderjährige seine rechtliche Stellung verbessert, ohne seinerseits Verpflichtungen einzugehen. Die eigene Willenserklärung ist wirksam, § 107 BGB

2. Lediglich rechtlich nachteilhaftes Rechtsgeschäft:
= Vertrag ist schwebend unwirksam, § 107, 108 I BGB
a. Keine Einwilligung: Rechtsgeschäft endgültig unwirksam
b. Einwilligung des gesetzl. Vertreters: Rechtsgeschäft wirksam
c. Erfolglose Aufforderung zur Genehmigung: Rechtsgeschäft unwirksam
d. Minderjähriger wird volljährig und genehmigt selbst: Rechtsgeschäft wirksam

3. Sonderfälle (Rechtsgeschäft wirksam)
a. Geschäft des täglichen Lebens, § 105a BGB
b. Taschengeldparagraph (§ 110 BGB)
c. Selbstständiger Betrieb eines Erwerbsgeschäfts (§ 112 BGB)

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