Drei Berliner Richterinnen mussten unter Polizeischutz gestellt werden, weil es gegen sie Drohungen aus dem organisierten Drogenhandel gab.
Die Justiz als gefährliches Pflaster? Das kann man in Deutschland bisher eher nicht sagen. In Gefahr begeben sich die Polizist:innen vor Ort. Drohungen oder sogar Gewaltdelikte gegen die Staatsanwaltschaft und gegen Gerichte sind selten. Deswegen hat die Bedrohung dreier Richterinnen aus Berlin jetzt für besonderes Aufsehen gesorgt.
„Ein Baum, ein Strick, ein Richtergenick“
Bereits 2021 hatte die BILD die Behauptung aufgestellt, dass in Berlin drei Richterinnen zu Hause, beim Weg zur Arbeit und im Gericht von der Polizei bewacht werden würden. Als Grund nannte die BILD schon damals Bedrohungen durch kriminelle Mitglieder eines bekannten Berliner Clans, der in der Drogenszene aktiv ist. Inzwischen hat der Berliner Senat die Vorfälle in einer Antwort auf eine AfD-Anfrage bestätigt. Seit Februar 2021 habe es insgesamt „29 sicherheitsrelevante Vorfälle“ in der Berliner Justiz gegeben. In sieben Fällen seien Staatsanwält:innen und Richter:innen betroffen gewesen.
Drei Richterinnen einer Großen Strafkammer stünden auf Grund eines Rauschgift-Prozesses unter Polizeischutz. Im Verfahren geht es um von der Polizei entschlüsselten Nachrichten aus Encrochat-Handys, die von Kriminellen genutzt wurden. Gegen die Richterinnen seien deswegen Drohungen ausgesprochen worden, die Staatsanwaltschaft ermittele. Das Kammergericht habe außerdem einen Brief mit einem Vogelkadaver und der Aufschrift „Ein Baum, ein Strick, ein Richtergenick“ erhalten. Ein weiterer Richter sei am Telefon bedroht worden. Gerade in familiengerichtlichen Verfahren käme es immer wieder zu Drohungen und der Äußerung von Tötungsfantasien.
Ermordeter Staatsanwalt am AG Dachau
Der letzte Vorfall, bei dem es zu einem Tötungsdelikt im Gerichtssaal kam, ist inzwischen zehn Jahre her. Am 11. Januar 2012 erschoss der Angeklagte während eines Strafverfahrens im Amtsgericht Dachau den Staatsanwalt und versuchte auch den Richter sowie seine Anwältin und den Protokollführer zu töten. Dem angeklagten Unternehmer war Betrug mit Sozialversicherungsbeiträgen vorgeworfen worden. Nachdem das Gericht eine Bewährungsstrafe ausgesprochen hatte, zückte der Angeklagte plötzlich eine Pistole und feuerte völlig unerwartet auf den Staatsanwalt, der nur wenig später verstarb. Nach weiteren Schüssen auf den Richter, der sich rechtzeitig ducken konnte, wurde der Täter von zwei Wachmännern überwältigt. Das Landgericht München II verurteilte den Täter 2012 wegen Mordes und dreifachen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft und stellte dabei auch die besondere Schwere der Schuld fest. Er verstarb im Alter von 56 Jahren ein halbes Jahr nach der Verurteilung.
Der ermordete Staatsanwalt, Tilman Caspar Turck (* 1980) hatte Rechtswissenschaften an der Universität München studiert. In beiden Staatsexamen zählte er mit jeweils über 12 Notenpunkten zu den Jahrgangsbesten. Er hatte vor seinem Tod gerade einmal ein Jahr als Staatsanwalt gearbeitet.
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