Vorurteile Jurastudium: Hier muss man keine Gesetze auswendig lernen!

Erzählt man irgendwo, dass man Jura studiert, wird man förmlich erschlagen mit verschiedenen Vorurteilen. Wie in keinem anderen Studiengang müssen Jurastudierende stets Rede und Antwort stehen und über die gängigen Klischees aufklären. Doch was ist an den Gerüchten dran?

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Wir müssen alle Gesetze auswendig lernen

Den Klassiker, zusammen mit der Frage, ob man alle Paragrafen auswendig können muss, bildet die Frage, ob Jurastudierende alle Gesetze auswendig lernen. Die Antwort, kurz und knackig, ist: nein!

Jurastudierende müssen Paragrafen und Gesetze nicht auswendig lernen. Im Gegenteil: Wir dürfen alle Gesetzestexte mit in die Klausur nehmen und dort jeglichen Paragrafen nachschlagen. Wichtig ist allerdings, zu wissen, wo welches Gesetz steht, um lästiges Blättern während der Klausur zu vermeiden, denn das kostet Schreibzeit. Meist wiederholt man die Paragrafen während der Vorlesung und beim Lernen jedoch so oft, dass man nach einer Zeit automatisch weiß, wo was steht und wie der Wortlaut ist. Dies stellt jedoch keinesfalls den Hauptbestandteil eines Jurastudiums dar. Vielmehr kommt es bei Jura darauf an, ein Verständnis für die Logik hinter den Paragraphen zu entwickeln und die wichtigsten Definitionen und Schemata zu kennen, um juristische Gutachten erstellen zu können. Lass dir diesbezüglich also keinen Bären aufbinden.

Wir verstecken Bücher in der Bibliothek

Den Jurastudenten wird großer Konkurrenzkampf nachgesagt. Dabei soll der ein oder andere sogar schon Bücher in der Bibliothek versteckt haben. Hier fällt die Antwort nicht ganz so eindeutig aus. Wir müssen es eingestehen: Nicht alle Kommiliton:innen sind Unschuldslämmer.

Der größere Teil aller Jurastudierenden hat noch nie so etwas gemacht. Jedoch gibt es auch unter den Schäfchen immer wieder einen Wolf. Gerade während der Hausarbeitenphase kommt es vor, dass Student:innen genau die Bücher verstecken, die man für die Hausarbeit benötigt. Oder sogar Seiten aus Büchern herausgerissen werden, die wichtige Inhalte für die Bearbeitung der Hausarbeit beinhalten. Welch Frevel! Welch Sakrileg! Dies wird zu Recht streng von der Universität verfolgt und bringt dem:r Übeltäter:in keinen Vorteil, da die Lehrstühle bei Kenntnis regelmäßig fehlende Texte für alle zugänglich machen. Man sollte sich von solchen Erfahrungsberichten nicht abschrecken lassen. Genauso gibt es Jurastudent:innen, die Fundstellen und Quellen teilen und auch beim Formatieren der Hausarbeit helfen. Niemals sollte von Einzelpersonen auf alle geschlossen werden!

Das Studium macht keinen Spaß und ist trocken

Wie oft hört man diesen Satz: „Das Jurastudium ist doch trocken, das ist langweilig“. Während des Jurastudiums macht man keine Experimente, man fährt auch nicht auf Exkursionen oder betreibt Forschungsarbeit. Jedoch arbeiten Jurastudierende mit Fällen aus dem Leben und beschäftigen sich mit aktuellen Problemen der Gesellschaft. Im Jurastudium beschäftigt man sich auch mit abstrakten Themen wie der Rechtsethik, Kriminologie oder Rechtsphilosophie. Zudem müssen Jurastudierende vielseitige Praktika absolvieren. Dabei können wir an vielen verschiedenen Stellen in die Praxiswelt eintauchen. So kann man mit der Polizei auf Streife gehen, einer Hausdurchsuchung beiwohnen, eine Woche in der JVA verbringen oder im Plenarsaal des Landtags dabei sein und bei Gericht einen Prozess mitverfolgen. Auch Lesen, Schreiben und Recherchieren machen das Studium aus und können großen Spaß machen.

Oder anders ausgedrückt: Dass Jura nicht öde ist, zeigt ja wohl schon JURios, das Online-Magazin für KURIOSE Rechtsnachrichten. Wir finden: Wer Jura langweilig findet, ist vermutlich selbst ein:e Langeweiler:in, der:die sich für nichts begeistern kann. Es liegt also nicht an uns, sondern an DIR!

Wer Jura studiert, hat keine Freizeit

Puh, darüber möchten wir eigentlich nicht sprechen. Was in der Examensvorbereitung passiert, bleibt in Vegas – ähm, der Examensvorbereitung. Aber mal im Ernst: Der Umfang des Stoffes der Klausuren im Studium ist ziemlich groß, sodass kontinuierliches Lernen sehr wichtig für das Bestehen ist. Auch während der Ferien (vorlesungsfreien Zeit) müssen Jurastudierende Praktika absolvieren und Hausarbeiten schreiben. Trotzdem haben Jurastudierende am Anfang des Studiums so viel Freizeit wie in keinem anderen Studiengang. Denn Vorlesungen sind nicht verpflichtend und müssen nicht besucht werden. Es gibt auch sonst meist nur in den ersten Semestern Anwesenheitspflichten, danach keine mehr. Man entscheidet also völlig frei darüber, wie man lernt, ob man lernt und welche Vorlesung man sich anhören möchte. Diese Freiheit kann zwar gut sein, wenn man einem Nebenjob nachgehen will oder sich mit Freund:innen und Familie trifft; gleichzeitig ist sie aber auch sehr tückisch, da man so leicht das Lernen vernachlässigt. Oft erlebt man Student:innen, die während der Vorlesung ihre nächste Reise buchen oder online shoppen. Viele Student:innen gehen den verschiedensten Hobbys nach, engagieren sich ehrenamtlich bei Law Clinics oder nehmen an Sprachkursen teil. Einige engagieren sich politisch, für Freizeit, egal wie man sie planen und verbringen möchte, bleibt also immer Zeit. In der Examensvorbereitung aber ehrlicherweise eher wenig.

Nur reiche arrogante Rich-Kids studieren Jura

Genauso unterschiedlich wie die Rechtsgebiete im Jurastudium sind, genauso sehr unterscheiden sich die Jurastudierenden. Auf dem Campus trifft man die verschiedensten Typen. Natürlich auch den klassischen Jura-Justus mit Bootsschuhen, aber genauso gibt es viele Student:innen, die vorher keinerlei Bezug zu Jura hatten und deren Eltern keine Anwälte sind.

Wenn Du an einem Jurastudium interessiert bist, solltest Du Dich nicht von den kursierenden Vorurteilen abschrecken lassen. Mit Fleiß und guter Organisation kann man nicht nur Freizeit und Studium meistern, sondern in den meisten Fällen auch noch einen Nebenjob und seinem Hobby nachgehen. Und: Wir beißen nicht!

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Jana Borochowitsch
Jana Borochowitsch
Autorin, Studentin der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

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