Noch ein Grundrechtslehrbuch? Nein, zumindest nicht in der bekannten Form. Mit dem Smartbook Grundrechte wagen die Autoren Towfigh und Gleixner etwas Neues: Ihr Lernmedium ergänzt klassische Lehrbuchinhalte mit digitalen Lernformaten wie Lehrvideos und der Lernapp Jurafuchs. Auch weiterführende Literatur, Entscheidungen oder Debattenbeiträge sind über QR-Codes abrufbar. Damit macht das Konzept Juralehrbuch einen Schritt in Richtung digitales Lernen. Das Smartbook ist sowohl als eBook als auch in einer Printversion (Nomos) erhältlich und erscheint erstmals im November 2022. Eine weitere Besonderheit: Das eBook ist open access – also kostenfrei – online verfügbar. Damit erinnert das Smartbook an das Projekt OpenRewi.
Die technischen Feinheiten: von Codes und Links
Was aber macht das Smartbook Grundrechte „smarter“ als herkömmliche Lehrbücher und wie genau funktioniert das digitale Zusatzangebot? Ganz einfach: Das Lernmedium enthält verschiedenste Verlinkungen. Die online-Lernangebote sind insbesondere in der eBook-Version praktisch. Denn hier lässt sich mit einem Klick auf Normen, Entscheidungen, Fälle, weiterführende Literatur und sogar Podcastfolgen zugreifen. Außerdem verlinkt das Smartbook zu Lernvideos sowie passenden Einheiten der Lernapp Jurafuchs. Die verschiedenen digitalen Angebote sind dabei individuell und übersichtlich gekennzeichnet. Um diese Angebote mit der Printversion zu nutzen, muss ein Laptop, Tablet oder Smartphone mit QR-Code-Scanner parat sein.
Klassischer Aufbau und mehr
In Sachen Aufbau bietet das Smartbook Grundrechte keine großen Neuigkeiten. Der klassische Aufbau ist übersichtlich und sorgt für eine gute Orientierung: beginnend bei allgemeinen Grundrechtslehren über die Menschenwürde, Freiheits- und Gleichheitsrechte bis hin zur Rechtsdurchsetzung. Außerdem ist klar: Die Autoren haben sich bei der Gestaltung ihres Smartbooks wirklich Gedanken gemacht. So beginnt jedes Kapitel mit Lern- und Verständniszielen, die ebenfalls zu einem Überblick über den jeweiligen Inhalt beitragen. Am Ende der Kapitel finden sich zusammenfassende Schemata. Auch inhaltlich ist das Medium umfassend und gut verständlich, wozu unter anderem die zahlreichen Beispiele und Entscheidungsbesprechungen beitragen. Sowohl neuere Problematiken als auch grundrechtliche Klassiker finden hier ihren Platz.
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Das Lernmedium ist sowohl für Studienanfänger:innen als auch für Examenskandidat:innen geeignet. Das gelingt dadurch, dass vertiefende Themen als solche gekennzeichnet sind. Außerdem positiv hervorzuheben ist, dass die Inhalte durch Fragen gegliedert sind. Anhand dieser ist beispielsweise auch eine Selbstkontrolle möglich. Außerdem können sie in Bezug auf die mündliche Prüfung eine Lernhilfe bieten.
Das Beste aus allen Welten?
Ob auditiver Lerner, App-Nutzer:in oder Lehrbuchfan: Insgesamt bieten Towfigh/Gleixner mit ihrem neuartigen Konzept etwas für alle. Klar ist auch, dass sich mit dem Smartbook Grundrechte und seinen Zusatzangeboten mehr Zeit verbringen lässt, als mit einem klassischen Grundrechtelehrbuch. Hier liegt vielleicht die Krux an der Sache. Zwar ist das Smartbook trotz zahlreicher Optionen nicht von QR-Codes überladen. Dennoch muss der oder die Nutzer:in zunächst herausfinden, welche der Angebote für ihn oder sie wirklich hilfreich sind. Denn alle Inhalte durchzuarbeiten, scheint utopisch – und ist vermutlich auch nicht Ziel des Lernmediums. Somit erleichtert das Medium vor allem Recherche von und Zugriff auf weitere Lerninhalte.
Die Lehrvideos sind recht schlicht gehalten und genauso gegliedert wie auch die zugehörigen Buchkapitel. Hier hätten die Autoren noch einen Schritt weitergehen und beispielsweise erläuternde Illustrationen verwenden können. Dennoch sind sie gut verständlich und rhetorisch ansprechend. Auch mit einer Länge von knapp fünf bis fünfzehn Minuten lässt sich der Großteil der Videos gut „häppchenweise“ konsumieren. Am besten scheinen sie für eine wiederholende Zusammenfassung geeignet.
Fazit: Durchdachtes Konzept für alle Fälle
Das Smartbook Grundrechte von Towfigh und Gleixner ist ein Lehrbuch des 21. Jahrhunderts. Die digitalen Zusatzangebote ermöglichen es, Gesetze und weiterführende Literatur schnell und einfach nachzuschlagen. Daneben führt das Smartbook verschiedene Methoden der Wissensaneignung zusammen. Ob Fallklausuren, Lernvideos oder Wissensfragen über die App Jurafuchs: Hier findet jede:r seine präferierte Lernmethode. In seinem Aufbau und Inhalt bleibt das Werk hingegen klassisch. Dabei bietet es eine sehr gute Übersichtlichkeit. Außerdem positiv hervorzuheben: Durch den offenen Zugang können alle Jurastudierenden von diesem Angebot profitieren. Und das lohnt sich. Für ein erstes Nachlesen, zum Nachschlagen, nochmal anhören oder um vorhandenes Wissen zu vertiefen.
Prof. Dr. Emanuel V. Towfigh ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Empirische Rechtsforschung und Rechtsökonomie an der EBS Law School in Wiesbaden.
Alexander Gleixner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Professor Towfigh und promoviert zum Antidiskriminierungsrecht.