Parodie oder Satire? Weird Al Yankovic und das US-Urheberrecht

Der Musiker und Künstler Weird Al Yankovic wurde in den 80ern mit Parodien bekannter Rocksongs berühmt. Er nahm die Melodie der Songs und dichtete neue Songtexte dazu. So wurde beispielsweise aus dem Hitsong “My Sharona” von The Knack die Parodie “My Bologna”. Und aus Queens “Another One Bites the Dust” die Parodie “Another One Rides the Bus”. Doch darf Weird Al Yankovic rechtlich einfach die Songs anderer Künstler neu vertexten und als Parodien verkaufen? Und wurde er deswegen jemals verklagt?

Im Jahr 2022 erschien unter dem Titel „Weird: The Al Yankovic Story“ eine Dokumentation über das Leben des 1959 in Kalifornien geborenen Musikers. Weird Al Yankovic wird darin von Daniel Radcliffe („Harry Potter“) verkörpert und gibt den ein oder anderen seiner Hitsongs zum besten. Die humorvolle Dokumentation begleitet das Leben des Künstlers von seinen ersten Liedern auf dem Akkordeon bis hin zu Song-Parodien wie “Eat It” (Michael Jackson’s “Beat It”) oder “Like a Surgeon” (Madonnas „Like a Virgin“), die ihn weltberühmt machten und ihm fünf Grammys einbrachten.

“Like a surgeon, hey
Cuttin’ for the very first time
Like a surgeon
Got your kidneys on my mind

Like a surgeon, ooh, like a surgeon
When I reach inside
With my scalpel, and my forceps, and retractors
Oh-oh-oh-oh-oh
Oh-oh-oh-oh-oh-oh-oh-oh”

Dabei ist die Dokumentation allerdings selbst eine abstruse Parodie. So endet der Film beispielsweise damit, dass Madonna, die zuvor (angeblich?) eine Affäre mit Yankovic hatte und ihn unter anderem zu einem Konzert vor dem Drogenbaron Pablo Escobar begleitete, Yankovic auf offener Bühne erschießen lässt. Damit wirft die Dokumentation mehr Fragen über Yankovic wahres Leben auf, als sie beantwortet.

Einwilligung: Eine Song-Parodie als Ehre

Wenig überraschend beschäftigen sich viele Rechtswissenschaftler:innen mit der Frage, ob die Song-Parodien, die Yankovic produziert, überhaupt legal sind. Und inwiefern er von den ursprünglichen Urheber:innen der Songs auf Schadensersatz und Unterlassung verklagt werden kann. Yankovics Lebenswerk wird in rund fünfundsiebzig Law-Review-Artikeln zitiert. Unter den Autor:innen befinden sich auch führenden Intellectual-Property -Wissenschaftler:innen

An dieser Stelle sei zunächst festzuhalten, dass Yankovic die Künstler:innen, die er parodiert tatsächlich zuvor um Erlaubnis bittet. Spätestens seit Yankovic weltberühmt ist und sogar mit Emmys ausgezeichnet wurde, sehen es die meisten Musiker:innen als Ehre an, von ihm parodiert zu werden. Auf Yankovics Website heißt es dazu: “Al does get permission from the original writers of the songs that he parodies. While the law supports his ability to parody without permission, he feels it’s important to maintain the relationships that he’s built with artists and writers over the years. Plus, Al wants to make sure that he gets his songwriter credit (as writer of new lyrics) as well as his rightful share of the royalties.”

Und weiter: “Most artists are genuinely flattered and consider it an honor to have Weird Al parody their work. Some groups (including Nirvana) claim that they didn’t realize that they had really “made it” until Weird Al did a parody of them!”

“Copyright” in den USA

So weit, so gut. Doch handelt es sich bei der vorherigen Einwilligung um eine reine Höflichkeit Yankovics, weil er die Songs nach US-Recht so oder so beliebig neu vertexten darf? Grundsätzlich sind Werke wie Bücher, Fotos und Musik auch in den USA durch das Urheberrecht geschützt. Das „Copyright“ gibt an, wer das Recht hat, ein Werk wirtschaftlich zu verwerten. „Copyright Holder“ eines Fotos ist beispielsweise der Fotograf. Eine Sonderregelung gilt, wenn das Werk im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses / als Auftragsarbeit („work made for hire“) erstellt wurde. Die Nutzungsrechte gehen in diesem Fall automatisch an den:die Arbeitgeber:in bzw. das Unternehmen, das den Auftrag erteilt hat, über.

Auch in den USA gilt grundsätzlich die Regelung, dass das Urheberrecht mindestens 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers weiterhin Bestand hat – unter Umständen sogar bis zu 120 Jahre. Dabei ist es heute nicht mehr notwendig, das Copyright extra zu beantragen, das Urheberrecht entsteht automatisch. Und auch der Satz „all rights reserved“(“alle Rechte gesichert”) ist mittlerweile nicht mehr notwendig.

„Fair use“ in den USA

In den USA wird das Urheberrecht unter anderem durch den Grundsatz des “Fair Use”, also der „angemessenen Verwendung“, begrenzt. Demnach stellen bestimmte Arten der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke keinen Verstoß gegen die Rechte der Urheberrechtsinhaber dar. § 107 des Copyright Act legt fest, dass die „faire Benutzung“ von eigentlich urheberrechtlich geschützten Werken für folgende Zwecke erlaubt ist:

  • Kritische Auseinandersetzung (Criticism)
  • Kommentare (Comment)
  • Nachrichten (news reporting)
  • Unterricht inkl. der Vervielfältigung für die Nutzung von Werken in den Klassenzimmern (teaching (including multiple copies for classroom use))
  • Wissenschaft (scholarship)
  • Forschung/Recherche (research)

Ob eine angemessene Verwendung vorliegt, entscheidet ein US-Gericht anhand von vier Faktoren:

  • Zweck der Nutzung. (z.B. kommerziell/nicht kommerziell)
  • Art des urheberrechtlich geschützten Werkes (kreativ oder faktenbasiert)
  • Anteil der Arbeit verwendet werden (Umfang des Zitats zum Gesamtwerk)
  • Die Wirkung der Nutzung auf den potenziellen Markt oder Wert des Werks

Neue Songtexte als Parodie?

Die Fair-Use-Doktrin in den USA sorgt dafür, dass auch Parodien auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk erlaubt sind. Denn dabei handelt es sich um eine „kritische Auseinandersetzung“ mit dem geschützten Werk iSd. § 107 des Copy Right Acts. Nicht gestattet ist hingegen Satire. Und hier ergeben sich komplizierte Abgrenzungsfragen.

Während sowohl Parodie als auch Satire Humor als Mittel einsetzen, um eine Botschaft zu vermitteln, besteht der Zweck einer Parodie darin, das Werk, das Gegenstand der Parodie ist, zu kommentieren oder zu kritisieren. Per Definition ist eine Parodie ein komödiantischer Kommentar zu einem geschützten Werk, der eine Nachahmung des geschützten Werks erfordert. Satire stellt hingegen eine allgemeine Kritik dar, die sich gerade nicht auf das spezifische Werk bezieht. In der Rechtssache Campbell v. Acuff-Rose Music, Inc. aus dem Jahr 1994 schreibt der Supreme Court dazu: “Parody needs to mimic an original to make its point, and so has some claim to use the creation of its victim’s (or collective victims’) imagination, whereas satire can stand on its own two feet and so requires justification for the very act of borrowing.”

Auf Grund des engen Bezugs, der regelmäßig zwischen dem Original-Song und der Yankovic-Parodie besteht, können seine Song-Parodien oft auch im rechtlichen Sinne als „Parodie“ gewertet werden. So führt legalzoom beispielsweise aus: “The Weird Al Yankovic song ‘Smells Like Nirvana’ is an example of a parody. Yankovic uses the instrumental composition of the song ‘Smells Like Teen Spirit’ as a base for his own lyrics, which poke fun at the band Nirvana. The use of a song to make fun of the band that wrote it is a parody because there is a direct relationship between the original work and the adapted work.”

“Well, we don’t sound like Madonna
Here we are now, we’re Nirvana
Sing distinctly, we don’t wanna
Buy our album, we’re Nirvana
A garage band from Seattle
Well, it sure beats raisin’ cattle
Yeah”

Der Einzelfall entscheidet

Letztendlich kommt es jedoch immer auf den individuellen Einzelfall an. Das bedeutet, man muss für jeden einzelnen Song Yankovics gesondert feststellen, ob es sich dabei eher um Satire oder eher um eine Parodie handelt. So wird sein Song „Fat“ beispielsweise als Satire eingeordnet. Zur Begründung führt Marks Gray an: “One of Weird Al’s first well-known songs was ‘Fat’, a satirical take on Michael Jackson’s ‘Bad’. ‘Fat’ is satirical because it does not mock Jackson’s original song or Jackson’s style. Instead, ‘Fat’ satirizes obesity using Jackson’s song.“

“Because I’m fat (fat)
I’m fat, come on (really really fat)
You know I’m fat (fat)
I’m fat, you know it (really really fat)
You know I’m fat (fat)
I’m fat, come on, you know (really really fat)
Don’t you call me pudgy, portly or stout
Just now tell me once again who’s fat?”

Das Gleiche gilt für ein Werk Yankovics, in dem er die Melodie von „American Pie“ benutzt, um sich über Star Wars (also etwas ganz anderes, das nicht im Zusammenhang mit dem geschützten Werk steht) lustig zu machen: “For example, he used the tune of Don MacLean’s ‘American Pie’ to compose a riff on ‘Star Wars’. That song wasn’t really commenting on or making fun of ‘American Pie’, it was commenting on and making fun of ‘Star Wars'”, schreibt der Keep It Legal Blog.

“Oh
My my this here Anakin guy
May be Vader someday later – now he’s just a small fry
He left his home and kissed his mommy goodbye
Sayin’ ‘Soon I’m gonna be a Jedi, Soon I’m gonna be a Jedi'”

Wir merken uns also: Ob die Nutzung eines Songs nach US-Recht zulässig ist oder nicht, hängt davon ab, ob die Coverversion als Parodie oder als Satire anzusehen ist. Da das bei den Werken von Weird Al Yankovic oft, aber nicht immer offensichtlich ist, tut er gut daran, sich dadurch abzusichern, dass er die Künstler:innen vorher um Erlaubnis bittet.

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