Gesichtserkennungs-Software wirft gegnerische Anwältin aus Musical!

Die Zukunft ist jetzt! Das bekam eine Anwältin aus New Jersey am eigenen Leib zu spüren, als sie ein Weihnachtsmusical in New York besuchen wollte. Denn die Gesichtserkennung des Musical-Betreibers identifizierte sie als Anwältin der Gegenseite in einem Rechtsstreit. Und so wurde die Anwältin von Sicherheitspersonal des Gebäudes verwiesen.

Technologien zur Gesichtserkennung können Vor- aber auch Nachteile mit sich bringen. In eher autoritären Staaten wird Gesichtserkennungs-Software bereits jetzt dazu eingesetzt, die eigene Bevölkerung zu kontrollieren. So beispielsweise in China. Gleichzeitig ist aber auch unbestritten, dass die Technologie z.B. beim Kampf gegen den Terror und bei der Identifizierung von Straftäter:innen gezielt eingesetzt werden kann. Allerdings mit einigen Macken – denn BIPoC (Black, Indigenous, and People of Color) werden beispielsweise häufiger falsch identifiziert als Weiße.

Musical-Besuch mit Tochter

Auch der Betreiber der Radio City Music Hall im New Yorker Stadtteil Manhattan setzt auf Gesichtserkennung. Das musste die 44-jährige Anwältin Kelly Conlon kurz vor Weihnachten schmerzlich erfahren. Sie begleitete ihre 9-jährige Tochter in das Musical “Christmas Spactacular”. Doch bevor sie den Saal betreten konnte, wurden Mutter und Tochter von Sicherheitspersonal aufgehalten. Die Gesichtserkennungssoftware des Betreibers hatte Conlon als Persona non grata identifiziert.

Wie konnte das geschehen? Kelly Conlon ist Anwältin bei Davis, Sapperstein & Salomon, einer großen Anwaltskanzlei mit Sitz in New Jersey. Dort ist sie spezialisiert auf das Schadensrecht und verhandelt vor allem Fälle, in denen es zu Personenschäden – beispielsweise durch einen Unfall – kam. In der Vergangenheit verhandelte sie regelmäßig Schadensersatzzahlungen in sechsstelliger Höhe und wurde zwischen 2014 und 2018 jedes Jahr als sog. “Super Lawyer Rising Star” ausgezeichnet. Zwischen der Kanzlei Davis, Sapperstein & Salomon und der Eigentümerin der Radio City Music Hall, MSG Entertainment, läuft gerade ein Rechtsstreit.

Gesichtererkennung in allen Veranstaltungsorten

Wie jetzt bekannt wurde, hat der Vorstandsvorsitzende von MSG Entertainment, James L. Doland, bereits im Sommer ein Hausverbot für alle gegen das Unternehmen prozessierenden Anwaltskanzleien erteilt. Dieses umfasst sogar Anwält:innen, die nicht konkret mit den Fällen betraut seien. Neben der Radio City Music Hall wurde unter anderem auch im Madison Square Garden sowie im Beacon Theater Gesichtserkennungs-Software installiert.

Conlon betont, nie selbst gegen MSG Entertainment prozessiert zu haben. Trotzdem durfte sie das Musical nicht besuchen – und wird auch an den anderen Veranstaltungsorten von MSG Entertainment in Zukunft nicht mehr eingelassen werden. Conlon zeigt sich gegenüber US-Medien entsetzt: “Sie kannten meinen Namen, bevor ich ihn ihnen sagte. Sie kannten die Firma, mit der ich zusammenarbeite, bevor ich es ihnen sagte. Und sie sagten mir, dass ich nicht dort sein dürfe.” Und weiter: “Ich war nur eine Mutter, die sich mit ihrer Tochter eine Weihnachtsaufführung ansah. Ich habe draußen gewartet … Es war peinlich, es war beschämend.”

“Unamerikanische” Kollektivstrafe

Sam Davis, Partner bei der Kanzlei Davis, Saperstein & Salomon bezeichnet das Vorgehen als „Kollektivstrafe“ und nennt es „unamerikanisch“. Er ist der Meinung, dass die Schanklizenz, die MSG Entertainment ausgestellt wurde, das Unternehmen verpflichtet, der Öffentlichkeit Zutritt zu ihren Räumlichkeiten zu gewähren. Personen könnten nur ausgeschlossen werden, wenn sie eine Gefahr für die Sicherheit darstellten. Und genau das sei im Fall einer Mutter, die ihre Tochter zu einem Weihnachtsmusical begleitet, nicht der Fall.

Der Vorfall ficht den Streit rund um den ethischen Einsatz von Gesichtserkennungs-Software erneut an. Denn was eigentlich zur Erkennung von Terrorismus und Schwerstkriminalität gedacht war, kann auf diese Weise missbraucht werden, um persönliche Streitereien auszutragen. Am längeren Hebel sitzt dabei immer die Person mit dem meisten Geld, die sich teure Software und rund um die Uhr Security leisten kann.


Fundstelle: https://www.theguardian.com/es-show

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