Ein Jurastudium ist anspruchsvoll, zeitaufwendig und emotional herausfordernd. Kommt eine Doppelbelastung aufgrund der Care-Arbeit für Kinder hinzu, braucht es für einen erfolgreichen Studienverlauf eine strukturierte und zuverlässige Familien- und Studienorganisation.
Über meinen Insta-Account @nedawho (neu: jura.familie.ich) erreichen mich regelmäßig Nachrichten von studierenden Müttern, die Semester zu Semester all ihre Ressourcen für die Vereinbarkeit von Familie und Jurastudium aufwenden. Oft bleiben pünktlich zur Klausurenphase nur Erschöpfung, Kraftlosigkeit und viele Vorlesungsfolien übrig. Damit du dem Entgegenwirken und Studium und Familie effektiver miteinander vereinen kannst, möchte ich hier meine Geheimtipps mit dir teilen!
Rechtzeitige Planung von Vorlesungen und Klausuren
Zeitmanagement ist (fast) alles: lege also rechtzeitig fest, welche Vorlesungen und Klausuren du besuchen und schreiben möchtest. Für eine erfolgreiche Vereinbarkeit deiner Studien- und Familienorganisation ist es von großer Bedeutung, zeitnah festzulegen, an welchen Wochentagen Veranstaltungen zu besuchen sind und welche Prüfungen am Ende des Semesters auf dich warten.
Sodann können alle familienorganisatorischen Angelegenheiten wie Urlaub, Sportaktivitäten und Schulferien an deine Semester- und Prüfungsplanung angepasst werden.
Erstelle eine Wochenplanung
Das Erstellen eines Wochenplans hilft dir, neben dem Haushalt, der Care-Arbeit und eventuell sogar dem Beruf einen geregelten Tagesablauf und feste Lernzeiten einzuhalten. Am besten erstellst du deinen Plan gemeinsam mit deinem:r Partner:in und/oder anderen an der Kinderbetreuung beteiligten Personen. Lege genau fest, wer die Kinder wann von der Kita abholt oder für die Fahrt zum Sporttraining zuständig ist.
Das Wissen um die geregelten Zuständigkeiten innerhalb der Familie entfaltet eine enorm entlastende und erleichternde Wirkung. Darüber hinaus können rechtzeitige Absprachen mit dem:r Partner:in und anderen Familienmitgliedern dem Konfliktpotenzial in herausfordernden Prüfungsphasen sehr entgegenwirken.
Maximale Lernzeit von vier Stunden
Das Einhalten einer maximalen Lernzeit von vier Stunden täglich kann äußerst effektiv sein. Die tägliche vierstündige Lernphase führt dazu, dass du deine Motivation über Monate hinweg aufrechterhalten kannst und die Gefahr einer Ablenkung während des Lernens reduzierst. Hinzu kommt die gesteigerte Lebensqualität, weil du weiterhin dir selbst und deiner Familie genügend Zeit widmen kannst.
Wusstest du, dass nachgewiesen ist, dass Menschen nicht länger als sechs Stunden pro Tag konzentrierter, geistig herausfordernder Tätigkeit nachgehen können? Es ist ein absoluter Irrglaube, dass du deine Lernqualität durch enorm lange Lernzeiten steigern kannst.
Lernen, wenn die Kinder fremdbetreut werden
Dein Kind bringt aus der Kinderbetreuung eine Infektion nach Hause. Ist es gerade genesen, steckt sich das Geschwisterkind an. Schnell sind zwei Wochen vergangen und du kamst kaum zum Lernen. Der Druck und das schlechte Gewissen steigen. Doch es ist nicht sinnvoll, deine Lernphase zu beginnen, nachdem du Tag und Nacht die kranken Kinder betreut hast. Durch die Erschöpfung werden Konzentration und Lernerfolg stark beeinträchtigt und bleiben schlimmstenfalls aus, sodass Angst und Druck verstärkt und Blockaden ausgelöst werden.
Deshalb lerne am besten, wenn die Kinder genesen und fremdbetretreut sind. Alternativ bietet es sich an, ausnahmsweise auf das Lernen an den Wochenenden auszuweichen, sofern du bei der Kinderbetreuung unterstützt wirst.
Fälle, Fälle, Fälle
Das Semester neigt sich dem Ende zu, die Klausuren stehen vor der Tür und die letzten Wochen waren geprägt von Grippe und/oder Erkältungen? Du hast keine Zeit mehr, alle Vorlesungsinhalte durchzuarbeiten und Definitionen auswendig zu lernen?
Der effektivste Weg, sich Wissen innerhalb kürzester Zeit anzueignen, ist die Fallbearbeitung. Das Bearbeiten von Fällen hat den Vorteil, dass du viele verschiedene Fallgruppen kennenlernst, die gleichzeitig Klausurenfall sein könnten. Erstelle nicht nur eine eigene Lösungsskizze, sondern formuliere diese auch in ganzen Sätzen im Gutachtenstil aus, auch wenn dies zeitaufwendig ist. So kannst du deinen Gutachtenstil verbessern und dir die juristische Terminologie aneignen, wofür sich Korrektor:innen dankbar zeigen werden.
Nimm dir den Zeitdruck
Mitunter größter Stressfaktor ist die Zeit. Kommiliton:innen, mit denen du dein Studium begonnen hast, sind inzwischen in der Examensvorbereitung. Auch das kann Angst und Lernblockaden auslösen. Doch ein Jurastudium – insbesondere, wenn du zusätzlich zu deinem Jurastudium auch Care-Arbeit übernimmst – ist kein Kurzstreckenlauf. Es ist ein Marathon. Ein Marathon, der Ausdauer, Motivation, Willensstärke, Disziplin und insbesondere mentale Gesundheit erfordert. Nimm dir also den Zeitdruck, denn nach deinem Studienabschluss fragt niemand, wie viele Semester du studiert hast.
By the way: du kannst unter Umständen beim BAföG-Amt deine Finanzierungsförderung wegen Kindeserziehung um ein Semester verlängern, also frag einfach mal dort nach!
Setze Prioritäten
Ganz gleich, wie oft du am Abend lernst, weil du vormittags den Haushalt und die Einkäufe abarbeitest: am nächsten Tag erwartet dich wieder eine lange Liste von Dingen, die erledigt werden müssen, bevor du dich an deinen Schreibtisch setzen kannst. Nimm diese Tatsache als gegeben hin, akzeptiere sie, denn ein Leben mit Kindern bringt Unordnung, Chaos und ab und an auch einen leeren Kühlschrank mit sich. Setze Prioritäten und starte den Tag lieber mit dem Lernen, um schnellere Lernerfolge zu erzielen. Wenn die Konzentration nachlässt und dein Rücken nach Bewegung schreit, kannst du immer noch Einkaufen gehen.
Toleranz und Freundlichkeit gegenüber dir selbst
Und nun aufgepasst, denn an dieser Stelle kommt die wichtigste Regel! Wir kennen es alle: Die Kinder sind seit Wochen krank, dann erwischt es euch Eltern und dann sind da noch die Herbstferien und die Familie will in den Urlaub. Doch in deinem Kopf herrscht Chaos, denn du siehst den Haushalt, die Bücher, den leeren Kühlschrank und all die Semester, die dir noch bevorstehen. Deine Kraft ist nicht endlos, deine Grenzen nicht grenzenlos.
Es ist essenziell für deine Familie und dein Studium, diese Grenzen zu erkennen und zu wahren, indem du gerade dir selbst Toleranz und Freundlichkeit entgegenbringst. Höhen und Tiefen in deinem Lernalltag sind menschlich und natürlich, insbesondere bei einer Doppelbelastung durch Studium und Care-Arbeit. Doch nur, wenn du achtsam mit dir selbst bist, kannst du dein Elterndasein und dein Jurastudium erfolgreich miteinander vereinbaren.
Viel Erfolg! Du schaffst das!