Ex-Anwalt will Million aus Überweisungsfehler nicht zurückzahlen

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Anklage gegen einen ehemaligen Anwalt erhoben. Der kuriose Grund: Der Ex-Anwalt wurde durch einen Überweisungsfehler zum Millionär. Und will das so erlangte Geld jetzt nicht mehr rausrücken.

Doch woher kam das Geld? Laut Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin soll der frühere Rechtsanwalt gegen einen Musikstreaminganbieter erfolgreich einen Urheberrechtsstreit geführt haben. Das Unternehmen sagte schließlich zu, 1.481 Euro an den Mandanten zu bezahlen. Das Geld floss über das Konto des Rechtsanwalts. Auf Grund eines Tippfehlers überwies der Streaminganbieter jedoch im Juni 2017 insgesamt 1.481.000 Euro an den Anwalt. Und dieser tat, was auch die Betroffenen in den Übungsklausuren im Jurastudium immer taten: er behielt das Geld. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Berlin soll der Mann die Million in eine Eigentumswohnung für knapp 600.000 Euro, Goldmünzen und Edelmetalle für etwa 120.000 Euro sowie ein Auto für 50.000 Euro und Schmuck gesteckt haben.

Zivilrechtlicher Herausgabeanspruch?

So weit, so frech. Doch wie sieht die Rechtslage in einem solchen Fall aus? Zivilrechtlich ist die Rechtslage zunächst klar: Der oder die fälschlicherweise Begünstigte muss das Geld nach § 812 BGB herausgeben. Denn er oder sie hat das Geld “ohne Rechtsgrund” erhalten. Wer das Geld schon ausgegeben hat, kann versuchen, sich auf eine sog. „Entreicherung“ zu berufen. Vor Gericht hat man damit allerdings regelmäßig schlechte Karten, da man nachweisen müsste, dass man die ungerechtfertigte Bereicherung gar nicht bemerkt hat. Bei einer Million dürfte das nicht gelingen.

Strafbar macht man sich allerdings nicht bereits dadurch, dass man das Geld behält und nicht sofort zurücküberweist. Man könnte annehmen, dass sich der oder die Kontoinhaber:in wegen Betrugs nach § 263 StGB strafbar gemacht hat. Dazu müsste man zunächst über Tatsachen täuschen und beim Gegenüber so einen Irrtum erregen.

Strafbarkeit wegen Betrugs?

Die ältere Rechtsprechung bejahte in den Fällen der Fehlüberweisung das Vorliegen einer sog. “konkludenten Täuschung”. Durch das Abheben des Geldes erkläre der oder die Kontoinhaber:in Geld von dem Guthaben auf dem Bankkonto abheben zu wollen. Stünde ihr oder ihm das Geld aber nicht zu, so werde dadurch ein Irrtum bei der Bank unterhalten.

Nach neuer Rechtsprechung sowie der herrschenden Ansicht im Schrifttum ist eine konkludente Täuschung jedoch abzulehnen. Durch das Abheben des Geldes werde gerade nicht konkludent erklärt, dass ein wirksamer materiell-rechtlicher Anspruch auf das Geld bestünde. Eine Täuschugn scheidet somit aus.

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Wieso hat die Staatsanwaltschaft Berlin in unserem Fall jetzt aber Anklage gegen den Ex-Anwalt erhoben? Im vorliegenden Fall hatte der Streaminganbieter die Fehlüberweisung bemerkt und den 47-Jährigen zur Rückzahlung aufgefordert. Daraufhin soll der Mann versucht haben, sein Vermögen in Sicherheit zu bringen und sich in die Insolvenz zu flüchten. Dazu schenkte der Ex-Anwalt die Eigentumswohnung unter anderem seiner Lebensgefährtin. Außerdem soll er gegenüber einem Gerichtsvollzieher eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben haben. Die Anklage lautet auf fünf Taten des Bankrotts (§ 283 StGB) sowie falscher eidesstattlicher Versicherung (§ 156 StGB).

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat der Mann seine Anwaltszulassung inzwischen zurückgegeben.


Pressemitteilung: https://www.berlin.de/

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