Goebbels treuer Feind: Bernhard Weiß – Berliner Polizeivizepräsident und Verteidiger des bürgerlichen Rechts

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Bernhard Weiß. Jurist, Berliner Polizeivizepräsident und erbitterter Kämpfer gegen die wachsenden nationalsozialistischen Machtbestrebungen im Dritten Reich. Eine bemerkenswerte Persönlichkeit, deren Aufmerksamkeit im historischen Umfeld kaum eine Erwähnung findet. Doch was machte seine Person besonders und welche Rolle spielte Joseph Göbbels in seinem Leben?

Bernhard Weiß wurde am 30. Juli 1880 in Berlin als eines von vier Kindern einer liberalen jüdischen Familie geboren. Sein Vater war ein erfolgreicher Getreidegroßhändler, seine Mutter verstarb, als er 11 Jahre alt war. Nach bestandenem Abitur im Jahr 1900 studierte er Rechtswissenschaften und schloss sein Studium 1909 mit der Promotion ab. Aufgrund anhaltender antisemitischer Vorurteile im preußischen Militär trat Weiß 1904/05 als Einjährig-Freiwilliger in das Kavallerieregiment in Nürnberg ein. Bereits wenige Jahre später zog es ihn in die Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges. Er verzeichnete eine löbliche Karriere beim Militär und stieg bis zum Rittmeister auf. Für seine vorbildlichen Leistungen im Ersten Weltkrieg wurden ihm das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse sowie fünf weitere Orden verliehen.

Vom Schlachtfeld auf den Posten des Vizepräsidenten der Berliner Polizei

1918. Während der Erste Weltkrieg sich in seinen letzten Zügen befand, wurde Weiß auf Wunsch des preußischen Innenministers Bill Drews von seinem Dienst in Bayern freigestellt und zum stellvertretenden Leiter der Kriminalpolizei in Berlin ernannt. Auch in Berlin erarbeitet sich Weiß einen ehrbaren Ruf. Er entwickelte das erste mobile Kriminallabor und schuf mit dem „Buddha vom Alexanderplatz“ die weltweit erste ständige Mordkommission. 1920 steigt er zum Oberregierungsrat auf und übernimmt die Führung der politischen Polizei. Nachdem er 1924 bei der Verfolgung eines mutmaßlichen sowjetischen Spions die Grenzen des Diplomatenrechts übertrat, wird er vorrübergehend ins preußische Innenministerium versetzt. Bereits im April des folgenden Jahres wird er zum Regierungsdirektor und Leiter der Berliner Kriminalpolizei ernannt. Im März 1927 wird er schließlich zum Vizepräsidenten der Berliner Polizei befördert. Ein Posten, mit dem er zur Zielscheibe politischer Gegner und Probanden wurde.

Politiker und konsequenter Verteidiger der Demokratie

Weiß war Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und bekannt für seine Hartnäckigkeit. Gemeinsam mit dem damaligen Berliner Polizeipräsidenten Albert Grzesinski gingen sie gegen anhaltende Rechtsbrüche vor. In der lokalen Bevölkerung pflegte Weiß einen guten Ruf. Er hielt im Reichsrundfunk seine überaus populären Kriminalvorträge, ging gewiss den Vorwürfen von Polizeigewalt nach und setzte sich für die Rechte marginalisierter Gruppen ein. Spätestens mit der Festnahme des Verantwortlichen für die Ermordung des damaligen Reichsaußenministers Walter Rathenaus blickte Weiß auf eine beachtliche Karriere zurück und durfte sich großer Berühmtheit freuen. Allerdings bewunderten nicht alle seine Hingabe. Ihm wurde vorgeworfen, gezielt gegen Nationalsozialisten vorzugehen. Jüdische Bürger befürchteten eine zunehmende Gefahr für ihre Glaubensbrüder. Monarchistische und völkische Konservative fühlten sich provoziert und übergangen. Weiß´ lies sich davon nicht bekehren und kämpfte weiter für das bürgerliche Recht. Den Angehörigen der NSDAP dürfte er spätestens mit seinem Einsatz im Reichstag ein Name gewesen sein. Er drang am 12. Mai 1932 in Begleitung von Polizeitruppen in den Reichssaal ein und nahm vier Abgeordnete der NSDAP fest. Diese hatten zuvor einen Journalisten im Reichstagsrestaurant zusammengeschlagen und widersetzten sich der daraus resultierenden Aufforderung, den Reichssaal zu verlassen (Originalaufnahme zum Reichstagseinsatz).

Regelmäßige Diffamierungskampagnen

Die Nationalsozialisten sahen in Bernhardt Weiß einen gefundenen Gegner – insbesondere der Berliner Gauleiter Joseph Goebbels fand in ihm seinen idealen Feind: Ein Bürger jüdischer Herkunft, der als Repräsentant der Republik fungierte und für all das stand, was die Nationalsozialisten verachteten. Goebbels schrieb einst in seinem Tagebuch: „Der muss zur Strecke gebracht werden. Sechs lange Jahre kämpfe ich gegen ihn. Er ist für jeden Berliner Nationalsozialisten der Repräsentant des Systems. Wenn er fällt, dann ist auch das System nicht mehr lange zu halten.“

Die aufstrebende Berliner NSDAP machte Weiß schließlich zum Ziel laufender Diffamierungs- und Hasskampagnen und gab ihm den Spitznamen „Isidor Weiß“. Besonders in Goebbels Hetzpostille „Der Angriff“, einer regionalen Parteizeitung, war Weiß immer wieder Ziel antisemitischer Verleumdungen in Form von Texten und Karikaturen – sei es eine Abbildung mit einer vergrößerten Nase oder eine Darstellung als Affe. Als Reaktion auf die Diffamierungskampagnen überzieht er Goebbels mit über 60 Klagen. In allen Fällen ist der Polizeirepräsentant erfolgreich. Doch in Wirklichkeit zeigen die Verurteilungen wenig Wirkung. Die Nazis nutzen die Gerichtsprozesse als Podium für Propagandareden und versetzen somit der Weimarer Republik einen Schlag nach dem anderen. Obwohl Weiß 1927 ein zeitweises Verbot der NSDAP erwirkt, ist dieser Erfolg nur flüchtig.

Zerfall der Nation

Während des Preußenschlags am 20. Juli 1932 wird Weiß – und die gesamte preußische Regierung – abgesetzt. Er wird inhaftiert und zur Unterzeichnung eines Verzichts auf weitere Amtspflichten genötigt. Nach seiner Freilassung praktiziert Weiß als Rechtsanwalt. Dem kann er nicht lange nachgehen, da er bereits wenige Wochen später – nach der Machtübernahme durch die NSDAP am 30. Januar 1933 – das Land abrupt verlassen muss. Soldaten stürmten aufgrund eines ergangenen Haftbefehls sein Haus – Weiß entkommt im letzten Moment durch die Hintertür.

Über das Prager Exil gelingt ihm die Flucht nach London. Er öffnet ein Geschäft für Druckereibedarf und bestreitet damit seinen Unterhalt. Noch im August desselben Jahres wird ihm seine deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Doch die lässt seine Zuneigung zur Heimat nicht schwinden. Nach Kriegsende bemüht sich Weiß um eine Rückkehr. Der damalige Berliner Bürgermeister Ernst Reuter bietet ihm sogar eine Beraterstelle in der Polizei an. Jedoch wird ihm eine fortgeschrittene Krebskrankheit zum Verhängnis. Er verstirbt am 29. Juli 1951 im Alter von 70 Jahren in London.

Ein Kämpfer und Freund der Demokratie

Bernhard Weiß war eine aufstrebende und bemerkenswerte Persönlichkeit im Dritten Reich. Er kämpfte und lebte für die Demokratie wie kein anderer. Dass ihm sein Posten eines Tages zum Verhängnis werden wird und die jüdische Bevölkerung vor großer Gefahr stehe, erkannte Weiß früh, doch ihm fehlte der Rückhalt. Die Machteinflüsse der Nationalsozialisten verpassten ihm schließlich den Dolchstoß.

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Fundstelle: https://vrds.de/

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