Keine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus Glaubensgründen

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Um den Rundfunkbeitrag wird immer wieder gestritten. Diesmal musste das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz darüber entscheiden, ob eine Befreiung von der Beitragspflicht aus Glaubensgründen erfolgen muss. Eine solche Befreiung lehnte das Gericht ab.

Geklagt hatte eine Frau, die angab, für sie läge ein besonderer Härtefall vor. Es stelle für sie eine besondere Härte dar, den Rundfunkbeitrag leisten zu müssen, obwohl ARD, ZDF und Deutschlandradio seit Jahrzehnten ihrer in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich auferlegten Verpflichtung zu umfassender und wahrheitsgemäßer Berichterstattung nicht nachkämen. Die Meinungsfreiheit werde von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht mehr gewährleistet. Die Meinungen Andersdenkender, die ebenfalls vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst seien, würden nicht beachtet. Weiterhin gab sie an, dass sich der öffentliche Rundfunk nicht an den Geboten Gottes ausrichte.

Härtefall liegt nicht vor

Als Rechtsgrundlage für eine solche Befreiung kommt nach dem VG Koblenz allein § 4 Abs. 6 S. 1 RBStV in Betracht. Danach hat die Landesrundfunkanstalt in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Ein solcher Härtefall liegt hier in der Person der Klägerin jedoch nicht vor.

Mit der Vorschrift sollen besonders grobe Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten vermieden werden. Anerkannte Härtefälle sind bspw. der Schutz des Existenzminimums. Oder, wenn es den Beitragsschuldner:innen bspw. unmöglich ist, zumindest über einen Übertragungsweg Rundfunk zu empfangen. Weitere Beispiele:

  • VG Frankfurt a.M., Beschl. v. 25.06.2007, Az. 10 G 1106/07
  • VG Gelsenkirchen, Urt. v. 23.08.2011, Az. 14 K 3023/10
  • VG Braunschweig, Urt. v. 21.06.2005, Az. 5 A 322/04
  • VG Oldenburg, Urt. v. 25.01.2006, Az. 3 A 3050/05
  • VG des Saarlandes, Urt. v. 25.11.2008, Az. 3K 635/08

Religiöse Gründe sind subjektiver Natur

Die Frau gab religiöse und weltanschauliche Gründe an, weshalb ein Härtefall vorliegen soll. Nach dem VG sind dies aber Gründe rein subjektiver Natur, die gerade keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt für eine Befreiung darstellen.

„Ein Befreiungsanspruch gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV unter dem Gesichtspunkt der Glaubens- und Gewissensfreiheit scheidet bereits deshalb aus, weil der Schutzbereich des in Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz und Art. 9 Europäische Menschenrechtskonvention gewährleisteten Rechts auf Gewissens- und Religionsfreiheit durch die allgemeine Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags als solche nicht tangiert wird. Auch wenn das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mitunter Sendungen mit religiösen oder auch dezidiert areligiösen oder auch als religiös anstößig empfundenen Inhalten enthält, ist die Zahlung einer Abgabe wie des Rundfunkbeitrags als solche nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnisses verbunden.“

Und weiter: „Die Glaubens- und Gewissensfreiheit kann durch die Zahlung einer Abgabe vielmehr nur in dem hier nicht gegebenen Fall berührt werden, wenn diese gerade die Finanzierung einer Glaubensgemeinschaft oder eines religiösen oder eines areligiösen Bekenntnisses bezweckt.“

Auch eine Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrechts wegen einer Nicht- oder Schlechterfüllung der Rundfunkanstalt lehnte das VG ab. Der Rundfunkbeitrag dient gerade der grundsätzlichen Möglichkeit des Empfangs und nicht seiner tatsächlichen Nutzung. Die bloße Nichtnutzung kann also keinen Härtefall begründen.

Sonstige Verstöße gegen Programmgrundsätze

Nach dem VG stellen Verstöße gegen die Programmgrundsätze schon die Rundfunkfinanzierung nicht in Frage, weshalb diese für die Beitragserhebung irrelevant sei. Besonders hob das Gericht dabei hervor, dass anderenfalls die verfassungsrechtlich garantierte Programmfreiheit unterlaufen werde.

„Die Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist vor allem Programmfreiheit. Sie gewährleistet, dass Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms Sache des Rundfunks bleiben und sich an publizistischen Kriterien ausrichten können. Die Sicherung von Programmqualität und Programmvielfalt ist durch den gesetzlichen Auftrag gewährleistet. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, qualitative Einschätzungen über öffentlich-rechtliche Programminhalte in die Entscheidung rundfunkbeitragsrechtlicher Rechtsfragen einzubringen.“


Entscheidung: VG Koblenz, Urt. v. 28.11.2022, Az. 3 K 697/22

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Florentine Scheffel
Florentine Scheffel
Rechtsreferendarin in Thüringen.

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