Universität Münster richtet Meldesystem für diskriminierende Sachverhalte im Jurastudium ein

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Die deutsche Juraausbildung ist noch immer sehr konservativ geprägt. Das merkt man auch an den Fallbeispielen, mit denen sich die Jurastudierenden tagtäglich auseinandersetzen müssen. In diesen wimmelt es oft von sexistischen und rassistischen Klischees und Vorurteilen. Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster will das Problem jetzt angehen. Und hat dazu ein Meldesystem für diskriminierende Sachverhalte eingerichtet.

Auf dem Weg zum Staatsexamen müssen angehende Jurist:innen hunderte Fallbeispiele lösen. Oft basieren diese auf echten Gerichtsentscheidungen. Genauso oft handelt es sich dabei aber um fiktive Fälle, die zu Übungszwecken von Professor:innen, Übungsleiter:innen und Repetitorien erstellt werden. Diese Sachverhalte sind oft diskriminierend formuliert. Frauen kommen darin in übersexualisierten Rollen oder als „dummes Blondchen“ vor. Männer nehmen hingegen Führungspositionen ein und verfügen über Geld. Neben sexistischen Stereotypen bilden die Fallbeispiele häufig aber auch rassistische Klischees ab. So werden Autos grundsätzlich von polnischen Banden geklaut und Frauen von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten vergewaltigt. Dass das höchst problematisch ist, braucht nicht weiter erläutert zu werden.

“Üble Nachlese” zeigt diskriminierende Fälle auf

Der deutsche Juristinnenbund (djb) betreibt deswegen bereits seit einigen Jahren den Blog „Üble Nachlese“. Darin sammelt die Initiative besonders haarsträubende Fallbeispiele, um auf die problematischen Zustände in der Juristenausbildung aufmerksam zu machen und Lehrende zu sensibilisieren. Das Projekt wurde von Prof. Dr. Dana-Sophia Valentiner, Selma Gather und Lucy Chebout 2017 auf tumblr gestartet, ist dann 2020 auf Instagram umgezogen. Seit 2022 wird das Projekt vom Arbeitsstab Ausbildung und Beruf bespielt.

Im Jahr 2021 wendete sich außerdem der Fachschaftsrates der Europa-Universität Viadrina mit einem offenen Brief an das Dekanat. Darin machten die Studierenden auf „genderdiskriminierenden Sachverhalte im Jurastudium“ aufmerksam und forderten, auf diskriminierende Formulierungen in Zukunft zu verzichten.

Anonyme Meldestelle für jegliche Form der Diskriminierung

Einen Schritt weiter geht jetzt die Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Die Uni hat ein Meldesystem für diskriminierende Sachverhalte eingeführt. Auf der Website heißt es dazu: „Der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ist es ein besonderes Anliegen, dass Sachverhalte von in Lehrveranstaltungen besprochenen Übungsfällen sowie von Klausuren und Hausarbeiten diskriminierungsfrei ausgestaltet sind. Um etwaigen Missständen entgegenzuwirken, hat sie daher ein Meldeverfahren für diskriminierende Sachverhalte eingerichtet.“

Die Meldestelle ist im Learnweb integriert. Studierende können dort anonym Sachverhalte hochladen und angeben, in welcher Veranstaltung bzw. durch welche Lehrperson der Sachverhalt verwendet wurde. Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität wertet die Einreichung dann aus und setzt sich mit der verantwortlichen Lehrperson in Verbindung.

Auch der Fachschaftsrat der juristischen Fakultät in Leipzig hat eine inoffizielle Sammelstelle für diskriminierende Sachverhalte eingerichtet. Allerdings wird der FSR dabei weder von der Universitätsleitung noch von der juristischen Fakultät unterstützt. Hier geht es zum online Formular.

Leitfaden für diskriminierungsfreie und gendergerechte Sprache

Und auch die Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum hat bereits 2019 einen „Leitfaden für eine diskriminierungsfreie und gendergerechte Sprache in juristischen Ausbildungsfällen“ verabschiedet. Darin heißt es:

„Eine zeitgemäße Hochschuldidaktik umfasst auch eine gendergerechte und diversitätssensible Lehre. Dazu zählt die Möglichkeit, in einem möglichst inklusiven und ausschlussfreien Umfeld lernen zu können, ebenso wie der Erwerb berufsqualifizierender Kompetenzen, die als Jurist*in die Fähigkeit beinhaltet, Ungleichverhältnisse der Gesellschaft zu identifizieren und mit Diversität umgehen zu können. Auch im späteren Berufsalltag ist Diversität Teil der Lebensrealität angehender Jurist*innen. Dies sollte sich auch in den Ausbildungsmaterialien widerspiegeln.“

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