Das Werk „Legal English for Business“ erschien 2022 beim Verlag C.H. BECK, in Gemeinschaft mit den Verlagen Helbing Lichtenhahn und LexisNexis. Herausgegeben und bearbeitet ist das Werk von Dr. Martin Rinscheid in Zusammenarbeit mit Michael Ryan Miller.
Das große und schwere in blaues Leinen gepackte Sprachwerk liegt angenehm in der Hand. Eine sehr gute Voraussetzung, die 1,2 kg öfter zur Hand zu nehmen. Schon das bloße Anschauen des Buches weckt bereits die Neugier, es zu öffnen. Das liegt an den unterschiedlichen Farben der Seiten, die von außen ins Auge stechen; ein Drittel in weiß und ca. zwei Drittel in grau. Um es an dieser Stelle nicht allzu spannend zu machen: Das liegt daran, dass die in grau gefärbten Seiten ein vollumfängliches Wörterbuch beinhaltet, das zum selbst denken anregt. Aber von vorne.
Tipp: Die 30 wichtigsten Vokabeln aus dem Rechtenglisch findet Ihr in diesem Artikel: “The evidence is overwhelming – 30 Vokabeln aus dem Rechtsenglisch für das Jurastudium”
Die Autoren
Herr Dr. Rinscheid studierte in Mainz, Paris und an der Wake Forest Univeristy School of Law im US-Bundesstaat North Carolina. Als Rechtsanwalt arbeitete er u.a. in einer internationalen Großkanzlei und zurzeit als Syndikusrechtsanwalt in Frankfurt am Main. Sein englisches Sprachgefühl dürfte er vorwiegend während der insgesamt acht Jahre, die er in Kanada und in den USA verbrachte, entwickelt haben.
Herr Miller lebt in den USA und studierte ebenfalls u.a. an der Wake Forest Univeristy School of Law im US-Bundesstaat North Carolina. Nach unterschiedlichen beruflichen Stationen als Rechtsanwalt bei internationalen Großkanzleien in den Vereinigten Staaten, ist er seit 2017 Teilhaber (Member) bei Moore & Van Allen PLLC in Charlotte, North Carolina.
Im Einklang mit der Sprachdynamik
In einem ehrlichen Vorwort führt der Herausgeber in seine Gedankenwelt ein, die zur Entstehung dieses Werks geführt hat. Transparenterweise erläutert er das unmögliche Unterfangen, eine richtige Übersetzung zu deutschen Fachbegriff zu finden und beschreibt das Ziel, für jede noch so komplizierte deutsche Formulierung das passende englischsprachige Gegenstück zu finden, als „untauglichen Versuch“. Das Auffinden eines passenden rechtlichen Pendants auf Englisch sei eine Herausforderung. Nicht nur, dass die Begriffe teilweise in unterschiedlichen Jurisdiktionen eine andere Bedeutung haben, Sprache ist dazu noch dynamisch.
Mit dieser Erkenntnis können die Lesenden mit der Nutzung des Werks loslegen. Mithilfe von Erläuterungen an den passenden Stellen im ganzen Buch, machen die Autoren auf die unterschiedlichen Begriffsnutzungen in den USA und in UK aufmerksam. Die aufmerksamen Lesenden können dadurch auf das jeweilig benötigte legal English (USA/UK) zurückgreifen. Laut Bearbeiterhinweis basiert das Sprachwerk auf den in den USA typischerweise verwendeten Rechtsbegriffen. Dies vorausgeschickt können sich die Lesenden auf das Konzept des Buches einlassen.
Dreiteiliges Sprachwerk
Das Buch ist in drei Teile eingeteilt:
- Fachbegriffe innerhalb von Themengebieten;
- Formulierungshilfen;
- umfangreiches Wörterbuch.
Im ersten Teil sind themenspezifische Fachbegriffe auf einem Fleck angeordnet. Das ist durchaus praktisch und hilfreich, wenn man vor hat, sich über ein bestimmtes Rechtsgebiet auf Englisch zu unterhalten. Die Autoren nennen als Beispiel die Vorbereitung auf einen Mandantentermin oder eine Podiumsdiskussion zu einem bestimmten Thema. Unter fast jedem Begriff gibt es mindestens einen Beispielsatz, wie sich der englische (Fach-)begriff verwenden lässt. Sollte das nicht genügend Klarheit bei der Bedeutung oder Verwendung des Begriffs schaffen, folgt ein grau hinterlegter Kasten mit weiteren sinnvollen Erläuterungen. Zudem ist durch einen beidseitigen Pfeil <-> das Antonym zum jeweiligen Fachbegriff in Deutsch und Englisch aufgeführt. Im jeweiligen Themenbereich befinden sich am Ende ebenfalls ausführliche, aber dennoch kompakte und abermals grau hinterlegte Textbausteine für typische Situationen wieder. Teilweise ist in den grauen Textkästen auch die deutsche Bedeutung des Fachbegriffs vollumfassend auf Englisch beschrieben. Zum besseren Auffinden der diversen Themenbereiche gibt es ein eigenständiges Inhaltsverzeichnis für diese „Übersicht Textbausteine“ (S. XVII) zu Beginn des ersten Teils.
Folgende Bereiche sind thematisch abgedeckt: Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Umwandlungsrecht, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht, Begriffe für den allgemeinen Teil des Zivilrechts, des Schadens- und Sachenrechts sowie aus dem Prozessrecht, Begriffe für den Rechtsweg, das Zivilverfahren, die Beweisaufnahme, vorläufiger Rechtsschutz und Zwangsvollstreckung sowie das Schiedsverfahren. Schließlich sind auf sechs Seiten auch Begrifflichkeiten zu betriebswirtschaftlichen Grundlagen vorzufinden.
Formulierungen für den juristischen Alltag
Im zweiten Teil finden sich Formulierungshilfen für den juristischen Geschäftsverkehr. Hier nahmen die Autoren auf viele Eventualitäten Rücksicht und geben mehrheitlich Alternativen an die Hand, das deutschsprachige Anliegen auf Englisch auszudrücken. Besonders praktisch ist bspw. die typische Chronologie einer Telefonkonferenz, die sich mithilfe des Abschnitts „Formulieren in der Telefonkonferenz“ (S. 189) auf fast alle Gegebenheiten übertragen lässt. Ob man das Buch für ein gutes Gefühl während der Telefonkonferenz neben sich aufgeschlagen hat, sich vorab anhand der Formulierungshilfen auf diese vorbereitet oder beides nutzt, ist sicherlich Geschmackssache. Durch die Tabellenformatierung (abwechselnd weiße und graue Spalten) der unterschiedlichen Phrasen wird einem das Verrutschen der Zeile nicht passieren.
Einzig unauffindbar ist ein praktischer Hinweis zum modernen Verfassen von Emails. So bieten sich im Bereich „Formulieren von Emails, Beginn der Email“ (S. 151) mehrere Möglichkeiten der Anrede an. Mr., Mrs. oder Ms. XYZ, jeweils abschließend mit einem Komma oder Doppelpunkt. Von der ebenfalls gebrauchten Möglichkeit der Anrede ohne Doppelpunkt oder Komma nach dem (Nach-)Namen, ist (noch) kein Gebrauch gemacht. In diesem Fall der Anrede folgt dann zwingend auch kein Komma nach der Abschiedsformel, (Bsp.: Dear Ms. Johnson […] Best regards).
Vollumfängliches Praxis-Wörterbuch
Im dritten und letzten Teil, der ca. zweidrittel des Sprachwerks ausmacht, befindet sich das vollumfängliche, alphabetisch sortierte Wörterbuch (deutsch-englisch). Dabei ist hier keine gegenüberstehende Abfolge von Fachbegriffen zu finden, die man noch von früher aus dem Vokabelheft oder eben aus einem klassischen Wörterbuch kennt. Vielmehr ist das Wörterbuch ergänzt um ein Stilwörterbuch, das den Fachbegriff in einen möglichen Kontext setzt. Positiv hervorzuheben sind die §§-Angaben, die einige Rechtsbegriffe ergänzen. Den Jurist:innen wird somit die Arbeit teils wesentlich erleichtert. Ob es sich bei der gesuchten Minderung um die Schadensminderung(spflicht) iSd § 254 BGB (einen Schaden mindern – (to) mitigate damage) oder die Minderung iSd § 441 BGB (Minderung – reduction of purchase price) handelt, ist auf den ersten Blick anhand der Paragraphenangabe neben dem jeweiligen Fachbegriff klar. Anzumerken ist für den dritten Teil, dass es sich teilweise um denselben Inhalt wie im ersten Teil handelt, nur eben alphabetisch aufbereitet. Wer sich beim Durchblättern fragt, warum an einigen Begriffen ein Sternchen haftet, ohne eine Fußnote oder Ähnliches vorzufinden, wird sowohl in dem den Teilen vorangestellten Abschnitt „Zeichenerklärung“, als auch an praktikabler Stelle direkt vor Beginn des dritten Teils, fündig. Das Sternchen bedeutet, dass es zu diesem Begriff einen Textbaustein im ersten Teil gibt. Ein durchdachtes System, das weitere Dopplungen vermeidet.
Fazit
Zunächst etwas verwirrend dürfte der Titel des Buches sein, der das vollumfassende Wörterverzeichnis mit Erklärungen bzw. Glossar (3. Teil) nicht wörtlich benennt. Dabei ist der überwiegend grau markierte dritte Buchteil genau dieses: ein innerhalb des Buches sowie auf dem Buchrücken als Glossar betitelter Teil. Die interessierten Lesenden werden das Buch vor dem Kauf oder Bestellen ohnehin nochmals umdrehen und die Rückseite sichten. Auf dieser wird das alphabetisch sortierte Glossar dann doch noch genannt und beschrieben.
Die Autoren geben den Lesenden ein Nachschlagewerk an die Hand, das es ermöglicht, mithilfe des Inhalts eine sachgerechte Übersetzung für den individuellen Fall zu finden. Die üblicherweise zu Übersetzungszwecken befragten Internetseiten haben jede Menge unterschiedlicher Antworten parat, von denen die Anwendbarkeit im individuellen Fall oftmals auf der Strecke bleibt. Genau dieses Dilemma hebt dieses Sprachwerk auf. Mithilfe von ein bis drei konkreten englischen Vorschlägen den deutschen Fachbegriff zu übersetzen, geschmückt mit Beispielssätzen, die den Sprachgebrauch des jeweiligen Begriffs aufzeigen, kann die Anwendung im individuellen Fall gut eingeschätzt werden. Auf den 680 Seiten Sprachwissen wird es vor allem den Jurist:innen auf eine angenehme Art und Weise ermöglicht, gesuchte und passende Antworten zu finden.