7 Gründe das Jurastudium zu lieben (oder es zu hassen)

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Dein Abitur ist so gut wie in der Tasche – Glückwunsch, endlich geschafft! Du und deine Mitschüler:innen fangen nun so langsam damit an, nach Perspektiven Ausschau zu halten. An welche Uni soll es gehen und die noch viel wichtigere Frage: was soll ich studieren? Wenn Du mich fragst: im Zweifel Jura!

Der nachfolgende Beitrag versteht sich als kleine Aufzählung von aus meiner Sicht guten (oder auch schlechten) Gründen, sich für ein Jurastudium einzuschreiben. Es soll einen möglichst ehrlichen und ungeschönten Einblick aus dem Alltag des Jurastudiums gewähren – mit allen Höhen und Tiefen. Natürlich sind Erfahrungen stets individuell und daher nicht verallgemeinerungsfähig. Die Bewertung dessen ist also allen Leser:innen (und hoffentlich angehenden Jurastudent:innen!) selbst überlassen. Nehmt also sowohl meinen Artikel als auch das Jurastudium etwas mit Humor.

1. Wahlheimat Bibliothek

Du bist neu in der Stadt und benötigst noch ein WG-Zimmer? Keine Sorge, denn Deine neue Wahlheimat ist das örtliche Juridicum. Unzählige Kommentare und Lehrbücher warten bereits darauf, in Deiner ersten Ferienhausarbeit zitiert zu werden. Erfahrungsgemäß ist die „Bib“ zum Lernen der place to be. Und mit Lernen ist man werktags wohl auch vordergründig beschäftigt.

So zumindest das persönliche Empfinden Vieler. Es stimmt schon, dass man viel Zeit am Schreibtisch verbringen muss, insbesondere in den höheren Semestern, wenn es langsam aber sicher in Richtung Examen geht. Allerdings hängt es auch sehr vom eigenen Lerntypen ab: es gibt Nachteulen unter uns, für die der Tag erst um 16 Uhr so richtig beginnt. Andere wiederum können sich spätestens mit Eintritt des Mittagstiefs nach dem alltäglichen Mensabesuch nicht mehr richtig konzentrieren. Abermals andere lernen viel lieber Zuhause.

Zudem gibt es mittlerweile verschiedene Medien, über die man den Lernstoff konsumieren kann. Das klassische Lehrbuch wird in den heiligen Vorlesungshallen von Professor:innen nach wie vor propagiert, auch zu Recht, jedoch existieren daneben diverse andere Möglichkeiten, den relevanten Prüfungsstoff zu pauken: auditive Lerner:innen erfreuen sich insbesondere an einem breiten Angebot an juristischen Podcasts sowie aufgezeichneten Vorlesungen; wertvolle Skripten gibt es mittlerweile auch im Netz. Dies aber nur als Beispiel.

Es ist also durchaus eine Möglichkeit, die Bibliothek als Dreh- und Angelpunkt der juristischen Ausbildung zu nutzen, beispielsweise um sich von der Lernatmosphäre anstecken zu lassen und sodann die wohlverdiente Kaffeepause am Nachmittag mit Kommilliton:innen zu bestreiten. Es geht aber eben auch anders. Kleiner Disclaimer an dieser Stelle: auch das Lernen muss erstmal gelernt werden. Gebt Euch also Zeit, um im Jurastudium anzukommen, plant beim Lernen genügend Pausen ein und macht zeitig Feierabend. Mit etwas Zeitmanagement wird die Bib doch nur zum Zweitwohnsitz. 😉

2. Neues Studium, neue Sprache

Wie jede Wissenschaft pflegt auch die Rechtswissenschaft einen eigenen Sprachgebrauch. Du wirst in den ersten Wochen und Monaten lernen, dass man in Jura ein ganz eigenes Vokabular benutzt. Manche Worte, die wir alle in unserer Alltagssprache verwenden, haben in der Rechtswissenschaft eine ganz andere, viel spezifischere Bedeutung. Lasst es mich an einem Beispiel verdeutlichen: das Wörtchen „Betrug“ kann im Alltag so etwas wie „Untreue“ in einer Beziehung bedeuten oder aber in anderen Kontexten auch als „Abzocke“ verstanden werden. Im strafrechtlichen Sinne definiert sich Betrug allerdings (verkürzt) als eine Täuschung über Tatsachen, § 263 StGB.

Darüber hinaus lernst du lustige Fachausdrücke wie „Kompetenz-Kompetenz“ oder „Schranken-Schranken“ kennen. Semantisch kann es derweil aber auch etwas komplizierter werden: so ist ein „erfolgsqualifizierter Versuch“ nicht dasselbe wie ein „Versuch der Erfolgsqualifikation“. Keinen Schreck – Eure künftigen Professor:innen sind dafür da, Euch das beizubringen. Oder eben der Podcast oder das Lehrbuch, je nach Gusto.

3. Wie die Römer schon sagten: Iudex non calculat

Du kannst kein Mathe? Super, ein weiterer Pluspunkt, den das Jurastudium zu bieten hat. Denn gerechnet wird hier in der Regel nicht. Außer, es geht um die Berechnung von Fristen. Das Learning an dieser Stelle also: Keine Regel ohne Ausnahme. Wichtig.

Hartnäckig hält sich ferner das Gerücht – nicht zuletzt wegen des lateinischen Zitats in der Überschrift, dass man für das Jurastudium ein Latinum benötigt. Das stimmt nicht, denn man muss kein Latein mehr in der Schule gehabt haben, um erfolgreich Jura zu studieren. Die Fachtermini mit den entsprechenden Definitionen werden dann einfach wie Vokabeln auswendig gelernt. Damit kannst Du dann in Deiner nächsten Juraklausur glänzen. Apropos glänzen…            

4. Familienfeiernliebling

Ostern, Weihnachten oder der nächste runde Geburtstag stehen vor der Tür. Jede:r weiß, dass Du mittlerweile Jura studierst. Von links und rechts kommen dann gerne die ein oder anderen Fragen, ob denn schon vertiefte Kenntnisse im Immobiliarsachenrecht oder im Erbrecht vorhanden seien. „… Ich hätte da so eine rechtliche Frage. Und zwar…“. Den Rest erspare ich Euch. Wahrscheinlich geht es Medizinern genauso (analog: „Ich hab‘ hier links so ein komisches Zwicken, kannst Du nicht Mal eben kurz…“). Jedenfalls ist man der neue Star auf der nächsten Familienfeier und kann auch schon mit Erstsemesterkenntnissen beispielsweise im Vertragsrecht ganz gut glänzen. Auch kommt im Gespräch mit Freund:innen und Familie gerne die folgende Debatte:

5. Aber Totschlag ist doch im Affekt und Mord war geplant?!

… und Besitz ist doch seit eh und je ein Synonym für Eigentum? Spoiler alert: Nein, natürlich nicht – so viel kann und muss ich an dieser Stelle bereits vorwegnehmen. Für die Auflösung dieser beiden Irrtümer besucht Ihr am besten die nächste Juravorlesung an der Uni Eurer Wahl. Auch beliebt:

6. … Jura ist doch sooo trocken…

Wie soll ich sagen – trocken bleiben die Augen nicht, wenn man an einer Hausarbeit oder beim Lernen für eine Klausur kläglich scheitert. Unabhängig von meinem Hang zu emotionalen Ausbrüchen – was übrigens ganz normal ist und vermutlich alle Jurastudierende schon zu irgendeinem Zeitpunkt zu spüren bekamen – ist Jura tatsächlich ganz und gar nicht trocken. Was wahrscheinlich viele Außenstehende mit „trocken“ assoziieren, ist das lange Lernen. Dazu bereits oben einige Gedanken. In anderen Studiengängen muss aber ebenfalls viel gelernt und gelesen werden – dieses Argument ist daher nicht überzeugend.

Hie hilft, sich vor Augen zu führen, warum Recht überhaupt existiert. Recht entsteht aus einem gesellschaftlichen Bedürfnis heraus: eine Konfliktsituation bedarf einer Lösung. Dabei kommen sämtliche Alltagssituationen in Betracht: der Abschluss eines Mietvertrags für das erste eigene WG-Zimmer, ein Streit mit dem Arbeitgeber, der (Online-)Kauf eines Buches, der Erhalt eines Bußgeldbescheids und so weiter, und so fort. Unser geregeltes Zusammenleben ist durchwachsen von Recht – das macht Jura lebendiger als man meint. Diese Beobachtung spiegelt sich auch in der Vielfalt an Jobmöglichkeiten mit einem abgeschlossenen Jurastudium. Von Tätigkeiten in der Verwaltung, über den Justizapparat bis hin zur Selbstständigkeit sehen sich Juraabsolvent:innen einer breiten und vielfältigen Arbeitswelt gegenüber.

7. Grenzgänger

Das Allerschönste am Jurastudium ist jedoch die Tatsache, dass Du über Dich hinauswachsen wirst. Das Studium verlangt einiges ab: Durchhaltevermögen und Disziplin, aber auch Hartnäckigkeit und im Idealfall natürlich intrinsisches Interesse an der Materie. Mit jeder Stufe des Studiums, welches sich übrigens grob in die drei Abschnitte Zwischenprüfung, Hauptstudium und Examensvorbereitung gliedert, beobachtet man, wie sich die eigenen Grenzen verschieben und man leistungsfähiger wird. Man lernt, sich auch ein Stück weit neu kennen auf diesem Marathon zum Examen, wie es so oft von Jurist:innen heißt.

Aus meiner Sicht lohnt es sich nach alldem definitiv, ein Jurastudium zu wagen. Stimmst Du mir zu?

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Alina Sviridenko
Alina Sviridenko
Studentin der Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen mit dem Schwerpunkt Kriminalwissenschaften.

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