Tatütata! Kein Schmerzensgeld für Hörschaden durch Signalhorn

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Ein Feuerwehrmann betätigte das Signalhorn eines Feuerwehrautos in unmittelbarer Nähe eines Kollegen, der hierdurch einen Hörschaden erlitt. Schmerzensgeld muss er trotzdem nicht zahlen. Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg.

Der Feuerwehrmann wollte ein Feuerwehrfahrzeug zurück auf das Gelände der Feuerwache bringen und musste dazu eine enge Hofeinfahrt passieren. Der später geschädigte Kollege stand mit dem Rücken zu dem heranfahrenden Fahrzeug auf dem Bürgersteig und bemerkte dieses nicht. Daraufhin betätigte der Fahrer etwa vier Meter von seinem Kollegen entfernt kurz das Signalhorn, um den Kollegen zu warnen und setzte seine Fahrt dann langsam fort. Der Kollege erlitt allerdings durch das Betätigen des Signalhorns einen Hörschaden und einen beidseitigen Tinnitus, sodass er mehr als 18 Monate arbeitsunfähig war. Der Unfall wurde als Arbeitsunfall und später auch als eine Behinderung anerkannt.

Geklagt hatte der Geschädigte vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Nürnberg auf Schmerzensgeld, Feststellung der Ersatzpflicht für Folgeschäden und die Erstattung vorgerichtlicher Kosten. Doch bereits das ArbG Nürnberg, wie nun auch das LAG Nürnberg, hat die Klage bzw. die Berufung abgewiesen.

Arbeitsunfall bei der Feuerwehr

Indem der Unfall als Arbeitsunfall anerkannt wurde, gelten die §§ 104 ff. SGB VII. Nach § 105 Abs. 1 SGB VII haften aber Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, nur, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben. Dass eine betriebliche Tätigkeit in dem Zurücksetzen des Feuerwehrfahrzeugs überhaupt vorlag, bestritt der Geschädigte. Das erstinstanzliche ArbG und das LAG sahen eine solche jedoch als gegeben an.

So führte das LAG aus: „Dabei ist entscheidend für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit und das Eingreifen des Haftungsausschlusses die Verursachung des Schadensereignisses durch eine Tätigkeit des Schädigers, die ihm von dem Betrieb oder für den Betrieb übertragen war oder die von ihm im Betriebsinteresse ausgeführt wurde. Der Begriff der betrieblichen Tätigkeit ist nicht eng auszulegen. Er umfasst auch Tätigkeiten, die in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen. Die Tätigkeit des Schädigers muss im vorgenannten Sinne betriebsbezogen sein.“

Unter Anwendung dieser Grundsätze kam das LAG zu dem Schluss, dass der Fahrer im betrieblichen Interesse mit dem Fahrzeug unterwegs war. Denn er wollte das Fahrzeug an dem dafür vorgesehenen Unterbringungsort abstellen. Weil er den Geschädigten mit dem Signalhorn vor dem Feuerwehrfahrzeug warnen wollte, diente sein Handeln der Gefahrenvorsorge und war insoweit betrieblich veranlasst.

Kein doppelter Vorsatz

Neben einer betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 105 Abs. 1 SGB VII müssen aber auch die übrigen Voraussetzungen vorgelegen haben. Insbesondere müsste ein sog. doppelter Vorsatz gegeben sein. Der Vorsatz des Schädigers muss nicht nur die Verletzungshandlung, sondern auch den Verletzungserfolg umfassen, so das LAG, welches hierbei das Bundesarbeitsgericht (BAG) zitiert.

Zwar hat der Fahrer das Signalhorn absichtlich betätigt, die Verletzungshandlung also absichtlich begangen. Den Verletzungserfolg hat er aber dagegen nicht gebilligt. Denn: „Es ging ihm nach den Umständen nicht darum, den Kläger und eventuell andere in der Nähe befindliche Personen zu verletzen.“


Entscheidungen:

ArbG Nürnberg, Urt. v. 30.05.2022, Az. 3 Ca 5672/21
LAG Nürnberg, Urt. v. 20.12.2022, Az. 7 Sa 243/22

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Florentine Scheffel
Florentine Scheffel
Rechtsreferendarin in Thüringen.

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