Kuriose Osterurteile: Von Hasen, Hühnern & anderen Osterfällen

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Wenn der Konsum von Schokoladen-Hasen und bunten Hühnereiern durch die Decke geht, kann dies nur eines bedeuten: Es ist wieder Osterzeit! Für die Kinder geht nun erneut die Suche nach den schokoladigen Überraschungen los, die der Osterhase für sie versteckt hat. Im religiösen Sinne dagegen bildet das Osterfest den Höhepunkt des christlichen Kalenderjahres, an welchem die Auferstehung Jesu Christi gefeiert wird. Neben all den österlichen Bräuchen bietet Ostern jedoch auch Stoff für kuriose Gerichtsentscheidungen: 

Tierische Ostergrüße vor Gericht

Lämmer, Hasen und Hühnereier gibt es zu Ostern vor allem als Rührteig oder in Schokoladenform. Doch hin und wieder kann es auch vorkommen, dass die lebenden Originale vor Gericht landen. Zwei skurrile Gerichtsentscheidungen rund um die beliebten Ostertiere:

»Wissen, wie (schnell) der Hase läuft!« Dieses Sprichwort nahm sich das Amtsgericht Lüdinghausen wohl besonders zu Herzen, als ein geblitzter Autofahrer die Schuld frech einem Osterhasen in die Schuhe schieben wollte (AG Lüdinghausen, Urt. v. 19.01.2009, Az. 19 OWI 89 Js 1880/08-170/08). Der Autofahrer wurde zum wiederholten Mal in einer 70er-Zone mit Tempo 100 km/h geblitzt. Ihm drohte ein Fahrverbot. In seiner Verzweiflung versuchte er es mit dieser Ausrede: Er sei mit höchstens 80 km/h unterwegs gewesen, als plötzlich ein Hase vor sein Fahrzeug raste und die Straße überquerte. Dieses Ereignis müsse die Messung beeinflusst haben. Der österliche Übeltäter konnte sich jedoch schnell entlasten: Selbst der sportlichste Hase hätte es niemals auf die gemessenen 100 km/h geschafft. Hasen können nämlich nur eine Geschwindigkeit von 70 km/h erreichen – und diese wäre sogar erlaubt gewesen. Für den Fahrer hatte es sich damit ausgehoppelt.

Gerechtigkeit für »Sieglinde«! Bunt bemalte Hühnereier sind die Stars jeder Osterparty. Doch auch einige Hennen genießen das Rampenlicht. Allen voran: das Filmhuhn »Sieglinde«. Die begnadete Schauspielerin wirkte sogar beim ARD-Film »Wir sind doch Schwestern« mit und fuhr ihrer Halterin hohe Summen ein. Doch das Hollywood-Leben war riskant. 2017 fand der TV-Star sein jähes Ende im Maul eines Hundes. Nach ihrem gewaltsamen Tod klagte ihre Halterin auf Schadensersatz und forderte 4.000 Euro von dem Hundehalter. Mit der Entscheidung des Amtsgerichts Geldern unzufrieden (AG Geldern, Urt. v. 28.12.2018, Az. 17 C 148/18), legte sie Berufung vor dem Landgericht Kleve ein (LG Kleve, Urt. v. 17.01.2020, Az. 5 S 25/19). Schließlich sei »Sieglinde« ein besonders begabtes Tier mit Filmerfahrung gewesen, für welches hohe dreistellige Gagen pro Drehtag bezahlt würden. Dies sah das Landgericht genauso. »Sieglinde« sei keine gewöhnliche Legehenne, sondern ein Filmstar, in dessen Ausbildung viel Geld gesteckt wurde. 4.000 Euro wollte das Gericht der Halterin jedoch auch nicht zusprechen. Stattdessen wurde die Summe auf 615 Euro festgesetzt – 600 Euro als Ersatz für die Ausbildungskosten und 15 Euro für die Anschaffung eines neuen Huhns. Damit könnte sich die Halterin mehr als 40 neue Hühner anschaffen. Selbst wenn darunter kein Filmstar ist, wäre so zumindest die Ostereierproduktion gesichert.

»Heidenspaß« am Karfreitag: Die Feierlichkeiten rund um Ostern umfassen auch die Karwoche. Religiös gesehen, ist dies die Zeit, in der sich Jesus auf seinen Tod vorbereitete. Der Tag, an dem er gekreuzigt wurde, ist der Karfreitag. Dieser gilt aufgrund seines traurigen Charakters als stiller Feiertag. An ihm sind daher einige Freizeitbeschäftigungen verboten. Am bekanntesten ist das »Tanzverbot«. Dieses ist ländergeregelt und verbietet öffentliche Tanzveranstaltungen. Gegen die Regelung wollten die Mitglieder vom »Bund für Geistesfreiheit« am Karfreitag 2007 mit einer Party unter dem Motto »Heidenspaß statt Höllenqual« in München demonstrieren, inklusive Rockband und »Freigeister-Tanz«.

Erwartungsgemäß verbot die Stadt die Veranstaltung in Hinblick auf das ausnahmslose Tanzverbot des Bayerischen Feiertagsgesetzes – der Beginn eines langen Instanzenzuges. Die »Freigeister«erhoben letztlich Verfassungsbeschwerde (BVerfG, Beschl. v. 27.10.2016, Az. 1 BvR 458/10). Sie rügten eine Verletzung ihrer Weltanschauungsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG und ihrer Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG. Dem gab das Bundesverfassungsgericht recht: Unterliegt eine dem gesetzlichen Stilleschutz zuwiderlaufende Veranstaltung ihrerseits dem Schutzbereit der Glaubens- und Versammlungsfreiheit, so müsse der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Ausnahme von diesem Stilleschutz schaffen. Die Vorschrift des Bayerischen Feiertagsgesetzes sei deshalb nichtig.

Weiterhin verboten: Die Vermietung einer Gaststätte für die Feier einer nach islamischem Ritus durchgeführten Beschneidung (OVG Münster, Beschl. v. 23.03.2015, Az. 4 B 135/15) oder die öffentliche Aufführung des Filmes »Das Leben des Brian« (OLG Hamm, Beschl. 27.05.2016, Az. 2 RBs 59/16).

Geschmacklos! Hakenkreuz-Eier und Hasenphobie-Mobbing

Kurzer Prozess mit Hakenkreuz-Ostereiern: Besondere Geschmacklosigkeit bewies 2017 eine Rentnerin aus Sachsen. Diese wollte ihren Facebook-Followern ein fröhliches Osterfest wünschen und tat dies auf taktlose Weise. Ihr Ostergruß bestand doch tatsächlich aus Doppelrunen- und Hakenkreuz-Ostereiern! Der Fall landete vor dem Amtsgericht Dresden. Zu ihrer Verteidigung berief sie sich auf die Meinungsfreiheit und beteuerte, sie würde die Symbole lediglich aus dem Buddhismus kennen. Selbstverständlich hatte das Gericht dafür kein Verständnis. Prompt verurteilte es die Rentnerin zur Zahlung von 750 Euro.

Angsthase: Großer Oster-Fan wird eine Lehrerin aus Niedersachsen wohl nicht mehr. Diese hat nämlich eine ausgeprägte Phobie gegen die Langohren. Das bekamen auch einige ihrer Schüler mit und starteten eine geschmacklose Mobbing-Aktion. Wiederholt malten sie Hasenzeichnungen an die Tafel, woraufhin die Lehrerin weinend aus dem Zimmer rannte. Sie zog deshalb zweimal vor Gericht. Während sie 2008 einen Vergleich erreichte, lehnte das Amtsgericht Vechta 2010 die zweite Klage ab. In dieser hatte die Lehrerin eine 16-jährige Schülerin auf Unterlassung verklagt. Die Schülerin solle die Hasenzeichnungen und die Behauptung unterlassen, die Lehrerin würde sich vor den Tieren fürchten. Sie fühle sich dadurch gemobbt und in ihrer Ehre verletzt. Doch das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass das Verbreitungsinteresse der wahren Tatsache über die Hasenphobie den Persönlichkeitsschutz der Lehrerin überwiegen würde.

Ostern recht schlüpfrig

»Wie die Karnickel!« – Ob in Schokolade gegossen oder in natura, zu Ostern sind die Hasen los. Aufgrund ihrer ausgeprägten Libido gelten die Tiere als Sexsymbol. Dass die Osterhäschen also auch anders können, beweisen diese beiden schlüpfrigen Gerichtsentscheidungen:

Hasenohren als Phallus-Symbol: Wer kennt ihn nicht, den Hasenkopf mit steilen Ohren und Fliege um den Hals, der seit jeher über das Cover des Magazins »Playboy« hoppelt. Der »Playboy-Bunny« gehört zu den bekanntesten Markenzeichen der Welt. Für seine Nutzung verlangt der Medienkonzern »Playboy«hohe Lizenzsummen. Diese ist nicht jeder bereit zu zahlen. Ein schwäbischer Etikettenunternehmer hatte 1985 eine besonders schlitzohrige Idee: Er druckte seine Hasen-Aufkleber einfach mit einem geknickten Ohr. Der »Playboy«-Konzern klagte daraufhin vor dem Landgericht Stuttgart auf Unterlassung. In dem Knickohr-Hasen sahen die Richter jedoch keine Verwechslungsgefahr mit dem Original. Dieser sei offensichtlich eine »Verulkung des Playboy-Hasen«, da nur »die beiden aufgerichteten, […] steil nach oben stehenden Ohren das Phallus-Symbol vergegenständlich würden.« Diese Begründung hielt in der Berufung vor dem Oberlandesgericht Stuttgart jedoch nicht stand: Der »Playboy-Bunny« ist geschützt – egal ob steifes oder geknicktes »Ohr«.

Streit um »Jessica Rabbit«: Die Ehefrau des Kulthasen »Roger Rabbit«, aus den gleichnamigen Kinofilmen,gilt als die erotischste animierte Figur überhaupt. Auf diesen Hype wollte auch ein italienischer Medienkonzern aufspringen und veröffentlichte eine Fotogeschichte in einer Zeitschrift, die »Jessica Rabbit« in lasziven Posen zeigte. Damit hatte der Konzern die Rechnung jedoch ohne sein amerikanisches Mutterunternehmen »The Walt Disney Company« gemacht. Dieses hatte der Veröffentlichung der Fotoreihe nicht zugestimmt. Der Fall landete vor dem Gericht von Mailand (Tribunale di Milano, Urt. v. 28.06.1992). Dieses entschied, dass die ausschließlichen Verwertungsrechte der amerikanischen Klägerin an der Comic-Figur »Jessica Rabbit« durch die Fotoreihe verletzt würden. Die ungenehmigte Vervielfältigung der Figur würde die Lizenzrechte der italienischen Tochterfirma überschreiten. Die Zeitschriften wurden daraufhin vom Markt genommen.

Ostern von seiner Schokoladenseite

Schoko-Hasen vor Gericht: Vor allem die schokoladigen Osterfiguren spielen vor Gericht immer wieder eine Hauptrolle. Besondere Bekanntheit hat der jahrelange Rechtsstreit rund um den »Lindt-Goldhasen«erlangt. Bei der Markeneintragung des goldverpackten Schoko-Hasen mit dem roten Halsband und dem Glöckchen musste »Lindt« viele Rückschläge einstecken, bis der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 29.07.2021, Az. I ZR 139/20) den »Lindt-Goldhasen« letztlich doch als Marke gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG anerkannte. Der »Goldhase« ist übrigens nicht der einzige Hase, der in den vergangenen Jahren vor Gericht gestellt wurde. Auch dem »Milka-Schmunzelhasen« ging es an den Kragen. Laut der Verbraucherzentrale Hamburg, sei die erforderliche Zutatenliste auf dem lilafarbenen Hasen nicht leserlich genug. Dem stimmte das Landgericht Bremen zu (LG Bremen, Urt. v. 28.04.2021, Az. 12 O 177/20): Die ohnehin winzig kleinen Buchstaben der Zutatenliste, könne man durch den fehlenden Kontrast kaum entschlüsseln. Die verbraucherschützenden Vorgaben seien hier zu Gunsten des Markendesigns auf der Strecke geblieben.

Bloß nicht zu großzügig! Zum Abschluss noch ein Tipp für die strafrechtliche Praxis. Man sollte gut aufpassen, wem man Ostersüßigkeiten schenkt! So hatte der Bundesgerichtshof bereits 1951 (BGH, Urt. v. 20.03.1951, Az. 1 StR 41/51) zu entscheiden, ob ein Beamter deswegen bestechlich sei, weil seine Ehefrau ein »mit Süßigkeiten gefülltes Osterei von beträchtlicher Größe« von einem seiner Geschäftspartner erhielt. Auch keine gute Idee: Wenn Schöffen der Staatsanwaltschaft Schokolade schenken, nicht aber den Angeklagten und ihren Verteidigern. Wie das Landgericht Flensburg entschied (LG Flensburg, Beschl. v. 20.01.2021, Az. V KLs 2/19), sei dies nämlich geeignet, bei den Angeklagten den Eindruck zu erwecken, dass die Schöffen der Staatsanwaltschaft eher gewogen sind als ihnen. Im konkreten Fall ging es zwar um Schokoladenweihnachtsmänner, angesichts des bevorstehenden Osterfestes sei jedoch auch vor der großzügigen Schenkung von Schokoladen-Hasen vor Gericht gewarnt. Frohe Ostern!

Juristische Ostern: 6 Urteile über schreckhafte Hühner, bunte Ostereier und die Arbeit des Osterhasen


Bei diesem Artikel handelt es sich um einen der Beiträge, die im Rahmen unseres JURiosen Essay Wettbewerbs “Ostern” für April 2023 eingereicht wurden:

Platz 1: “Das Osterei unter der Rechtslupe” (Maximilian Schlereth)
Platz 2: “Zwischen Zulässigkeit und Glut des Osterfeuers – Von rechtlichen Problemen eines heidnischen Rituals” (Alexander Khorenko)
Platz 3: “Über das Verhältnis von Organspende zur Osterhoffnung” (Finja Naujoks) und “Kuriose Osterurteile: Von Hasen, Hühnern & anderen Osterfällen” (Yasmin Schnack)

Der Gewinner-Beitrag wurde außerdem in der April-Ausgabe der Zeitschrift JURA, 2023 (4), S. I-IV veröffentlicht.

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