Reiserecht: Tod des Kopiloten ist kein außergewöhnlicher Umstand

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Der Tod eines Kopiloten, so tragisch er auch ist, stellt keinen „außergewöhnlichen Umstand“ dar, sondern ähnelt einem „unerwarteten Krankheitsfall“. Wird ein Flug deswegen abgesagt, muss die Fluggesellschaft den Passagieren deswegen trotzdem Ausgleichszahlungen leisten. Das entschied der Europäische Gerichtshof.

Im Juli 2019 fiel ein Flug von Stuttgart nach Lissabon aus. Der Grund dafür ist tragisch: Man hatte den Kopilot zwei Stunden vor Abflug tot in seinem Hotelbett aufgefunden. Die gesamte Crew meldete sich daraufhin mit einem „Schock“ flugunfähig. Statt wie geplant um sechs Uhr abzufliegen, wurden die Passagiere deswegen erst gegen 17 Uhr nach Lissabon befördert.

Für diese Verspätung verlangten die Passagiere dann vor dem Landgericht Stuttgart eine Ausgleichzahlung nach der Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Fluggesellschaft weigerte sich zu zahlen. Die Richter:innen legten die Frage, ob beim Tod des Kopiloten ein “außergewöhnlicher Umstand” vorliegt oder nicht, daraufhin dem Europäischen Gerichtshof vor. Dies ist entscheidend für die Frage, ob die Fluggesellschaft zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet ist oder nicht.

Tod wie Krankheit

Der EuGH entschied, dass Maßnahmen, die die Beschäftigten des Luftfahrtunternehmens betreffen – etwa in Bezug auf die Planung der Einsätze und der Arbeitszeiten – unter die normale Ausübung der Tätigkeit dieses Unternehmens fallen. Dabei verglich das Gericht den Tod des Kopiloten mit einer normalen Krankheit.

„Da der Umgang mit einer unerwarteten Abwesenheit eines oder mehrerer für die Durchführung eines Fluges unverzichtbarer Mitarbeiter aufgrund von Krankheit oder Tod – auch kurz vor dem planmäßigen Abflug – untrennbar mit der Frage der Planung der Einsätze und der Arbeitszeiten der Beschäftigten verbunden ist, ist eine solche Abwesenheit Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des ausführenden Luftfahrtunternehmens und fällt somit nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände.“

Folglich ist das Luftfahrtunternehmen nicht von seiner Ausgleichspflicht gegenüber den Fluggästen befreit.


Entscheidung: EuGH, Urt. v. 11.05.2023, Az. C-156/22 bis C-158/22
Pressemitteilung: https://curia.europa.eu/

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