Jurastudium: Mein Praktikum beim Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium

-Werbung-spot_imgspot_img

Kaum einem anderen Ministerium ist wohl seit Beginn von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine eine größere mediale Aufmerksamkeit zuteilgeworden als dem Bundesverteidigungsministerium (BMVg). Im Frühherbst 2020 – und somit etwa eineinhalb Jahre vor der sogenannten „Zeitenwende“ – hatte ich als Praktikant die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen der obersten Bundesbehörde zu werfen. Im Folgenden möchte ich meine Eindrücke dieser – vermutlich etwas außergewöhnlichen – Praktikumsstation schildern und interessierten Studierenden Tipps geben, wie auch sie Einblicke in das Verteidigungsressort erhalten können.

Tipps fürs Jurastudium

Der Weg zum Praktikumsplatz

Sowohl die bayerische Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) als auch die Prüfungsordnung meines LL.B.-Studiengangs sehen drei Monate Pflichtpraktikum in mindestens zwei der drei verschiedenen Rechtsgebiete (Zivilrecht, Strafrecht oder Öffentliches Recht) vor. Im Frühjahr 2019 hatte ich bereits einen Monat dieser sog. „praktischen Studienzeit“ beim Amtsgericht auf dem Gebiet des Zivilrechts abgeleistet und die Zusage für eine weitere zivilrechtliche Station bei einer Big-Four-Gesellschaft erhalten.

Nun stellte sich mir die Frage, wo ich den letzten Praktikumsabschnitt absolvieren sollte. Da ich mich schon seit Studienbeginn besonders für das Öffentliche Recht interessierte, war für mich klar, dass ich auf diesem Gebiet praktische Einblicke erhalten möchte. Zudem engagiere ich mich seit meiner Schulzeit in unterschiedlichen Positionen innerhalb der Jungen Union und der CSU, wodurch mein ausgeprägtes Interesse für außen- und sicherheitspolitische Fragestellungen entstanden ist.

So kam es, dass ich damals nach einer CSU-Veranstaltung auf den für meinen Heimatwahlkreis direkt gewählten Bundestagsabgeordneten Thomas Silberhorn zuging, der bis zum Regierungswechsel im Dezember 2021 als Parlamentarischer Staatssekretär (PStS) bei der Bundesministerin der Verteidigung tätig war, und mich hinsichtlich der Möglichkeiten eines Praktikums in seinem Büro bei ihm erkundigte. Kurz darauf erhielt ich eine positive Rückmeldung durch einen Beamten des Ministeriums.

An dieser Stelle kann ich aber alle Leser:innen beruhigen: Selbstverständlich ist es nicht erforderlich, eine:n PStS oder andere hochrangige Mitarbeiterenden des BMVg zu kennen, um dort einen Praktikumsplatz zu ergattern. Vielmehr kann man sich hierfür einfach das ganze Jahr über via E-Mail bewerben. Außerdem besteht die Möglichkeit, eine Referendariatsstation im BMVg zu absolvieren.

Zu beachten ist jedoch die erhebliche Vorlaufzeit, die deutlich größer ist als bspw. bei einem typischen Behördenpraktikum: Schon aufgrund der erforderlichen Sicherheitsüberprüfung muss eine Bewerbung mindestens zwölf Monate vor dem gewünschten Zeitraum eingereicht werden. Folglich kann ein Praktikum, für welches man sich zu Beginn eines Sommersemesters bewirbt, frühestens nach Ende der Vorlesungszeit des darauffolgenden Sommersemesters stattfinden. Insbesondere mit Hinblick auf die Examensvorbereitung sollte man diesen Umstand zwingend im Hinterkopf behalten, sodass dieser Teilabschnitt der praktischen Studienzeit nicht mit der „heißen Phase“ kollidiert, und sich deswegen möglichst frühzeitig um einen Platz kümmern.

Außerdem muss betont werden, dass einerseits mindestens Grundkenntnisse im Bereich des Staatsorganisations- sowie allgemeinen Verwaltungsrechts und im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik als Voraussetzung für ein solches Praktikum gelten. Man muss zwar kein:e Expert:in im Völker- oder Wehrrecht sein, um ein Praktikum im BMVg absolvieren zu können. Wer sich aber beispielsweise nicht wirklich damit auskennt, was genau die Aufgabe der NATO oder des UN-Sicherheitsrates ist und wie die Organisation der Bundeswehr in etwa aussieht, wird vermutlich schon frühzeitig Verständnisschwierigkeiten hinsichtlich der anvertrauten Aufgaben erleiden.

Andererseits ist es nicht erforderlich, bereits „gedient“, also bspw. einen Freiwilligen Wehrdienst o.ä. abgeleistet zu haben. Die Soldat:innen nahmen sich stets viel Zeit dafür, meine Fragen zu verschiedenen militärischen Themen zu beantworten, was mir v.a. den Einstieg ins Praktikum als „Ungedienter“ erheblich erleichterte.

Die Vergütung der Praktikant:innen fällt im Übrigen nicht gerade üppig aus: So war in meinem Fall eine Aufwandsentschädigung von knapp 400 Euro vorgesehen. Da dies nicht die Lebenshaltungskosten in Berlin für einen Monat decken kann, musste ich rechtzeitig das Sparen anfangen. Jedoch sollte man sich hiervon nicht entmutigen lassen: Die gemachten einmaligen Erfahrungen waren mir dies definitiv wert.

Die Aufgaben eines:r PStS und des BMVg

Wie bereits erwähnt, leistete ich mein Praktikum im Büro eines PStS ab. Doch was ist eigentlich die Aufgabe eines:r PStS und was ist überhaupt der Zuständigkeitsbereich des BMVg? Bevor ich mit meinen Eindrücken meiner Praktikantenzeit fortfahre, möchte ich an dieser Stelle zum besseren Verständnis einen kurzen Exkurs zu beiden Themen einschieben, die auch in Klausuren oder Hausarbeiten aus dem Staatsorganisationsrecht eine Rolle spielen können:

Die Rechtsgrundlage zu den Kompetenzen der PStS ist das „Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre“ (ParlStG): Demnach unterstützen sie jeweils eine:n Bundesminister:in bei der Erfüllung ihrer/seiner Regierungsaufgaben (§ 2), was auch die Vertretung bei bspw. Sitzungen des Deutschen Bundestags oder -rats umfasst. Dabei müssen sie gem. § 1 grds. Mitglieder des Bundestages sein (daher „parlamentarisch“). PStS sind nicht mit den beamteten Staatssekretär:innen (StS) zu verwechseln, welche die Minister:innen innerministeriell (also innerhalb des Ministeriums) in deren Funktion als Behördenleiter:innen vertreten

Das BMVg ist eine oberste Bundesbehörde. Innerhalb der Bundesregierung handelt es sich um das Fachressort für die militärische Verteidigung und alle Angelegenheiten der Bundeswehr. Es wird durch den oder die Bundesverteidigungsminister:in geleitet (während meines Praktikumszeitraums war dies Annegret-Kramp Karrenbauer, CDU), der oder die im Frieden die Befehls- und Kommandogewalt über die deutschen Streitkräfte ausübt. Das BMVg hat Dienstsitze in Bonn und Berlin, für die insgesamt 2.500 Mitarbeitende tätig sind.

Doch nun zurück zu meinen Erlebnissen.

Als Zivilist in der höchsten militärischen Kommandobehörde

Als ich das erste Mal an den Wachpersonen vorbeiging und durch den Vorhof des Ministeriums schritt, war ich überrascht: Ich war bei weitem nicht der Einzige, der einen zivilen Anzug trug. Meine ursprüngliche Erwartung, dass im Verteidigungsministerium fast ausschließlich Soldat:innen in Uniform arbeiten würden, hat sich als falsch herausgestellt. Derzeit sind ca. 183.000 Soldat:innen und ca. 81.000 zivile Beschäftigte bei der Bundeswehr angestellt. Dieser recht hohe Anteil an Zivilist:innen kommt auch im BMVg zum Vorschein.

Nachdem ich mein Büro für die kommenden vier Wochen bezogen und den (zivilen wie militärischen) Mitarbeitenden des Staatssekretärbüros vorgestellt wurde, führte mich einer meiner Betreuer durch den „Bendlerblock“, dem Gebäude, in welchem die Leitung des BMVg und ein Großteil seiner Referate untergebracht ist. Schon nach kurzer Zeit ist mir dabei die historische Bedeutung des Baus klargeworden: So befand sich hier während des Dritten Reichs u.a. das Allgemeine Heeramt, von wo aus Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944 versuchte, seinen Staatsstreich umzusetzen. Die „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ am Ehrenhof des Bendlerblocks erinnert heute an die noch in derselben Nacht stattgefundenen standrechtliche Erschießung Staufenbergs und seiner vertrauten Offiziere.

Der Praktikums-Alltag in einem Leitungsbüro des BMVg

Anschließend begab ich mich zurück an meinen Schreibtisch und stellte fest, dass der Stab des Staatssekretärs schon zahlreiche interessante Aufgaben für mich vorbereitet hatte, die ich im Laufe der kommenden Wochen bearbeiten durfte:

Ein wesentlicher Teil meiner Aufträge bestand in der Recherche zu aktuellen Themen, die von Abgeordneten und Bundestagsfraktionen aus der Opposition im Rahmen ihres Fragerechts aufgeworfen wurden. Da sich diese auf die unterschiedlichsten verteidigungspolitischen Themen bezogen, empfand ich die Tätigkeit als besonders lehrreich.

Einen bedeutenden Anteil meines Praktikums machte ferner die Begleitung des PStS zu seinen Terminen aus, bspw. zu einem Videotelefonat mit den leitenden Beschäftigten des BMVg in Bonn, zu Besprechungen von verschiedenen Bundestagsgremien oder zu einer Podiumsdiskussion, sodass ich verschiedenste Einblicke in sein Tätigkeitsfeld erhielt.

Zudem habe ich einige „Ein-Tages-Praktika“ in unterschiedlichen Rechtsreferaten des Ministeriums absolviert. In diesem Zusammenhang stellte ich fest, dass im Bereich der Verteidigungspolitik eine Vielzahl von Rechtsgebieten von Relevanz ist. So führte ich spannende Gespräche mit Jurist:innen aus u.a. dem allgemeinen Verwaltungsrecht, dem Verfassungsrecht, dem Völkerrecht aber auch dem Weltraum- und Luftfahrtrecht sowie dem Wehrdisziplinarrecht und begleitete sie durch ihren Arbeitstag. In diesem Zusammenhang musste ich mich immer wieder mit Rechtsgrundlagen auseinandersetzen, die so im Studium nicht behandelt werden, und z.B. ein Gutachten zu einer Problemstellung aus der Anzugordnung für die Soldatinnnen und Soldaten der Bundeswehr verfassen.

Gegen Ende meines Praktikums durfte ich einen Tag im Bundestagsbüro des PStS mitarbeiten und somit die parlamentarische Perspektive dieses Amtes weiter kennenlernen. Die Aufgaben, die mich dort erwarteten, waren anderer Natur als die im Ministerium: Hier war ich insbesondere an der Beantwortung von Schreiben der Bürger:innen aus seinem Bundestagswahlkreis beteiligt.

Die Praktikumstage begannen stets etwa um neun Uhr und endeten meist gegen 17 Uhr. Trotz der Coronapandemie arbeitete ich – selbstredend unter der Einhaltung der damaligen Hygieneregelungen – täglich im Ministerium, was zu einer unvergesslichen Erfahrung beigetragen hat. Entgegen dem Vorurteil, dass die Abläufe und Tätigkeiten in einer Behörde monoton seien, wusste ich abends so gut wie nie, was mich am nächsten Morgen erwartete. Denn das Staatssekretärbüro gab sich alle Mühe, mir möglichst abwechslungsreiche Aufgaben zuzuteilen und mir somit die unterschiedlichsten Einblicke zu gewähren.

Fazit: Klare Empfehlung

Es mag sein, dass praktische Studienzeiten bei anderen (z.B. kommunalen) Behörden mit deutlich weniger Vorbereitungs-, Kosten- oder Arbeitsaufwand absolviert werden können. Jedoch konnte ich während meines Praktikums in einem Maße über den Tellerrand des juristischen Studiums hinausschauen, wie dies vermutlich bei kaum einer anderen Stelle der Fall gewesen wäre. Die Tatsache, dass ich mich mit ungewöhnlichen Rechtsgrundlagen auseinandersetzen musste, hat mir sehr dabei geholfen, mein Verständnis für das Öffentliche Recht zu erweitern. Aus diesen Gründen kann ich ein Praktikum im BMVg klar empfehlen. Die Tätigkeit dort hat seit der vom Bundeskanzler inzwischen ausgerufenen „Zeitenwende“ wohl definitiv nicht an Spannung verloren.

-Werbung-
Felix Mönius
Felix Möniushttps://www.linkedin.com/in/felix-moenius/
Der Autor studiert Rechtswissenschaft (Diplom) mit Schwerpunkt Öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität Bayreuth. 2022 schloss er dort den Bachelorstudiengang „Recht und Wirtschaft“ sowie die Wirtschaftswissenschaftliche Zusatzausbildung für Juristen erfolgreich ab.

Ähnliche Artikel

Social Media

6,795FollowerFolgen
2,166FollowerFolgen
Download on the App Store
Jetzt bei Google Play
-Werbung-spot_img
-Werbung-

Letzte Artikel