Als „Beleidigung“ werden die kuriosesten Sachverhalte angezeigt. Ob dann tatsächlich der Straftatbestand des § 185 Abs. 1 StGB erfüllt ist, müssen die Gerichte oft in urkomischen Verhandlungen entscheiden. So auch im Falle eines Mannes, der seinen Nachbarn laut ausgelacht hat.
Der Fall spielt sich – wie so oft – in einer heimeligen Nachbarschaft ab. Dort lebte der Angeklagte mit seiner Ehefrau. Eines schönen Tages fuhren sie gemeinsam mit dem Auto die Straße entlang. Dabei kamen sie auch am Garten eines Nachbarn vorbei, der gerade im Garten arbeitete. Laut Anklage hielt der Angeklagte mit seinem Pkw an, öffnete das Fenster, brach in Lachen aus und machte sich über das Gebiss seines Nachbarn lustig. In der Verhandlung machte der Angeklagte jedoch geltend, er sei zufällig verkehrsbedingt am Garten seines Nachbarn zum Halten gekommen. Dieser hätte ihn daraufhin beschimpft. Daraufhin habe er das Beifahrerfenster aufgemacht und laut gelacht. Wie erwartet, sei dem Nachbar sodann das Gebiss herausgefallen. Dieses habe ihn veranlasst, noch lauter und herzhafter zu lachen. Daraufhin sei dem Nachbar das Gebiss erneut herausgefallen.
Das Amtsgericht hatte gegen den Angeklagten wegen Beleidigung eine Geldstrafe i.H.v. 15 Tagessätzen zu je 20 € verhängt. Dem schloss sich das OLG Hamm in der Revision jedoch nicht an. Der Tatbestand des § 185 StGB sei nicht erfüllt.
Taktlosigkeiten und Scherze nicht ausreichend
Unter einer Beleidigung ist die Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung zu verstehen. Dabei kann die Beleidigung durch ehrenrührige Tatsachenbehauptung sowie durch herabsetzende Werturteile gegenüber dem Betroffenen begangen werden. Das Auslachen wertete das OLG grundsätzlich als Werturteil. Problematisch sei hier jedoch, ob dieses einen abwertenden Charakter habe. Denn nicht jede Verletzung von Persönlichkeitsrechten stelle eine gem. § 185 StGB strafbare Ehrverletzung dar. So liege in der bloßen Ablehnung eines anderen für sich allein keine Beleidigung, wenn damit eine Ehrverletzung noch nicht einhergeht. Nicht ausreichend seien bloße Unhöflichkeiten und Taktlosigkeiten sowie unpassende Scherze und „Foppereien”. Diesbezüglich würden die Urteilsfeststellungen des Amtsgerichts eine Verurteilung wegen Beleidigung nicht tragen.
Denn: „Die Urteilsfeststellungen lassen […] nicht erkennen, welche besonderen Umstände dem Lachen bzw. Lustigmachen den objektiven Erklärungswert geben könnten, der [Nachbar] solle dadurch – über eine bloße Taktlosigkeit hinausgehend – als sittlich, personal oder sozial minderwertig hingestellt werden.“
OLG Hamm, Beschl. v. 6. 5. 2010, Az. 2 Ss 220/09