Selbstdisziplin ahoi: Im Jurastudium läuft einiges anders als in der Schule

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Nach Prof. Dr. Thomas Fischer ist das Jurastudium “einfach” bzw. jedenfalls einfacher als naturwissenschaftliche Studiengänge. Das stimmt in einem gewissen Maße. Es kommt einem aber vor allem in den Anfangssemestern nicht so vor. Die größten Unterschiede zwischen Jurastudium und Schule möchte ich dir hier vorstellen. Dabei sei aber deutlich gesagt, dass es sich dabei um meine persönlichen Erfahrungen handelt und mein Weg nicht als absoluter Königsweg glorifiziert werden sollte, wenn es für andere Personen einen anderen, besseren Weg gibt. Aber legen wir doch mal los…

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Drei große Bereiche und das eigentliche Klein-Klein

Der Grundgedanke des Jurastudiums ist es, allgemeingebildete Menschen hervorzubringen, die das Handwerkszeug für unbekannte Situationen erlernt haben. Dabei hat es mir unter anderem meine vorherige Weiterbildungen zum Rechtsfachwirt erleichtert, zu erkennen, worauf ich Wert legen sollte. Mein ehemaliger Ausbilder wies mich aufgrund meines Vorwissens darauf hin, dass ich in den Vorlesungen nicht “abschalten” sollte, auch wenn diese anfangs einfach sein sollten. Andererseits kannte ich aus meiner Weiterbildung einige Einzelaspekte, auf deren Einpassung im größeren Kontext ich gespannt war.

Wie sah das für mich in der Praxis aus? Die Übung im Bereich des BGB AT war für mich nicht spannend. Besonders das Stellvertretungsrecht war für mich äußerst eingängig und ich habe nicht verstanden, warum man sich mit diesem so lange aufhält. Der Blick über den Tellerrand (und die Sorge vor dem „abgehängt werden“) hat dann zur Folgefrage geführt, wofür ich das Stellvertretungsrecht noch alles brauche. Der Blick ins Handels- und Gesellschaftsrecht und die darin enthaltene Prokura beantwortete mir dies schnell. Auch die Anfechtung im Erbrecht ließ mich dann später freudig und auch etwas demütig zu den einfacheren Fällen des BGB AT zurückdenken. Wir merken uns: Im Jurastudium baut alles aufeinander auf!

Jura, die Masse machts

Das erste Semester mit all seinen Hürden legt ein gutes Fundament für das weitere Studium. Wie unterschiedlich dieses Fundament sein kann, habe ich vor allem im späteren Repetitorium festgestellt. Nach den Vorlesungen, Übungen und Seminaren ist es gute Sitte, sich speziell auf das Examen vorzubereiten. Das gelingt entweder in Eigenregie, über das universitäre Repetitorium oder über ein kommerzielles Repetitorium.

Weiterlesen: “Welches Repetitorium passt zu mir? Kommerziell oder Unirep?”

Ein geführtes Repetitorium gibt einem unter anderem dadurch Sicherheit, dass jemand den zu lernenden Stoff vorfiltert und entsprechend aufarbeitet. Dabei legt das Wort „repetieren“ schon nahe, dass “wiederholt” werden soll. Für mich hieß das jedoch nicht, dass ich mich im Repetitorium erstmals mit Dingen beschäftige und dann wiederhole. Es hieß für mich, dass ich mein über Jahre hinweg erworbenes Wissen vertiefe, nur bezüglich Einzelbereichen Elemente neu lerne und darauf achte, schnell auf unterschiedliche Sachverhalte reagieren zu können: ein Rundumschlag sozusagen… (ich weiß aber auch, dass Jurastudierende gibt, die mit deutlich größeren Wissenslücken ins Repetitorium gehen).

Wir merken uns: Der Examensstoff ist zwar inhaltlich kein Hexenwerk, jedoch die bloße Fülle an Themen muss irgendwie “gemeistert” werden.

Vier gewinnt? Nicht mehr im Examen

Einige meiner Kommiliton:innen waren bis zu dem Punkt der Examensvorbereitung mit der Maxime “vier gewinnt” durchgekommen. Sie hatten also jede Klausur nur mit Ach und Krach bestanden. Dieses Vorgehen ist vertretbar, war für mich aber keine Option. Ich habe auf dem zweiten Bildungsweg hart für meine Studiumschance gearbeitet und wollte vor allem das Recht in Gänze verstehen und anwenden können. Dazu gehörte für mich auch das semester- und fächerübergreifende Lernen. Wie wirkt sich beispielsweise eine unlautere Stellvertretung im Rahmen des Strafrechts aus? Wie handelt ein:e Bürgermeister:in für die Gemeinde; hat das etwas mit einer Stellvertretung zu tun?

Die Klausuren und Klausurergebnisse waren für mich nie im Fokus, es ging mir nicht um besser oder schlechter als die anderen. Ich sah die Ergebnisse immer als Beiwerk zum Verständnis für das jeweilige Fach an. Sie waren letztlich gute Indikatoren, ob das Gebiet einem nun liegt oder nicht.

Der Weg von null auf vier Punkte ist meiner Meinung nach schwieriger als von vier auf vierzehn Punkte. Wer gezielt auf vier Punkte kommen möchte, der landet zum einen oftmals „unterm Strich“, zum anderen vergibt man Chancen für das Studium als Ganzes. Einzelklausuren und Hausarbeiten zu bestehen, bedeutet insbesondere nicht, dass man am Ende das Examen schafft. Für einige werden die Anforderungen erst im Repetitorium deutlich, was zu einer höheren Abbruchquote (vermeintlich) kurz vor dem Ziel führt. Ein frühes, intensives Vorgehen, was die Vorbereitung bzgl. der Klausuren angeht, kann also nützlich sein, wenn der Paukenschlag nicht erst am Ende zu hören sein sollte. Und: Mit einem lediglich “ausreichenden” Eamen verbaut man sich lebenslang viele Berufschancen – beispielsweise den Einstieg in die Justiz.

Fazit: Selbstdisziplin früh üben

Das Lernen für die Klausuren und die große Hürde in Form des Staatsexamens ist nichts, worauf man im ersten Moment vorbereitet ist. Dafür trainiert man gleichsam konstant und wächst an jeder neuen Aufgabe. Mein Weg zum Erwerb des erforderlichen Wissens zum Bestehen des Examens zog sich über mehrere Jahre und Semester hindurch. Ein Studium gibt unterschiedlichste Impulse, wobei man die richtigen Impulse mitnehmen und manche (“vier gewinnt”) auch bewusst meiden sollte.

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Kevin Frank
Kevin Frank
Kevin Frank ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Deutsches und Bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht an der FAU Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Moot-Court-Koordinator.

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