Das Landesarbeitsgericht Köln hatte im Jahr 2017 darüber zu entscheiden, ob eine polemische und ironisch formulierte Leistungsbeurteilung dem Anspruch zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses genügt. Das Gericht verneinte dies. Mit welcher Begründung?
Geschlechterbezogene Beliebtheit und Schöpferpausen
Welchen Inhalt hatte das “Zeugnis“ wohl, dass das Gericht dieses als polemisch und ironisch ansah? Nun, das Zeugnis lautete wie folgt:
„Aktenzeichen 7 Ca 2005/16 oder 413/15T der Kanzlei L
Zeugnis
Fr. N H war bei uns als Gebäudereinigungskraft, speziell im Objekt A Arkaden, eingesetzt. Geschlechter bezogen war Frau H sehr beliebt.
Ihre Aufgaben hat Frau H nach Anweisungen sehr bemüht erledigt. Die Anstrengungen Ihrer Tätigkeit hat Fr. H sehr regelmäßig mit Schöpferpausen bedacht und Ihre Arbeitszeiten nach Ihren Anforderungen ausgeführt. Wir wünschen Fr. H für die Zukunft alles Gute.“
Polemisch und grob unsachlich
Das Gericht entschied, dass ein „Zeugnis, welches polemisch und in grob unsachlichem und ironischen Stil verfasst ist und bei dessen Vorlage sich der Arbeitnehmer der Lächerlichkeit preisgeben würde“, nicht die Mindestanforderungen erfüllen würde, welche an die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses zu stellen sind. Das Gericht zog insoweit einen Vergleich zu einem Zeugnis, welches keine Leistungsbeurteilung enthält und begründete seine Entscheidung damit, dass ein polemisches und ironisches „Zeugnis“ in einer Bewerbungssituation für den oder die Arbeitnehmer:in mindestens ebenso wertlos sei wie ein Zeugnis, welches von vornherein keine Leistungsbeurteilung enthalten würde. Es führte als Begründung weiter aus:
„Das einzige, was in dem Schreiben vom 27.10.2016 den Bezug zu einem Arbeitszeugnis herstellt, ist die Überschrift ‘Zeugnis’ sowie die Benennung des Namens und einer Tätigkeitsbeschreibung der Gläubigerin. Im Übrigen besteht das vermeintliche Zeugnis lediglich aus diskreditierenden Äußerungen über die Gläubigerin, die ihr Persönlichkeitsrecht verletzen. So gehört selbstredend kein gerichtliches Aktenzeichen in ein Arbeitszeugnis. Vorliegend wurde der Hinweis auf einen geführten Rechtsstreit sogar im Fettdruck noch besonders herausgestellt. Die weiteren Ausführungen zu einer ‘geschlechterbezogenen’ Beliebtheit der Klägerin sowie angeblichen ‘Schöpferpausen’ und angeblichen Arbeitszeiteinteilungen nach eigenen Anforderungen der Gläubigern diskreditieren die Gläubigerin unangemessen und polemisch und gehören offensichtlich nicht in ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis, ebenso wenig wie die zahlreichen Orthographiefehler.“ [sic]
Da die Überprüfung im Rahmen der Zwangsvollstreckung hinsichtlich einer titulierten Verpflichtung zur Zeugniserteilung bei erhobenem Erfüllungseinwand erfolgte, konnte das Gericht vorliegend nur überprüfen, „ob überhaupt ein Zeugnis erteilt wurde, welches formalen und inhaltlichen Mindestanforderungen genügt. Einen bestimmten Inhalt eines Arbeitszeugnisses kann demgegenüber der Arbeitnehmer regelmäßig nicht im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens erzwingen.“.
Möchte der oder die Arbeitnehmer:in die inhaltliche Richtigkeit und einen ggf. bestehenden Zeugnisberichtigungsanspruch geklärt haben, so müssen Mitarbeitende regelmäßig ein Erkenntnisverfahren führen.
Entscheidung: LAG Köln, Beschl. v. 14.02.2017, Az.: 12 Ta 17/17