Kollidiert eine Taube mit einem Flugzeug, muss der Taubenzüchter gemäß § 833 BGB (Tierhalterhaftung) die Hälfte des entstandenen Schadens tragen. Die andere Hälfte trägt der Flugzeughalter.
Unter einem „Taubenschlag“ versteht man sowohl die gemeinsame Unterbringung mehrerer Tauben in einem Häuschen als auch den Umstand, wenn Tauben in die Turbinen von Flugzeugen geraten und dort meist einen nicht unerheblichen Schaden anrichten. Der eine Taubenschlag bringt dem Taubenzüchter Freude, der andere viel Leid.
So erging es auch einem Taubenzüchter aus Thüringen. Er war traurig, weil seine gezüchteten Brieftauben von einem Flug über Nordrhein-Westfalen nicht zurückkehrten. Noch trauriger wurde er, als eine Rechnung über 21.000 Euro für eine zerstörte Flugzeugturbine bei ihm eintraf…
Taubenschwarm kreuz Cessna
Aber von vorne: Ein Flugzeug vom Typ Cessna kreuzte beim Anflug auf den Flughafen Paderborn einen Schwarm von Brieftauben. Zwar konnte das Flugzeug sicher landen, doch die Taube eines Brieftaubenhalters aus Thüringen geriet in den Lufteinlass einer Turbine des Flugzeuges und beschädigte ihn irreparabel. Wir fragen uns: Wie konnte von der Taube noch genug übrigbleiben, um den Züchter zu identifizieren?!
Der Eigentümer der Cessna nahm den Taubenhalter auf Zahlung der Kosten für das Ersatzteil aus § 833 BGB in Anspruch. Zur Recht, wie das OLG Hamm befand.
Durch die Taube sei ein Schaden zugefügt worden, da sich die spezifische Tiergefahr der Taube in der Beschädigung des Flugzeugs verwirklicht habe. Der Taubenzüchter könne nicht geltend machen, dass es an der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens fehle. Er hatte argumentiert, dass sich die Brieftaube auf einem üblichen, geplanten Überlandflug eines Brieftaubenvereins befunden habe, dem er angehöre. Die Taube sei dabei ihrer natürlichen Wesensart entsprechend in Richtung Heimat geflogen. Das OLG Hamm urteilte jedoch, dass die spezifische Tiergefahr auch dann gegeben sei, wenn ein Tier ein Verkehrshindernis bildet, unabhängig davon, ob das Tier gerade auf die Fahrbahn gelaufen ist oder dort bereits ruhig stand oder lag, als der Unfall passierte. Dies gelte auch für die Taube, die bei ihrem Flug in den Landeanflug des Flugzeuges gerät und damit ein Hindernis darstelle.
Reingeflogen oder angesaugt?
„Dabei dürfte es keine Rolle spielen, ob die Taube unmittelbar in den Lufteinlass der Turbine des Flugzeugs flog oder derart in die Nähe der Maschine geriet, dass sie von der Turbine angesaugt wurde. Auch in diesem Fall ist der Flug der Taube adäquat kausal für den Zusammenprall und bildet die Taube ein Verkehrshindernis auf Grund ihres tierischen Verhaltens.“
Der Beklagte sei Tierhalter der Taube, da er die Bestimmungsmacht über das Tier hat, das als Brieftaube regelmäßig in seinen Schlag zurückkehrte. Nach § 833 S. 2 BGB ist die somit entstandene Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen: selbst wenn man die Taube als Haustier betrachtet, dient sie doch nicht dem Beruf oder Unterhalt oder der Erwerbstätigkeit des Beklagten.
Das Gericht ging dabei von einer beiderseitigen Verantwortlichkeit für den Schaden aus. Für durch das Flugzeug verursachte Schäden hafte die Halterin gemäß § 33 LuftVG; für das Tier ergibt sich eine Haftung des Beklagten aus § 833 S. 1 BGB. Beide hätten vorliegend in gleichem Maße den schädigenden Erfolg bedingt.
Klein, aber oho!
„Die Taube setzte mit der Beschädigung vom Lufteinlass die Funktionstauglichkeit des Flugzeugs außer Kraft; das Flugzeug zerstörte seinerseits die Taube. Dass es weitaus größer, schwerer und schneller als die Taube ist, erhöht im Vergleich zur Taube nicht sein Gefährdungspotential. Denn die deutlich geringere Geschwindigkeit und Masse der Taube verkleinerte nicht die für Flugzeuge von ihr ausgehende Kollisions- und Beschädigungsgefahr; gerade die kleinere Masse der Taube macht ihr Eindringen in die lufteinziehende Turbine wahrscheinlich und kann eine Turbine irreparabel beschädigen, so dass bei Vorhandensein nur einer Turbine ein Absturz des Flugzeugs und der Tod der Insassen möglich ist.“
Dem Halter des Flugzeugs steht deswegen der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 10.500 Euro gegen den Taubenzüchter aus Thüringen zu.
OLG Hamm, Urt. v. 11.2.2004, Az. 13 U 194/03