Beim Einsatz eines Traubenvollernters bei der Weinlese kam es zu einer Kontaminierung der geernteten Trauben mit Dieseltreibstoff, der aus der Erntemaschine austrat. Die Weinbäuerin verlangte für ihre kaputte Traubenlese Schadensersatz aus § 7 Abs. 1 StVG. Erfolgreich?
Der Halter eines Traubenvollernters hatte diesen zur Traubenlese für ein Weingut eingesetzt. Dabei kam es zu der Verunreinigung von 2,5 Tonnen Trauben mit Diesel, weil die Erntemaschine ein Leck in der Dieselleitung hatte. Der Weinbäuerin entstand auf Grund des Ernteausfalls ein Schaden in Höhe von 17.000 Euro. Diesen machte sie vor dem Oberlandesgericht Koblenz aus § 7 Abs. 1 StVG geltend. Das OLG Koblenz bejahte das Tatbestandsmerkmal „bei Betrieb“ und verurteilte den Halter des Traubenvollernters dem Grunde nach.
Nicht “bei Betrieb” der Erntemaschine
Der BGH wies die Klage der Weibäuerin jetzt jedoch ab. Die Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs” verletzt bzw. beschädigt worden ist, läge nicht vor.
Dazu führt der BGH aus: „Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen ist es erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) besteht. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher jedenfalls dann, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat. Eine Verbindung mit dem “Betrieb” als Kraftfahrzeug kann dagegen zu bejahen sein, wenn eine “fahrbare Arbeitsmaschine” gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch nicht losgelöst von dem konkreten Einsatzbereich des Fahrzeugs gesehen werden. Ausschlaggebend ist insoweit nicht das Stehen oder Fahren während der Arbeitsfunktion.“
Wie bei mähendem Traktor auf Feld
Da der Taubenvollernter nur als reine Arbeitsmaschine eingesetzt worden sei, sei eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG zu verneinen. Denn wie ein mähender Traktor auf einem privaten Feld habe die Erntemaschine keine Bedeutung als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine nach § 1 Abs. 2 StVG.
Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass der Traubenernter während er die Trauben von den Rebstöcken löst, an den Rebstöcken entlangfährt, sich also fortbewegt. Denn: „Maßgeblich ist hier, […] dass sich das Unfallgeschehen weder auf einer öffentlichen noch einer privaten Verkehrsfläche, sondern im Weinberg der Klägerin ereignete und die Fortbewegungsfunktion des Traubenvollernters während seines Einsatzes im Weinberg lediglich der Ernte der Trauben diente, seine Arbeitsfunktion also im Vordergrund stand.“
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5/5 Sternen *****
Entscheidung: BGH, Urteil vom 18.07.2023, Az. VI ZR 16/23