Millionen von Zuschauern schalten jeden Freitag zu, wenn Jan Böhmermann in seinem „ZDF Magazin Royale“ Kritik an so ziemlich alles und jedem übt. Im November ging es dabei auch um die Bienen und das Geschäft mit ihnen. Insbesondere kritisiert wurde Imker Rico Heinzig mit seinem Unternehmen „MyHoney“. Dieser lies die Kritik nicht auf sich sitzen und revanchierte sich auf interessant-kreative Weise, die alsbald vor dem Landgericht (LG) Dresden landete.
Vom Fernsehen in den Gerichtssaal
Gegenstand der im November im ZDF gezeigten Sendung „Biene gegen Borkenkäfer“ war das Geschäft mit Bienen bzw. deren Völkern. Analog zum „Greenwashing“, kritisierte Böhmermann, dass sich Firmen ein umweltfreundliches Außenbild gäben und nannte das ganze dann „Beewashing“. Explizit nannte er auch Heinzig’s Unternehmen „MyHoney“ und zeigte auch dessen Bild.
Das Geschäftsmodell von „MyHoney“ ist es, Bienenpatenschaften zu vermarkten und so Bienenvölker in ganz Deutschland anzusiedeln. Darüber hinaus verkauft die Meißener Imkerei auch selbst verschiedene Honigarten. Das Unternehmen betreibt derzeit etwa 200 Bienenvölker und Bienenpatenschaften.
Ausgelöst durch die doch recht offensive Kritik des Satirikers, hatten Heinzig und MyHoney einen „Böhmermann-Honig“ in ihr Sortiment aufgenommen, entsprechend beworben und in einem lokalen Supermarkt aufhängen lassen. Auf der Website des Unternehmens fand sich dann die Werbezeile „Der Honig zur ZDF Magazin Royale Sendung – auf Wunsch mit eurem Firmenbranding“. Als Werbeplakat gestaltete Heinzig eine Collage, in der Jan Böhmermann auf ein Glas des oben beschriebenen Honigs zeigte. Darüber war „Führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt“ zu lesen, was eine direkte Anspielung auf die Sendung war. Das von Böhmermann verwendete Bild war ein Ausschnitt aus der November-Sendung.
Was darf Satire?
Mit seinem Unterlassungsantrag wandte sich Böhmermann sowohl gegen die Werbeaktion mittels des Plakats als auch gegen die Bezeichnung des Honigs als „Böhmermann-Honig“. Abzuwägen ist hierbei zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Satirikers und der Meinungs- und Kunstfreiheit des Imkers. Auch wenn zu dieser Frage schon ganze Bücher mit Entscheidungen gefüllt werden können, so ist diese Fallkonstellation einzigartig: Heinzig hatte auf Böhmermann’s „Investigativsatire“ nämlich selbst mit Satire geantwortet, die zugleich aber auch Werbezwecke verfolgt.
Folgt man der Auffassung von Böhmermann und seinem Anwalt, so macht sich Heinzig den Ruf des Satirikers zu Nutze und stellt eine Namensanmaßung dar, die gemäß § 12 BGB einen Unterlassungsanspruch begründen kann. Die Verwendung von Böhmermanns Bild kann hingegen Abwehransprüche nach §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 1 BGB nach sich ziehen. Kunden, die die entsprechende Sendung nicht gesehen hätten, könnten nicht erkennen, dass es sich hierbei um Satire seitens der Imkerei handele.
Jedoch geht, laut Hinzig’s Anwalt, aus der Werbung klar hervor, dass hier satirischer Bezug zur Böhmermann-Sendung besteht. Zudem war auf dem betreffenden Honig auch ein QR-Code zu finden, der über die Imkerei-Homepage zur entsprechenden Sendung führte. Zumal es in Deutschland auch sicherlich wenige Menschen gibt, die Böhmermann nicht als Satiriker erkennen, war er doch schon häufig Gegenstand der tieferen Berichterstattung auf nationaler und internationaler Ebene (Stichwort: Schmähkritik).
Ausgang ungewiss
So viel vielleicht auch vorab: Böhmermann scheiterte mit seinem Unterlassungsantrag. Das LG Dresden ließ in einer Pressemitteilung verlauten, dass der Imkerei „das geschützte Recht der freien Meinungsäußerung zusteht und sie damit das Informationsinteresse der Allgemeinheit bedient hat“.
In Bezug auf die Verwendung von Böhmermanns Bild, verwies das Gericht auf zudem auf § 23 Abs. 1 Nr. Kunsturhebergesetz (KUG), welches eine Ausnahme vom Recht am eigenen Bild für Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte macht. Das ist bei einer Fernsehsendung der Fall.
Problematisch bleibt aber weiterhin der Kontext der Verwendung: Ebenso zweifellos, wie die Ausnahme aus KUG besteht, ist es auch unstreitig, dass die von Heinzig betriebene Werbeaktion auch einen wirtschaftlichen Hintergrund hat.
Dieser Streit wird im Eilverfahren deswegen definitiv bis zum OLG gehen – Böhmermanns Anwalt hat bereits angekündigt, Berufung einzulegen. In der Frage, ob und wie sich ein von (Investigativ-)Satire Kritisierter mittels werbender Gegensatire revanchieren kann und darf, käme es dann aber auf das Hauptsacheverfahren an. Aus juristischer Sicht ist der Sachverhalt durchaus interessant, denn beide Meinungen lassen sich gut hören. Bis zur endgültigen Entscheidung kann man auf die Frage „Was hat Vorrang? Werbung oder Satire?“ wohl nur mit einem eindeutig-mehrdeutigen „Kommt drauf an!“ antworten!
Entscheidung: LG Dresden, Urt. v. 08.02.2024, Az. EV 3 O 2529/23t