Eine Richterin, die seit 41 Jahren reitet, hat nicht die ausreichende Sachkunde, um einen Streit um den Bau einer Reithalle entscheiden zu können. Das urteile das OLG Celle.
Vor dem Landgericht Hannover stritten die Parteien über einen Werklohnanspruch für den Bau einer Reitanlage. Es ging unter anderem darum, ob der Reitplatz wegen einer unzureichenden Qualität des Reitsandes mangelhaft war. Das ist für die Verweigerung der Abnahme des Werkes nach § 640 BGB entscheidend.
Eine Kammervorsitzende am LG Hannover freute sich vermutlich über den Sachverhalt, denn die Richterin reitet seit 41 Jahren selbst leidenschaftlich. Deswegen war sie auch der Meinung, dass sie über ausreichende Erfahrung verfüge, um den Streit ohne einen Sachverständigen zu entscheiden. Erfahrene Reiter:innen wissen nämlich, wie wichtig guter Reitsand ist, um das Verletzunsgrisiko zu minimieren. Die Richterin beritt den streitgegenständlichen Platz deswegen kurzerhand selbst mit ihrem eigenen Pferd namens Hippie. Ihr Fazit: Der Reitplatz weise keine Mängel auf.
Ritt in die Berufung
Das Problem: Der Sachverständige kam zu einem gegenteiligen Ergebnis. Der Reitsand sei mangelhaft. Dieses Gutachten ignorierte die Richterin in ihrer Entscheidung jedoch. Sie gab der Werklohnforderung überwiegend statt. Dagegen ging die unterlegene Partei in Berufung.
Das OLG Celle folgte der reitbegeisterten Richterin nicht. Ihre Sachkunde im Hinblick auf den Bau eines Reitplatzes sei – anders als möglicherweise für das Reiten von Pferden – in keiner Weise ersichtlich. Wer seit 41 Jahren reitet, hat nicht automatisch Sachverstand für den Bau von Reitplätzen. Das sei aber erforderlich, wenn die Richterin von dem Sachverständigengutachten abweichen wolle.
Im Ergebnis schloss sich das OLG Celle deswegen dem gerichtlich bestellten Sachverständigen an und wies die Klage ab.
Entscheidung: OLG Celle, Urt. v. 06.03.2024, Az. 14 U 81/23