„Pablo Escobar“ darf keine Marke sein

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“Weil die Marke „Pablo Escobar“ gegen die guten Sitten und die öffentliche Ordnung verstößt, kann sie nicht als Unionsmarke eingetragen werden. Die relevanten Verkehrskreise würden den Namen mit Drogenhandel und -terrorismus in Verbindung bringen”, so das Gericht der EU.

Egal ob durch die bekannte Netflixserie Narcos, zahlreiche Dokus über sich wild vermehrende Flusspferde oder als Namensgeber eines Flughafens in Grand Theft Auto: Vice City – Pablo Escobar ist den Meisten ein Begriff. Der ehemalige Chef des kolumbianischen Kartells Medellín war bis zu seinem Tod während einer Razzia 1993 einer der mächtigsten Drogenbosse. Den Bekanntheitsgrad dieses Namens möchte die Gesellschaft Pablo Escobar Inc. aus den USA für ein diverses Angebot nutzen. Sie beantragte daher die Eintragung der Marke in das Markenregister der Europäischen Union. Beantragt wurde die Nutzung der Marke „Pablo Escobar“ für Nutzungsklassen, die unter anderem nichtmedizinische Kosmetik, Babynahrung, Musikinstrumente, Sexspielzeuge, aber auch Waffen und Feuerwerk enthalten.

Krimineller oder Wohltäter?

Das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) lehnte die Eintragung ab. Die Behörde begründete die Ablehnung mit einem Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten (Rn. 4). Gem. Artikel 7 lit. f der Verordnung 2017/1001 über die Unionsmarke liegt bei einem solchen Verstoß ein absolutes Eintragungshindernis vor.

Die Schwammigkeit dieser Begriffe ist jedem Juristen bekannt – so wird unter anderem im Polizei- und Ordnungsrecht sogar die Verfassungsmäßigkeit des Tatbestandsmerkmals „öffentliche Ordnung“ diskutiert. Genau so begründete auch die Pablo Escobar-Gesellschaft ihre Klage vor dem EuGH: Es mangele an einer Definition der Tatbestandsmerkmale. Die EU sei zu divers, um klar festzustellen, was ein Großteil der Bevölkerung als „gute Sitten“ wahrnehme (Rn. 12). Außerdem würde allein die Kriminalität einer Person nicht direkt gegen die guten Sitten verstoßen. Pablo Escobar habe viel Gutes für Arme in Kolumbien getan und sei zu einer Art „Robin Hood“ geworden.

Auch andere berühmt-berüchtigte Straftäter seien als EU-Marken eingetragen, zum Beispiel Bonnie und Clyde oder Al Capone (Rn. 15). Das Gericht urteilte jedoch, dass das Abstellen auf Spanier sinnvoll sei, weil diese sich aufgrund der vielfältigen Verflechtungen mit Kolumbien am besten mit Pablo Escobar auskennen würden (Rn. 19). Als Maßstab dienen die durchschnittliche Empfindlichkeit und Toleranz vernünftiger Spanier, die sich auf die u.a. in Art. 2 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Werte stützen. Diese Referenzgruppe würde den Namen Pablo Escobar nun einmal eher mit Drogenhandel und Drogenterrorismus in Verbindung bringen als mit wohltätigen Taten. Durch die Eintragung der Marke würden zudem die Opfer des Drogenkartells verhöhnt (Rn. 22).

Kein Verstoß gegen Unschuldsvermutung

Die Escobar-Gesellschaft hat auch eingewendet, dass durch eine Nichteintragung der Marke die Unschuldsvermutung aus Art. 48 der Grundrechtecharta verletzt würde (Rn. 39). Pablo Escobar wurde nie für seine Verbrechen verurteilt. Ihn jetzt als Verbrecher abzustempeln und deswegen die Marke nicht einzutragen, wäre nicht im Einklang mit dem Grundsatz, dass jeder bis zu seiner Verurteilung als unschuldig gilt. Tatsächlich starb Escobar vor seiner Verhaftung bei einer Razzia. Er selbst sagte einmal: „Ich liege lieber in einem Grab in Kolumbien als in einer Gefängniszelle in den Vereinigten Staaten.“

Durch die Verweigerung der Eintragung einer Marke wird er aber nicht posthum schuldig gesprochen. Die Behörde stützt sich ja gerade nicht auf die tatsächliche Kriminalität des Drogenbosses, sondern auf die Wahrnehmung seiner Person (Rn. 46). Ob er also die Verbrechen wirklich begangen hat, ist bei der Eintragung einer Marke egal.

Gegen das Urteil des Gerichts der EU kann die Pablo Escobar Inc. noch Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof einlegen. Ob sie das tun, ist noch unklar. Aber vielleicht lassen sie sich bei der doch klar scheinenden Rechtslage ja von einem Zitat ihres Namensgebers beeinflussen: „Es gibt eine Zeit zu kämpfen und eine Zeit schlau zu sein.“

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Fiene Kohn
Fiene Kohn
Rechtsreferendarin und Lehrbeauftragte in Hannover.

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