Rezension: “Klartext” von Arafat Abou-Chaker

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Am 16.04.2024 erschien das Hiphop Crime Buch „Klartext“ von Arafat Abou-Chaker. Es ist ein Hardcover Coffee Table Buch bestehend – vor allem auch juristisch interessant – aus einer Verdachtsberichterstattung u.a. zu Versicherungsbetrügen seitens Bushido und seiner Ehefrau Anna-Maria Ferchichi. Recherchiert vom Co-Autor Dhul-Fiqar Gabriel und einer Klarstellung von Arafat Abou-Chaker zu diesen strafrechtlich brisanten Themen.

Der Hintergrund: Bushido alias Anis Ferchichi und sein Ex-Manager Arafat Abou-Chaker waren lange unzertrennlich – bis es zum Bruch kam und das Ganze vor Gericht endete. Die Staatsanwaltschaft warf Arafat Abou-Chaker vor, er habe Bushido zur Zahlung von Millionenbeträgen erpressen wollen. Von diesen Vorwürfen sprach ihn das Landgericht Berlin I frei. Übrig geblieben ist eine Strafbarkeit wegen unerlaubter Tonbandaufnahmen in 13 Fällen. Arafat Abou-Chaker muss deswegen eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 900 Euro zahlen (Urt. v. 05.02.2024, Az. 538 KLs 17/19).

Rezensionen

Ist das gerecht?

Als Juristin fragte ich mich schon während des Strafprozesses, ob es gerecht ist, das Privatleben zweier ehemaliger, enger Partner so zu sezieren, da die persönliche Wahrheit sich von der juristischen Wahrheit abermals unterscheiden kann. Es gibt ein türkisches Sprichwort, was ins Deutsche übersetzt lautet: „Zuerst schaue ich auf das Wort, das gesprochen wird, dann schaue ich auf den Aussagenden, ob es sich um eine Person mit Anstand handelt.“ Wenn diese einfache Logik schon vorgerichtlich bei den Aussagen von Bushido berücksichtigt worden wäre, hätte der Prozess womöglich erst gar nicht stattgefunden. Der Prozess hat die Staatskasse letztendlich 2,4 Millionen Euro gekostet!

114 Gerichtstage über dreieinhalb Jahre öffentlich ins falsche Licht gerückt worden zu sein, ist unangenehm. Dazu gibt es ebenfalls ein türkisches Sprichwort: „Ein Verrückter warf einen Stein in den Brunnen, aber vierzig kluge Männer konnten ihn nicht herausholen.“ Umso mehr ist es soziologisch und menschlich verständlich, mit solch einem Buch vielleicht auch aufräumen zu wollen. Zudem die Presse um seine Person, die bisweilen eher von Identitarismus (hier der Halbdeutsche Bushido, dort der Araber Arafat), Konformismus und Effekthascherei durch oberflächliche Moralspektakel durchzogen ist. Dem Anspruch neben den Gerichten als ein epistemisches Sicherheitssystem zu agieren, genügt sie damit fatalerweise nicht. Arafat Abou-Chaker hat das Bedürfnis, zu erzählen, wer er denn überhaupt ist und was er nie war. Von seiner Kindheit und Schulzeit in Neukölln bis zur Ausbildung als Kfz-Mechaniker wird berichtet; eine Art ernüchternde Selbstentdramatisierung.

Gangster-Rapper Image geht nach hinten los

Wie Arafat Abou-Chakers Aura Bushido zum Gangster Rapper Image verhalf, wie beide Millionäre wurden und wie sich die künstlich von beiden erzeugte Marketingstrategie am Ende gegen ihn richtete. Das Justizdrama um diese beiden Protagonisten wird uns Juristen noch lange beschäftigen, denn etliche Zivilverfahren sind noch nicht abgeschlossen.

Bestenfalls dient das Buch und der vorangegangene Strafprozess als Ermahnungen für Juristen und Polizisten, dass gesunder Menschenverstand, Logik und Psychologie bei den Ermittlungen nicht vernachlässigt werden dürfen. Es gibt im Leben nicht nur zwei Seiten der Medaille, sondern gerade für uns Juristen sogar mindestens vier – wenn nicht sogar mehr. Arafat spricht in einer Stelle im Buch schon fast väterlich, als er sagt, dass er mit seinen Brüdern wahrscheinlich das spannendste Umfeld von Bushido war, er sich vielleicht auch deshalb mit Dokus und Podcasts so in ihm festgebissen hat. Die Kapitalisierung seiner Identität ist bei Bushido weiterhin in vollem Gange. Und Arafat Abou-Chaker dient ihm als Steckenpferd dabei. Das ist letztlich kafkaesk.

Man merkt auf jeden Fall: dieser Streit hätte auch außergerichtlich beigelegt werden können. Dazu war es mit dem Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden dann aber zu spät. „Geld ist nicht alles“, mag man Bushido gerne zurufen wollen. Ein juristisch aufschlussreiches Buch ist es allemal.

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