Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm urteilte im Fall einer Volljuristin, die jahrelang unter prekären Bedingungen als Yoga-Priesterin arbeitete. Die Frau erhält demnach für ihre Tätigkeit zumindest den Mindestlohn.
Wie kam es zu dieser kuriosen Konstellation? Im kleinen Ort Bad Meinberg (NRW) gibt es das Yoga-Zentrum “Yoga Vidya“. Hinter dem gemeinnützigen Verein verbirgt sich eine religiöse Gesellschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, auch in Deutschland die „Yoga-Lehren“ zu verbreiten. Dazu betreibt der Verein einen Campus mit über 1.000 Betten und mehr als 40 Seminarräumen. Der Plan: Gestresste Städter:innen können hier die Seele baumeln lassen, an Seminaren teilnehmen und Yoga praktizieren.
Ist eine Yoga-Priesterin Arbeitnehmerin?
Für einige waren die Lehren so überzeugend, das sie blieben. Darunter auch die Frau mit den zwei juristischen Staatsexamina. Für wöchentlich 42 Arbeitsstunden erhielt die Volljuristin aber nur ein „Taschengeld“ zwischen 360 und 430 Euro. Dafür plante die Frau den Yoga-Unterricht und verschiedene Seminare und erstellte Social Media Inhalte für den Verein. Yoga Vidya übernahm die Kosten für Kranken- und Altersversicherung und stellte Unterkunft und Verpflegung.
Doch irgendwann wurde es der Volljuristin und einigen ihrer Kolleg:innen zu bunt. Sie verlangten für ihre Tätigkeit den Mindestlohn. Diesen klagten sie gerichtlich sein. Mit Erfolg. Das LAG Hamm bestätigte den Arbeitnehmerstatus der Frau. Sie bekommt für ihre dreieinhalbjährige Tätigkeit Mindestlohn von rund 42.000 Euro nachgezahlt.
Schon das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte entschieden, dass es sich bei der Yoga-Priesterin um eine Arbeitnehmerin handele und deswegen § 611 a ff. BGB anwendbar seien. Ein Arbeitsvertrag, der die Weisungsgebundenheit und persönliche Abhängigkeit einer Person gegenüber dem Arbeitgeber voraussetze, sei hier gegeben. Eine Ausnahme läge nicht vor. Keine Arbeitnehmereigenschaft sei nämlich gegeben, wenn es sich um eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft handele, wie etwa bei Mönchen oder Nonnen. Das sei hier aber nicht der Fall. Yoga Vidya weise kein hinreichendes Maß an religiöser Systembildung und Weltdeutung auf.
LAG Hamm, Urt. v. 14.05.2024, Az. 6 Sa 1128/23