Seit Jahrzehnten wird über eine Reform des Jurastudiums und des Rechtsreferendariats diskutiert. Nachdem es in den letzten Monaten viele gute Initiativen und Reformvorschläge zur juristischen Ausbildung gegeben hat, ist der Beschluss der Justizministerkonferenz (JuMiKo), dass man keinen Reformbedarf sehe, ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen.
Erst Anfang des Jahres wurde das „Hamburger-Protokoll“ veröffentlicht. In diesem sprechen sich erstmals Teilnehmende von rund 15 Jurafakultäten sowie weitere Interessenvertretungen für vier konkrete Reformvorschläge aus. Diese gehen unter anderem zurück auf die iur.reform-Studie aus dem Jahr 2013, an der rund 12.000 Studierende, Referendar:innen, Ausbilder:innen, Professor:innen und Praktiker:innen teilnahmen. Auch aus Umfragen der Bundesfachschaft Jura ergibt sich immer wieder, dass der Druck und der Stress in der juristischen Ausbildung zu groß sind. Gleichzeitig ergab eine Studie an der LMU München, bei der 230 Juraklausuren untersucht wurden, dass es bei der Benotung der Klausuren zu bedenklichen Notendifferenzen käme – sieht so eine qualitativ hochwertige und faire juristische Ausbildung aus?
“Ein grundlegender Reformbedarf besteht nicht”
Noch nie war der Konsens, dass das Jurastudium und das Rechtsreferendariat dringend reformbedürftig sind, so groß. Leider scheinen das die Akteur:innen, die jetzt am Zug sind, als einzige nicht einzusehen. Unsere Politiker:innen – allen voran die Landesjustizministerien und die ihnen unterstellten Justizprüfungsämter – tun weiterhin so, als gäbe es nicht einmal ein Problem. Viele fragen sich, wie man derart kurzsichtig die Augen vor der Wahrheit verschließen kann? Selbst wenn einem das Wohlbefinden angehender Jurist:innen egal ist, sollte man doch zumindest den Rechtsstaat und die Justiz als Ganzes im Blick behalten. Und die ächzen bereits jetzt unter der Mehrbelastung, die unter anderem die Pensionierungswelle mit sich bringt. Doch der Fachkräftemangel ist hausgemacht – denn die Berichterstatter:innen der Justizministerkonferenz wollen nichts ändern.
Am 5. und 6. Juni tagte die JuMiKo in Hannover. Die Bundesfachschaft Jura und das Bündnis zu einer Reform der juristischen Ausbildung hatten zu einer Demonstration vor dem Veranstaltungsort aufgerufen. Dabei handelte es sich bereits um die dritte Protestbewegung der angehenden Jurist:innen. Die beiden ersten Demonstrationen fanden im letzten Jahr vor der JuMiKo in Berlin statt.
Im Rahmen der JuMiKo in Hannover berichtete jetzt der “Koordinierungsausschuss zur Angleichung und Harmonisierung der Juristenausbildung (KOA)” über die Ergebnisse seiner Untersuchungen zur Zukunft der juristischen Ausbildung. Ein trauriger Satz genügt, um das Ergebnis dieser “Untersuchung” zusammenzufassen “Die Justizministerinnen und Justizminister […] sind sich einig, dass grundlegender Reformbedarf nicht besteht.”
Die juristische Ausbildung ist seit mehr als 100 Jahren nicht grundlegend verändert worden – so soll es auch bleiben. Zumindest, wenn es nach den Landesjusizminister:innen geht. Eine Schande.
Inzwischen ist der Bericht des Ausschusses der Konferenz der Justizministerinnen und Justizministerzur Koordinierung der Juristenausbildung zum Thema (kein Scherz) online.