Die Angst vor dem Durchfallen ist im Jurastudium groß. Der Druck ist immens. Viele kennen diese Angst und den Stress. Doch was macht man, wenn der Tag X wirklich eintritt und die Botschaft des endgültigen nicht Bestehens tatsächlich den Weg zu einem findet?
Studierende, denen das passiert, dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Im ersten Moment fühlt es sich wie der Weltuntergang an und das ist okay. Ihr dürft traurig sein, wütend und enttäuscht. Aber und das ist ganz wichtig: Ihr seid erstens nicht allein, zweitens gibt es andere Möglichkeiten und drittens habt Ihr verdammt nochmal eine Menge Wissen angehäuft und viel geleistet. Darauf dürft ihr zu Recht stolz sein. Aus diesen Gründen solltet Ihr Euch klar darüber sein, dass diese Leistungen für Euren “Plan B” auch entsprechend honoriert werden müssen und Ihr Euch nicht mit einem Minimum zufriedengeben müsst.
Das könnte Dich auch interessieren: Das Jurastudium an der FernUni in Hagen (Erfahrungsbericht)
Die Alternative: Der Jura Bachelor
Die bekannteste Form des “Plan B” ist der Jura Bachelor. Aber wie genau läuft die Anerkennung[1] der bisherigen Leistungen ab? Und wie findet Ihr Euren Weg dahin?
Zum ersten ist die Anerkennung von Einrichtung zu Einrichtung verschieden. Deshalb beziehen sich die hier genannten Informationen auf die Anerkennung der Leistungen für die Fernuni Hagen, sind aber womöglich für andere Einrichtungen ebenso anwendbar.
Es gibt die Möglichkeit einer rechtlich unverbindlichen Anerkennungsauskunft[2]. Diese ist auf den ersten Blick unübersichtlich und verwirrend. Nimmt man sich aber den Modulkatalog der Fernuni Hagen zur Hand und liest sich die Modulbeschreibungen[3] für die einzelnen Fächer durch, wird schnell klar, es ist kein Teufelswerk.
Es wird erwartet, dass die Antragssteller:innen für jedes Modul, das sie anerkannt haben möchten, einen entsprechenden Nachweis erbringen müssen. Dieser Nachweis kann aus bestanden Examensklausuren, Übungen, Arbeitsgemeinschaften, Zwischenprüfungen oder Seminaren bestehen. Alle offiziellen Dokumente Eurer Hochschule in beglaubigter Form. Beim Eintragen in die Liste müsst Ihr nicht eins zu eins die Vorlesungen benennen. Es reicht, wenn Ihr die “Form” angebt, also z.B. “Zwischenprüfung” oder “große/kleine Übung”. Diese könnt Ihr selbstverständlich auch für mehrere Module angeben. Geht unbedingt auch den Wahlmodulkatalog durch. Dort findet Ihr möglicherweise ebenfalls Module, die für die Anrechnung geeignet sind. Insbesondere findet sich dort u.a. das Verwaltungsrecht Besonderer Teil. Ein Rechtsgebiet, das alle Examensksndidat:innen an einer Präsenzuni vor der Zulassung zum Examen auf jeden Fall gehört haben.
Die Angabe der für das Modul erhaltenen Credit Points füllt ihr entsprechend aus, wenn Eure Hochschule Euch dafür solche gegeben hat. Ansonsten reicht der kurze Hinweis, dass Ihr nicht im Bachelor-System studiert habt, sondern auf Staatsexamen. Dies reicht im Normalfall. Dann weiß die FernUni, dass Ihr keine Credit Points, sondern lediglich “Scheine” bzw. “Punkte” für Eure Leistungen erhalten habt.
Viele Leistungen werden anerkannt
Neben den Nachweisen müsst Ihr unbedingt noch die Auszüge der Prüfungsordnungen Eurer ehemaligen Uni beilegen. So weiß die Fernuni, welche Rechtsgebiete Teil der Zwischenprüfungen und der Examensvorbereitung waren. Falls Ihr Euren Schwerpunkt bereits in der Tasche habt, legt unbedingt auch eine Beschreibung des Schwerpunktes bei und welche Vorlesungen von diesem erfasst sind. Es macht die Prüfung durch die Fernuni sehr viel leichter und damit auch die Chance auf eine Anerkennung.
Für längere Dokumente wie z.B. Eure bestanden Examensklausuren, könnt Ihr zusätzlich zu dem schriftlichen Antrag noch eine E-Mail mit weiteren Erklärungen schreiben. Diese wird in Verbindung mit dem schriftlichen Antrag geprüft.
Habt ihr alle Unterlagen zusammen, schickt Ihr Euren Antrag ab. Dann heißt es warten. Das kann quälend lang sein. Lenkt Euch in dieser Zeit ab. Macht Sachen, die Euch guttun oder trauert, wenn Ihr das noch nicht getan habt. Alles ist erlaubt, was die Situation für Euch besser macht. Und ja, es ist ein Trauerprozess. Ihr habt etwas verloren. Da ist es natürlich und okay zu weinen, zu schreien und sich schlecht zu fühlen. Das ist Teil der Heilung. Verwehrt Euch diese nicht.
Je nachdem zu welcher Zeit Ihr den Vorantrag losgeschickt habt, kann es bis zu sechs Wochen dauern (eventuell auch länger) bis Ihr eine Rückmeldung erhaltet. Ihr bekommt sämtliche Unterlagen zurück, inklusive eines Vorblattes auf dem Euch eine Liste erwartet mit den Modulen, die aller Voraussicht nach anerkannt werden und eine weitere Liste, welche Module Euch leider nicht anerkannt werden.
Seid Ihr mit der Anzahl zufrieden? Gut. Dann geht’s an die Einschreibung. Seid Ihr mit der Menge unzufrieden? Auch gut. Ihr könnt versuchen, Euch noch weitere Leistungen anerkennen zu lassen. Dafür könnt Ihr auch anwaltliche Hilfe zu Rate ziehen. Aber Achtung: der Spaß kann teuer werden. Ihr habt aber durchaus die Möglichkeit, Euch mehr anerkennen zu lassen, indem Ihr weitere Nachweise erbringt. Habt Ihr vorher vergessen, einige Dokumente mit einzureichen? Reicht sie nach. Noch habt Ihr alle Möglichkeiten.
Die Einschreibung und tatsächliche Anerkennung
Wie eine Einschreibung an der Hochschule funktioniert, wisst Ihr alle. Ihr habt das alles ja bereits einmal hinter euch. Die Besonderheit bei der Fernuni ist, dass Ihr Euren Campus-Standort wählen könnt. Der wird insbesondere bei Präsenzprüfungen relevant. Eine weitere Besonderheit ist, dass Ihr Eure Wunschmodule für das kommende Semester direkt angeben müsst. Da Ihr aber ja bereits wisst, welche Module Ihr noch machen müsst und den Modulkatalog im besten Fall neben Euch liegen habt, wird auch das kein Problem sein. Ansonsten alles wie gewohnt. Die Fernuni hat vor allem noch den Vorteil, dass es keinen NC gibt. Also habt Ihr sogar eine Studienplatzgarantie. Die Frage, ob Ihr also einen Studienplatz erhaltet, stellt sich erst gar nicht, sondern nur die Frage, wann Ihr Eure Unterlagen bekommt.
Sobald Ihr Eure Einschreibungsunterlagen, insbesondere die Matrikelnummer, erhalten habt, geht es an die wirkliche Anerkennung. Ihr müsst jetzt wieder den gleichen Antrag[4] ausfüllen. Allerdings müsst Ihr nicht nochmal alle Unterlagen mitschicken. Es reicht eine Kopie des Schreibens mit der voraussichtlichen Anerkennung und eben dem Antrag selbst. Alle Leistungen, die dort aufgeführt sind, werden Euch anerkannt.
Auch jetzt heißt es wieder warten, bis die offizielle Anerkennung bei Euch schriftlich vorliegt, aber Ihr habt den Vorteil, dass Ihr ja bereits wisst, was anerkannt wird. Bis diese offizielle Anerkennung dann im System vermerkt ist, dauert es ein wenig. Aber es kommt. Also keine Panik. Ihr merkt: Ein wenig Organisation und gute Vorbereitung und die Anerkennung ist kein Hexenwerk.
Das könnte Dich auch interessieren: Mental Health im Jurastudium – der richtige Umgang mit Stresssituationen (Erfahrungsbericht)
Das Studium an der Fernuni
Das Studium ist anders. Anders als Ihr es bisher kennt. Aber nur in der Ausführung, nicht im Stoff. Es ist am Anfang verwirrend und ein wenig unübersichtlich. Aber Ihr werdet Euren Weg finden.
Ihr könnt frei wählen, ob Ihr das Studium in Teilzeit oder Vollzeit fortsetzen wollt. Je nachdem könnt Ihr innerhalb weniger Semester einen Bachelor-Abschluss vorzeigen. Die Vorlesungen finden alle digital statt und werden auch aufgezeichnet, sodass Ihr immer die Möglichkeit habt, diese nachzuarbeiten. Ihr bekommt Skripte, Altklausuren und Hinweise an die Hand, welche Euch helfen, die Module gut zu bestehen.
Zu Anfang wird oft vom sogenannten Studienbrief erzählt und geschrieben. Dieser beinhaltet die Skripte zu jedem Modul. Ihr bekommt diese sowohl digital als auch (teilweise) analog zur Verfügung gestellt. Darin stehen zu Beginn auch Literaturhinweise und anderes für die Vorlesung und Prüfung Relevante. Also gut lesen.
Je nach Modul kann es auch nötig sein, eine Einsendearbeit abzugeben. Diese ist eine Art der Vorklausur oder eine abgespeckte Hausarbeit. Das Bestehen einer dieser Arbeiten ist zwingende Voraussetzung für die Zulassung zur Abschlussprüfung. Also nicht vergessen und auf dem Schirm haben.
Es ist wie ihr merkt, machbar. “Plan B” ist kein Teufelszeug oder ein Weltuntergang. Und Ihr könnt auch ohne Anwaltstitel etwas erreichen. Nach dem Studium ist vor dem Studium und definitiv ist das endgültige Durchfallen durch das Staatsexamen nicht das Ende der Welt.
Seid stolz auf Euch und geht mit erhobenen Haupt aus der Schlacht. Es ist nicht alles vorbei.
Ihr findet meinen weiteren Weg auf Instagram unter: Jura_Plan_B
Das könnte Dich auch interessieren: Prüfungsanfechtung im Juraexamen – wie geht das eigentlich?
Weiterführende Links:
Anerkennung: https://www.fernuni-hagen.de/rewi/studium/bachelor/anerkennungen.shtml
Vorantrag: https://www.fernuni-hagen.de/rewi/docs/antraege/2023-12-01_antrag_auf_auskunft_llb_formular.pdf
Modulkatalog: https://www.fernuni-hagen.de/rewi/docs/module/modulhandbuch_llb_sose2024_stand_2024-03-19.pdf
Endgültiger Antrag: https://www.fernuni-hagen.de/rewi/docs/antraege/2023-12-01_antrag_auf_anerkennung_llb_formular.pdf
[1] https://www.fernuni-hagen.de/rewi/studium/bachelor/anerkennungen.shtml
[2] https://www.fernuni-hagen.de/rewi/docs/antraege/2023-12-01_antrag_auf_auskunft_llb_formular.pdf
[3] https://www.fernuni-hagen.de/rewi/docs/module/modulhandbuch_llb_sose2024_stand_2024-03-19.pdf
[4] https://www.fernuni-hagen.de/rewi/docs/antraege/2023-12-01_antrag_auf_anerkennung_llb_formular.pdf