Der Mörder ist immer der Autor!

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Vor einem Jahr starb die berühmte Krimiautorin Anne Perry mit 84 Jahren. Erst durch die – in den Medien weit verbreiteten Nachrufe – wurden viele Krimifans darauf aufmerksam, dass ihre Lieblingsautorin gleichzeitig auch eine verurteilte Mörderin war. Doch Perry ist nicht die einzige Schriftstellerin, die ein dunkles Geheimnis verbirgt. Erstaunliche viele Autor:innen waren auch selbst an Tötungsdelikten beteiligt. Einige von ihnen stellen wir hier vor.

Anne Perry hatte ihr blutiges Geheimnis ein halbes Leben lang mit sich herumgetragen. Die 1938 unter dem Namen Juliet Hulmes in London geborene Autorin, hatte 1954 gemeinsam mit ihrer Schulfreundin deren Mutter erschlagen. 20 Schläge mit schweren Ziegelsteinen bedurfte es, bis die Frau tot war. Das Motiv der beiden Mädchen war banal. Die Mutter hatte ihrer Tochter nicht erlaubt, mit Juliet nach Südafrika zu gehen, wohin deren Vater nach der Scheidung ziehen wollte.

Juliet Hulmes hatte den zweiten Weltkrieg noch in England erlebt. Nach dem Krieg wird ihr Vater zum Rektor des Canterbury University College an der University of New Zealand berufen. Die Familie zieht nach Christchurch, wo sich Juliet mit der gleichaltrigen Pauline Parker anfreundet. Eine schicksalhafte Begegnung.

Anne Perry: Geläuterte Mörderin wird Schriftstellerin

Doch trotz der grausigen Tatumstände und des belanglosen Motivs haben die beiden 15-Jährigen Glück im Unglück. Als Erwachsenen hätte ihnen wegen des Mordes an Paulines Mutter die Todesstrafe gedroht. Als Jugendliche werden sie lediglich für je fünf Jahre ins Gefängnis gesteckt. Als 20-Jährige wird Juliet entlassen und lebt eine Zeit lang als Mormonin in den USA, später arbeitet sie als Stewardess und lässt sich schließlich in Schottland nieder. Sie nimmt den neuen Namen ihrer Mutter an und wird zu Anne Perry. Ihre frühere Identität und die Tat hält sie von nun an geheim.

Anne Perry beginnt zu schreiben und landet in den 1970er Jahren ihren Durchbruch als Krimischriftstellerin. Ihre Bücher spielen häufig im viktorianischen England des 19. Jahrhunderts. Der von ihr erdachte Inspektor Pitt hatte 1979 in “Der Würger von der Cater Street” seinen ersten Auftritt – und wird zur Hauptfigur von Perrys Geschichten. Zehn Jahre später wird ihr Privatdetektiv William Monk ein weiterer Hit bei Krimifans auf der ganzen Welt. Perrys Bücher haben sich bis heute über 25 Millionen Mal verkauft.

Als Mörderin wurde Perry 1994 durch den Film „Heavenly Creatures“ von Regisseur Peter Jackson geoutet. Die Rolle der Juliet Hulme spielt die spätere Oscar-Preisträgerin Kate Winslet. Perry fürchtet um ihre Existenz. Doch stattdessen passiert Erstaunliches: Ihre Freund:innen hielten zu ihr. Und auch ihrer Karriere als Schriftstellerin schadete ihr dunkles Geheimnis, das nun ans Licht gekommen war, nicht. Über 100 Bücher verfasste Perry bis zu ihrem Tod im April 2023.

Nancy Crampton Brophy: „Wie man seinen Ehemann umbringt”

Im Gegensatz zu Perrys Werdegang als Krimiautorin ist die Karriere von Nancy Crampton Brophy eher überschaubar. Die US-Autorin verfasste vor zehn Jahren einen Essay mit dem Titel “Wie man seinen Ehemann tötet”. Und setzte die Prämisse 2022 selbst in die Tat um (JURios berichtete).

Die heute 73-Jährige brachte nach Überzeugung einer Geschworenen-Jury in Oregon schon 2018 ihren damals 63 Jahre alten Ehemann um. Mit zwei tödlichen Schüssen von hinten ins Herz. Der Tatort: Der Arbeitsplatz des Mannes, der als Koch in einer Kulinarik-Schule arbeitete. Das Motiv: Die 1,4 Millionen US-Dollar schwere Lebensversicherung ihres Gatten. Dummerweise war Crampton Brophy auf dem Gelände der Schule zur Tatzeit von einer Überwachungskamera aufgenommen worden. Sie hatte bei der Tat ein Nachthemd getragen.

In einem siebenwöchigen Prozess stritt sie die Tat ab. Sie sei lediglich zu Recherchezwecken in der Nähe der Schule unterwegs gewesen. Die Tatwaffe vom Typ Glock habe sie ebenfalls nur für eine Buchrecherche gekauft. Das kaufte ihr die Jury aber nicht ab. Crampton Brophy wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes verurteilt. Eine Haftentlassung ist in Oregon in diesem Fall frühestens nach 25 Jahren hinter Gittern möglich. Crampton Brophy wäre dann 96 Jahre alt.

Daniel Brophys Sohn verlor nach der Verkündung der Haftstrafe, gegen die Crampton Brophy in Berufung gehen will, kurz die Nerven und nannte seine Stiefmutter ein „Monster“. Der zehn Jahre alte Text mit dem Titel “Wie man seinen Ehemann tötet” wurde im Prozess nicht als Beweis zugelassen. Nancy Crampton Brophy ist zudem Autorin mehrerer Liebesromane (klick), die sie mäßig erfolgreich über Amazon vertreibt.

Kouri Richins: Mörderin wird Kinderbuchautorin

In der Nähe von Salt Lake City starb im März 2022 ein Mann in seinem Haus an einer massiven Überdosis Fentanyl. Seine Leiche wurde im Schlafzimmer des gemeinsamen Hauses aufgefunden, während seine Ehefrau, Kouri Richins, die Nacht im Zimmer eines ihrer drei Kinder verbracht hatte. Die Ermittlungen ergaben, dass Eric Richins das synthetische Opioid in einem Cocktail verabreicht worden war. Der Mann hatte die fünffache tödliche Dosis der Droge konsumiert.

Nach dem Tod ihres Mannes veröffentlichte Kouri Richins ein Kinderbuch über das Thema Trauer. Im Buch wacht ein Vater mit Engelsflügeln aus dem Himmel über seine Söhne. Außerdem absolvierte die 33-Jährige mehrere Fernsehauftritte, in denen sie scheinheilig ihr Buch „Are You With Me?“ vorstellte.

Der Twist: Die Ermittler:innen fanden auf ihrem Handy Textnachrichten, die den Kauf von Fentanyl belegen. Bekannte des Ehepaares gaben außerdem an, dass Eric Richins nur deswegen mit seiner Frau zusammengeblieben war, um die gemeinsamen Kinder vor ihr zu schützen. Zudem soll Kouri Richins bereits am Valentinstag 2022 versucht haben, den Vater ihrer Kinder zu töten. Nachdem Eric Richins ein von ihr zubereitetes Sandwich verzehrt hatte, brach er bewusstlos zusammen. Er überlebte nur deswegen, weil er sich mit dem EpiPen seines Sohnes eine Injektion verpasste. Bereits zu diesem Zeitpunkt soll Kouri Richins über Fentanyl verfügt haben. Gegenüber Freunden soll Eric Richins seine Frau verdächtigt haben. Die Lebensversicherungen des Mannes belaufen sich auf rund zwei Millionen US-Dollar. Bereits 2020 hatte sich Eric Richins mit einem Scheidungsanwalt getroffen.

Die Frau aus Utah wurde wegen Mordverdachts festgenommen. Amazon hat ihr Trauerbuch inzwischen aus seinem Sortiment gestrichen.

Krystian Bala: Ein Mörder, wie er im Buche steht

Der polnische Autor Krystian Bala wurde 2007 wegen Mordes an dem Geschäftsmann Dariusz Janiszewski zu 25 Jahren Haft verurteilt. Fischer hatten seine Leiche am 10. Dezember 2000 aus der Oder gezogen. Die Hände des Opfers waren hinter seinem Rücken gefesselt und er wies Folterspuren auf. Den Täter fand die Polizei über viele Jahre lang nicht. Die Ermittlungen wurden schließlich eingestellt.

Bis zum Jahr 2005. In diesem erhielten die Ermittler:innen einen Hinweis auf den 2003 erschienenen Roman “Amok” des polnischen Autors Krystian Bala. Das Unheimliche: Die Art der Fesselung des Opfers im Roman und die Folterspuren ähnelten denen an der Leiche von Dariusz Janiszewski. Das ließ die Polizei stutzig werden. Sie nahmen die Ermittlungen wieder auf. Und fanden so schnell auch das Motiv des Täters: Bala unterstellte Janiszewski, eine Affäre mit seiner Frau gehabt zu haben. Ein Plan musste her, um den Konkurrenten zu beseitigen. Die Ermittler:innen konnten dem Schriftsteller nachweisen, vor der Tat im Büro seines späteren Opfers angerufen zu haben. Außerdem stellte die Polizei fest, dass das Handy des Opfers wenige Tage nach der Tat in einem Internetauktionshaus verkauft worden war. Der Verkäufer war Krystian Bala.

Was den Ermittlern jedoch nicht gelang, war Bala die eigenhändige Tötung des Geschäftsmannes nachzuweisen. Er soll die Ermordung lediglich geplant und einen Killer angeheuert haben. Deswegen wurde der damals 34-Jährige zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Der ausführende Täter konnte bis heute nicht ermittelt werden.

Bei „Amok“ handelt es sich um Balas Debütroman. Hauptcharakter ist der gelangweilte Intellektuelle Chris, der seine Freundin grundlos tötet. Seitdem hat Bala kein weiteres Buch veröffentlicht. Und das, obwohl er in Haft vermutlich ausreichend Zeit dafür hätte.

Liu Yongbiao: Raubüberfall turns Vierfachmord

Die Tendenz von Krimiautor:innen zu Mörder:innen zu werden scheint dabei universell zu sein. Neuseeland, USA, Polen und jetzt: China!

Im August 2017 arbeitete der chinesische Schriftsteller Liu Yongbiao gerade an seinem neuen Buch, als er verhaftet wurde (JURios berichtete). Der Vorwurf: vierfacher Mord! Im Jahr 1995 soll Yongbiao an einem Raubüberfall mit tödlichem Ausgang beteiligt gewesen sein. Gemeinsam mit einem Komplizen wollte er Gäste eines Hostels in Huzhou ausrauben. Doch dann ging alles schief. Die beiden Männer erschlugen eines ihrer Opfer. Um die Tat zu vertuschen, töten sie auch noch das Besitzerpaar des Hostels und ihren 13-jährigen Enkel. Die Morde waren zwei Jahrzehnte unaufgeklärt geblieben. Bis die DNA-Analyse erfunden wurde und sich die chinesische Polizei erneut alte Tötungsdelikte vornahm. Darunter auch der Raubüberfall von Huzhou.

Die DNA-Analyse spukte Yongbiao als einen der Täter des Raubüberfalls aus. Als der Schriftsteller den Polizist:innen 2017 die Tür öffnete, soll er gesagt haben: “Ich habe die ganze Zeit auf Sie gewartet.” In einem Brief an seine Frau gestand der 53-Jährige die Taten.

Seine Schuld hat der Schriftsteller zuvor bereits literarisch verarbeitet. Er kündigte 2010 an, an einen Krimi mit dem Titel „Die schöne Autorin, die tötete“ zu arbeiten. Inhalt des Buches: Eine attraktive Schriftstellerin tötet mehrere Menschen wird jedoch nie überführt. In China ist Liu Yongbiao also Autor mehrerer erfolgreicher Bücher bekannt. Einer seiner Liebesroman von 2014 wurde als 50-teilige Fernsehserie adaptiert.

Richard Klinkhamer: Am Mittwoch gibt’s Gehacktes

„Am Mittwoch gibt’s Gehacktes“ ist der Titel eines Roman-Manuskripts, das der niederländische Krimiautor Richard Klinkhamer 1992 bei seinem Verlag einreichte. Doch der war gar nicht begeistert. Denn der Text war eine grausame, detaillierte Ausführung von sieben Arten, auf die Klinkhamer möglicherweise seine Frau Hannelore umgebracht haben könnte. Der Twist: Hannelore Klinkhamer war 1991 tatsächlich verschwunden. Und Richard Klinkhamer lange Zeit der Hauptverdächtige.

Der Verleger Willem Donker weigerte sich, das Manuskript als Buch herauszugeben. Es sei geschmacklos. Nichtsdestotrotz machten Auszüge des scheinbar autobiographischen Romans in den Niederlanden die Runde und Klinkhamer kokettierte immer wieder öffentlich mit der Idee, er könnte tatsächlich der Mörder seiner Frau sein.

Das dachte auch die Polizei und vernahm ihn mehrfach zum Verschwinden seiner Frau. Das Problem: Die Leiche von Hannelore Klinkhamer war nie aufgetaucht. Es stand also nicht einmal sicher fest, dass sie tot war. Eine Wende im Fall trat erst ein, als Richard Klinkhamer das gemeinsame Haus des Ehepaares 1997 verkaufte. Bei Renovierungsarbeiten der neuen Hauseigentümer fand ein Bagger im Jahr 2000 einen Schädel unter dem Betonboden einer Gartenhütte. Es waren Hannelore Klinkhamers sterblichen Überreste. Klinkhamer wurde verhaftet und gestand, seine Frau getötet zu haben. Er wurde 2001 zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt. Wegen guter Führung wurde er bereits nach fünf Jahren wieder entlassen. Er starb 2016 mit 78 Jahren als freier Mann.

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