Der Shopping-Trip einer Frau endete letztes Jahr abrupt mit einer schweren Augenverletzung. Diese zog sie sich bei der Anprobe eines Oberteils in einem Outlet-Store zu. Das Etikett sprang dabei regelrecht in ihr Auge. Nun hat sie den Betreiber des Modegeschäfts auf Schmerzensgeld verklagt. Die 29. Kammer des Landgerichts München I wies ihre Klage ab.
Potenziell gefährliches Preisschild
Die Klägerin war am 1. April 2023 auf dem Rückweg vom Wintersporturlaub. „Wir hielten im Bogner Outlet in Bernau am Chiemsee an und haben uns was ausgesucht“, erzählte sie einer großen deutschen Zeitung. Im Outlet in Bernau am Chiemsee verletzte sie sich beim Anprobieren eines T-Shirts durch das Preisschild schwer an ihrem rechten Auge. Dieses sei an einer viel zu langen Gummikordel angebracht gewesen und das Preisschild sei ihr dadurch in’s Auge gesprungen. Eine operative Hornhauttransplantation war notwendig und sie leidet immer noch u.a. unter Augenschmerzen und ihre Sicht sei eingeschränkt. Sie verlangte mindestens 5.000€ Schmerzensgeld von dem Geschäftsbetreiber. Das Preisschild sei nicht gesichert gewesen. Das Geschäft hätte auf das Vorhandenseins des Etiketts hinweisen müssen, so die Hauptargumentation der Klägerin. Der Beklagte habe die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, denn das Etikett sei „aufgrund fehlender Sicherung und Erkennbarkeit gefährlich gewesen“.
Dem Modeladen sei ein solch gelagerter Fall bisher nicht bekannt. Die Anbringung eines Preisschilds sei gesetzlich vorgeschrieben und entspreche den üblichen Maßen 9 cm x 5 cm. „Die Preisschilder sind durch ihre Größe und das Gewicht des Bündels deutlich fühlbar gewesen“, so der Modeladen.
Eigenverantwortung zu berücksichtigen
Das Landgericht wies die Klage zurück. Es konnte „unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt“ einen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen den Modeladen feststellen. Der Ladenbetreiber habe seine Verkehrssicherungspflichten genügend beachtet. Es müssen nicht für alle erdenklichen Schadensmöglichkeiten Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden. Sondern nur solche, „die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.“ Einzubeziehen sind dabei die Möglichkeiten, die der Geschädigte hat, „sich vor erkennbaren Gefahrquellen selbst zu schützen“. Im vorliegenden Fall sei das Etikett für die Klägerin erwartbar gewesen. Bereits vor dem Kauf, werfe der Kunde der allgemeinen Lebenserfahrung nach einem Blick auf das Etikett, um den Preis zu erfahren. Bei der anschließenden Anprobe könne dieser sich ggf. davor schützen. Weitere Maßnahmen des Betreibers, um auf mögliche Gefahren des Etiketts aufmerksam zu machen, seien lebensfremd und unzumutbar.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt.
Entscheidung: LG München I, Urteil vom 28. Mai 2024, 29 O 13848/23