Dass das Zivilrecht vor Anspruchsgrundlagen, Streits und Nebenkriegsschauplätzen nur so zu platzen scheint, ist unter Jurastudierenden absolut kein Geheimnis. Schwieriger dagegen ist es, gedankliche Ordnung in den Normen-Dschungel zu bringen.
Wenn man sich schon im Examensstadium befindet, ist „Bürgerliches Recht“ von Medicus/Petersen das Standardwerk schlechthin. Was vielen jedoch unbekannt sein dürfte, ist der Umstand, dass man nicht erst im Examen auf dieses Werk zurückgreifen muss: Vielmehr gibt es mit „Grundwissen zum Bürgerlichen Recht“, neuerdings erschienen in der 13. Auflage bei Vahlen, ein Basisbuch zu den Anspruchsgrundlagen, das angetreten ist zunächst die unumstrittenen Grundlagen zu vermitteln.

Kurze Vermittlung der Grundlagen
Das Werk versteht sich hier explizit als Ergänzung zum „großen“ Buch „Bürgerliches Recht“. Während es im „Bürgerlichen Recht“ vorwiegend um die Vermittlung der tiefergehenden Streitigkeiten geht, ist „Grundwissen zum Bürgerlichen Recht“ in erster Linie Grundlagenwerk zur Festigung des Wissensgrundgerüsts gedacht.
Auf schmalen 180 Seiten besticht dieses Lehrbuch vor allem dadurch, wie präzise es auf den Punkt kommt. Zwar ist die Sprache, wie auch schon im „Bürgerlichen Recht“ nicht immer ohne Herausforderungen, aber es hat den Vorteil, dass durch die kurze, präzise Sprache unnötige Ausschweifungen vermieden werden.
In der aktuellen Ausgabe sind zudem auch aktuellste Rechtsentwicklungen berücksichtigt.
Bei der Lektüre des Buches fällt die Nähe zum „großen Bruder“ aber auf: Immer wieder wird auf „Bürgerliches Recht“ mit entsprechender Randnummer verwiesen. Wenn man beide Werke zusammen erwirbt, ist das auch ein hervorragender Umstand! Man findet schnell eine Fundstelle zur weitergehenden Lektüre.
Wenn man aber bedenkt, dass das Jurastudium ohnehin ein kostenintensives ist, dann tut sich hier ein wahrscheinlich wenig beachtetes Problem auf: Zwischen Grundlagenstudium und Examensvorbereitung liegen oftmals mindestens zwei Jahre. In dieser Zeit werden beide Werke mindestens einmal neu erscheinen. Hat man sich also im 2. Semester das Grundlagenwerk für die universitäre Nacharbeit gekauft und erwirbt dann im 8. Semester „Bürgerliches Recht“, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Randnummern nicht mehr stimmen. Das hat auf den Inhalt vielleicht keinen Einfluss, ist aber doch der eigentlich angedachten Ergänzungsfunktion etwas abträglich. Sicherlich könnte man auch beide Werke zusammen kaufen, aber „Bürgerliches Recht“ ist für ein Grundlagenstudium schlichtweg noch zu umfänglich und kompliziert und nicht alle Jurastudierende können sich ca. 21€ für das Basisbuch und nochmal ca. 27€ für das große Buch leisten.
Mehr Fälle wären hilfreich gewesen
Ein weiterer kleiner Wermutstropfen liegt in der Kürze des Werkes begründet: An nur wenigen Stellen finden sich kleinere Fälle zur Veranschaulichung. Sicherlich kann man hier nicht alle glücklich machen und es ist auch eine Frage persönlichen Empfindens, aber den einen oder anderen Fall hätte man sicher noch unterbringen können.
Bei aller eben vorgebrachten Kritik, kann das Werk aber durchaus überzeugen. Das Schaffen von guten Grundlagen ist in keinem Studium so essentiell wie bei den Rechtswissenschaften. „Grundwissen zum Bürgerlichen Recht“ packt die ersten wichtigen Werkzeuge in den Werkzeugkasten der Fallbearbeitung und diese Werkzeuge sind sogar die teuren Markenprodukte.
Im Grundlagenstudium erhält man einen kurzen Überblick über und Zusammenfassung zu Themen, die vielleicht kurz vorher in der Vorlesung besprochen wurden und kann sie so optimal festigen. Hilfreich ist dabei die auf Anspruchsaufbau fokussierte Grundstruktur des Lehrbuches.
Auch für die Examensphase ist es hilfreich, wenn man sich noch einmal vergewissert, ob die Grundlagen wirklich so gut sitzen, wie man es im Gefühl hat. Mithilfe der Wechselwirkung zwischen „Grundwissen zum Bürgerlichen Recht“ und „Bürgerliches Recht“ kann man hier gezielt die eigenen Schwachstellen erkunden und ausbessern.
Gerade wenn man zu Corona-Zeiten das Studium aufgenommen hat und die Online-Lehre nicht gut ausgestaltet war, kann man hier gut vorankommen.
Insgesamt bleibt als Fazit vielleicht das folgende: Lehrbücher sind immer auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. „Bürgerliches Recht“ hat seinen Kultstatus mehr als verdient, aber „Grundwissen zum Bürgerlichen Recht“ kann sich als Ergänzungs- und Einstiegswerk absolut seh…ähh… lesen lassen!