Untersuchung: Uni-Repetitorien auf dem Vormarsch?

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Spätestens gegen Ende des Jurastudiums stellt sich für alle Jurastudierenden die Frage des Repetitoriums. Denn die „Ersten Juristischen Prüfung“ besteht – anders als in den meisten anderen Studiengängen – aus einer großen Blockprüfung, die das gesamte Wissen der vergangenen zehn Semester abfragt. Die meisten Jurastudierenden bereiten sich deswegen rund ein Jahr auf ihre Abschlussprüfung vor. Der überwiegende Teil absolviert die Examensvorbereitung dabei mit Hilfe eines (universitären oder kommerziellen) Repetitoriums. Eine Untersuchung hat sich jetzt erstmals die Repetitorien an den Universitäten selbst angesehen und deren Angebote untersucht.


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Die erste Erkenntnis: Die universitären Repetitorien befinden sich auf dem Vormarsch. Während 2016 noch 86 Prozent der Jurastudierenden ein kommerzielles Repetitorium besuchten, ging diese Zahl im Jahr 2022 auf lediglich 60 Prozent zurück. Das ist ganz maßgeblich auf den Ausbau der universitären Repetitorien zurückzuführen. Schon 2020 gaben 40 Prozent der Jurastudierenden an, ein Uni-Rep zu besuchen. Knapp ein Viertel der universitären Repetitorien gab 2022 an, dass sich die Teilnehmerzahl steigere.

Aber wie sind die Examensvorbereitungsprogramme an den Universitäten konkret ausgestaltet? Dazu wurde von Prof. Dr. Olivia Czerny, Prof. Dr. Volker Steffahn und Dr. Charlotte Schindler ein Fragenkatalog von ca. 50 Fragen erarbeitet. Auf Basis dieser Fragen wurden zunächst die Informationen ausgewertet, die auf den Websites der Universitäten, die den Studiengang Rechtswissenschaft anbieten, auffindbar waren. Ergänzend wurden telefonische Interviews geführt.

Drei Hauptangebote an jeder juristischen Fakultät

Feststellen ließ sich zunächst, dass die Uni-Reps an allen juristischen Fakultäten über drei Hauptangebote verfügen: Hauptkurs, Klausurenkurs und Simulationen.

Alle 42 Präsenzuniversitäten bieten Kurse an, in denen der examensrelevante Stoff in Plenumsveranstaltungen wiederholt wird. An 69 Prozent der Unis ist dieser Hauptkurs auf ein Jahr angelegt. 70 Prozent unterrichten die drei großen Rechtsgebiete in ihrem Hauptkurs parallel; überwiegend gibt es dabei drei oder vier Veranstaltungen pro Woche. An allen Universitäten unterrichten Professor:innen schwerpunktmäßig, an 21 Universitäten (50%) sogar ausschließlich.

Während Corona die Universitäten dazu gezwungen hat, auch virtuelle oder hybride Veranstaltungen anzubieten, ist davon inzwischen an den Unis nur noch wenig zu spüren. Zum größten Teil ist man auch in der Examensvorbereitung zur Präsenzlehre zurückgekehrt. Nämlich in 78 Prozent der Fälle. Das ist einer großer Wehrmutstropfen für alle, die (aus verschiedenen Gründen) nicht an Präsenzkursen teilnehmen können (Pendler:innen, Alleinerziehende usw.).

Ein weiteres Manko: Während sich Professor:innen bei Vorlesungen in ihrem Metier fühlen, scheinen sich nicht alle die Mühe zu machen, ihre Studierenden auch mit Unterrichtsmaterialien zu versorgen. So stellen nur 49 Prozent der Universitäten ihren Teilnehmenden vorlesungsbegleitende Skripte zur Verfügung. Auch zu den besprochenen Fällen gibt es nur in 63 Prozent der Fälle eine Lösung. Das ist schade.

Bezüglich der Bereitstellung von Material ist die Vernetzung der Fakultäten Münster, Bielefeld, Bochum, Frankfurt/Oder, Leipzig, Düsseldorf und der FernUniversität Hagen hervorzuheben. Über die E-Learningplattform der Universität Münster unirep-online können Studierende der genannten Universitäten auch auf das Material der anderen Institutionen zugreifen.

Klausuren, Klausuren, Klausuren

Das zweite Standbein der universitären Repetitorien ist ihr Klausurenkurs; auch dieser wird an allen 43 Universitäten angeboten. 88 Prozent der Klausurenkurse stellen dabei eine Klausur pro Woche. 40 Universitäten bieten zusätzlich auch eine Besprechung der Klausuren an. Die Klausuren setzen sich dabei teils aus Originalklausuren und teils aus eigens für den Klausurenkurs angefertigten Klausuren zusammen.

Aber auch hier offenbart sich wieder eine Schwachstelle bei den zur Verfügung gestellten Materialien. Nur 30 Prozent bieten generell eine in Gutachtenform ausformulierte Musterlösung im Klausurenkurs an. Und was ist schon eine Übungsklausur ohne Lösung? An sieben Universitäten erhalten die Studierenden aber immerhin zusätzlich Zugriff auf eine gelungene studentische Klausurbearbeitung.

Zum dritten Angebot gehören Prüfungssimulationen – und zwar sowohl im Hinblick auf das schriftliche Examen als auch im Hinblick auf die mündliche Prüfung. Ein offizielles Probeexamen wird von 40 Universitäten angeboten. Immerhin an 28 Universitäten (65 %) findet dieses zweimal im Jahr statt. Eine überwiegende Anzahl von 41 Universitäten bietet auch Prüfungssimulationen für die mündliche Prüfung des Staatsexamens an.

Ausbau der Angebote, Materialien und Onlineangebote mangelhaft

Damit haben die Universitäten im Ergebnis ihre Angebote in den letzten zehn Jahren deutlich ausgebaut. Es gibt aber auch noch Verbesserungsbedarf. Worauf die Untersuchung außerdem überhaupt nicht eingeht, ist die Qualität der einzelnen Angebote. Hier stehen die Universitäten seit Jahren in der Kritik. Unmotivierte Professor:innen, fehlende Didaktik, unvollständige Unterlagen. Außerdem schwanken die Angebote von Lehrperson zu Lehrperson und von Uni zu Uni stark. Will man das Thema Chancengleichheit im Staatsexamen tatsächlich ernst nehmen, gehört hierzu aber auch, dass es an jeder Universität ein kostenloses Lehrangebot auf einem vergleichbar hohen Niveau gibt.

„Für Studierende ist es aber gerade in einer so anstrengenden Zeit wie der Examensvorbereitung sehr wertvoll, umfassendes und verlässliches Material zur Verfügung gestellt zu bekommen und nicht zu viel zusätzliche Zeit und Energie in die Materialsuche investieren zu müssen. Dieses Problem könnte durch stärkere Vernetzung der Universtäten gelöst werden. Es ist nicht notwendig und schon gar nicht wirtschaftlich, dass Akteure von 43 Universitäten wöchentlich eine oder mehr Examensübungsklausuren erstellen oder zu jedem Thema aufwändige Skripte, Kursfälle und digitale Angebote produzieren“, schreiben Prof. Dr. Olivia Czerny, Prof. Dr. Volker Steffahn und Dr. Charlotte Schindler.


Fundstelle: https://rechtsempirie.de/10.25527/re.2024.02/

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