Am 5. November 2024 wählt die USA zum 60. Mal ihren Präsidenten oder ihre Präsidentin. Zunächst sah es so aus, als würde der amtierende Präsident, Joe Biden (81 Jahre), erneut gegen seinen Widersacher, den Republikaner Donald Trump (78 Jahre), antreten. Doch nachdem Biden seine Kandidatur im Juli zurückgezogen hat, ist eine neue Person im Rennen um die Präsidentschaft. Die Juristin Kamala Harris (59 Jahre).
In der Berichterstattung rund um die US-Präsidentschaftswahl ist vor allem eines auffällig. Während „Trump“ und „Biden“ sowie andere hochrangige US-Politiker wie „DeSantis“ nur bei ihrem Nachnamen genannt werden, braucht es für „Harris“ immer noch die Ergänzung ihres Vornamens. Gehen die Medien davon aus, dass die US-Vizepräsidentin in Europa so unbekannt ist? Oder werden Frauen in ihrer Bedeutung und Bekanntheit grundsätzlich unterschätzt?
Was ist über die Juristin Kamala Harris bekannt?
Die 59-jährige ist seit 2021 die Nummer zwei im Weisen Haus. Von 2017 bis 2021 vertrat sie den Bundesstaat Kalifornien als Senatorin. Doch von Haus aus ist Harris keine Politikerin, sondern eine Juristin – genauer gesagt: Staatsanwältin. Was ist bekannt über die juristische Karriere der angehenden Präsidentschaftskandidatin der Demokraten?
Harris wurde 1964 in Oakland geboren und hat tamilische und jamaikanische Wurzeln. Ihr indischer Vorname “Kamala” bedeutet “Lotus”. Für Trump ist das offensichtlich bereits zu komplex. Er machte sich über ihre Abstammung in der Öffentlichkeit lustig und fragte: „Also ich weiß es nicht: Ist sie indisch oder ist sie Schwarz? Ich wusste nicht, dass sie schwarz ist, bis sie vor einigen Jahren zufällig schwarz wurde, und jetzt will sie als schwarz bekannt sein.”
Nach ihrer Schulzeit in der San Francisco Bay Area studierte Harris zunächst Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaft an der Howard University in Washington, D.C, und schloss mit einem Bachelor ab. 1989 beendete sie erfolgreich ihr Jurastudium an der University of California mit dem Grad Juris Doctor und erhielt ihre Zulassung zur Anwaltschaft.
Karriereziel: Staatsanwältin
Doch statt sich für den Beruf der Anwältin zu entscheiden, arbeitete sie zunächst für einige Jahre als Assistentin für verschiedene Staatsanwälte. Dabei handelt es sich in den USA um ein Wahlamt. Um selbst als Staatsanwältin tätig zu sein, musste Harris sich also zunächst wählen lassen. 2003 kandidierte sie erfolgreich für die Demokratische Partei als Bezirksstaatsanwältin in San Francisco. 2007 gelang ihr die einstimmige Wiederwahl.
2010 gewann sie die Wahl zum Attorney General (eine Mischung aus Generalstaatsanwältin und Justizministerin) in Kalifornien knapp. Harris war sowohl die erste Frau in diesem Amt als auch die erste Person mit afroamerikanischem und indischem Hintergrund.
Während ihrer Karriere sprach sich Harris unter anderem für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe, für die strengere Kontrolle von Waffen und gegen die Todesstrafe aus. Sie unterstützte ein Gesetz zur Bekämpfung von Schulverweigerern und entwickelte ein Programm zur Rückfallprävention von Kriminellen.
Next step: Senatorin
Privat ist Harris seit 2014 mit dem jüdischen Rechtsanwalt Douglas Emhoff verheiratet. Sie ist Stiefmutter zweier Kinder im Teenageralter, die ihr Mann mit in die Ehe brachte. Einige Republikaner nahmen die Kinderlosigkeit bereits zum Anlass, um Harris als “kinderlose Katzenlady” zu diffamieren. Trumps Vize J.D. Vance betonte etwa, dass es in den USA nicht genug “eigene” Babys gebe – das täte einer Gesellschaft nicht gut. Doch damit nicht genug, Trump unterstellte Harris unter anderem Judenhass.
2016 kandidierte Harris für den US-Senat und konnte sich gegen ihre Kontrahentin Loretta Sanchez mit 62,37 % der Stimmen durchsetzen. Sie gehörte den Ausschüssen für Haushalt (Budget), Umwelt (Environment and Public Works), Heimatschutz (Homeland Security) und Geheimdienste (Intelligence) an. Im Senat gehörte sie zu den energischsten Kritiker:innen Donald Trumps. Harris machte sich unter anderem gegen dessen Einwanderungspolitik stark und stimmte gegen die Abschaffung von Obamacare. Sie stellte gemeinsam mit Alexandria Ocasio-Cortez den Green New Deal zur Bekämpfung der Klimakrise vor und unterstützte das Recht auf Abtreibung.
Erste Vizepräsidentin der USA
Am 20. Januar 2021 wurde sie unter Präsident Joe Biden als erste Frau als Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten vereidigt. Dieser schlug sie nach seinem eigenen Rücktritt auch als neue Kandidatin der Demokraten für die anstehende Präsidentschaftswahl im November 2024 vor.
Sollte Harris nominiert werden und die Wahl gewinnen, wäre sie die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten. Rein formalistisch hatte sie dieses Amt bereits einmal für 85 Minuten inne. Als sich Joe Biden 2021 einer Koloskopie unter Narkose unterzog, gingen die Präsidentschaftsbefugnisse für eine Stunde und 25 Minuten auf Harris über.