Mietrecht: „Die vertraglich vorausgesetzte Verwendung einer Souterrainwohnung ist das Wohnen”

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Die Erkenntnis, dass das „Sterben in einer Mietwohnung“ zum „vertragsgemäßen Gebrauch“ zählt, gehört wohl zu einer der eher kuriosen Entscheidungen deutscher Gerichte. Jetzt urteilte der BGH: In Wohnungen darf gewohnt werden. Really?

Altbauwohnungen können so schön sein. Hohe Decken, historische Treppenhäuser, Stuck. Aber eben auch: Feuchtigkeit und Schimmel. Wenn es um die Mangelhaftigkeit im Mietrecht geht, geht es meistens um letzteres. So auch in diesem Fall.

Konkret ging es um zwei 1904 gebauten und 1999 sanierten Altbauwohnung, die im Jahr 2018 zum Preis von 675.000 erneut den Eigentümer wechselten. Im Exposé gab der Voreigentümer an, dass eine der Außenwände feucht sei und die Sanierung auf eigenen Kosten durch den Käufer durchgeführt werden müsse. Außerdem wurde die Haftung für Sachmängel im Kaufvertrag ausgeschlossen. Die Käufer ließen die Feuchtigkeitsschäden in den Wänden auf eigene Kosten beseitigen. Durch die Renovierung verzögerte sich jedoch der geplante Einzugstermin, sodass den Neueigentümern Mietkosten in Höhe von 33.000 Euro entstanden. Die Käufer verlangten deswegen Schadensersatz vom Verkäufer.

Sind feuchte Wände im Altbau normal?

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Köln verneinten einen Schadensersatzanspruch wegen Sachmängeln aus § 437 Nr. 3 i.V.m. § 281 Abs. 1 S. 1, 280 Abs. 1 und 3 BGB. Die Altbauwohnungen entsprächen der üblichen Beschaffenheit – dazu würden auch feuchte Wände gehören.

Das sah der BGH jetzt anders. Im Leitsatz der Entscheidung heißt es: „Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft.“

Zwar sei gerade bei Altbauten nicht jede Feuchtigkeit gleich ein Sachmangel. Hier läge der Fall aber anders. Denn der bei Altbauten übliche Standard sei dann nicht maßgebend, wenn die Trockenheit der Räume für die vorausgesetzte Verwendung erforderlich ist. „Die vertraglich vorausgesetzte Verwendung einer Souterrainwohnung ist das Wohnen, weshalb der Käufer regelmäßig erwarten darf, dass die Wohnung trocken ist, auch wenn sie in einem Altbau gelegen ist“, so das Gericht.

Mängel bagatellisieren = Arglist?

Die Haftung sei auch nicht wegen des in dem Kaufvertrag vereinbarten allgemeinen Haftungsausschlusses ausgeschlossen. Hierauf könnten sich die Beklagten gemäß § 444 BGB (arglistige Täuschung) trotz der Angaben im Exposé nicht berufen. Denn ein arglistiges Verschweigen könne auch vorliegen, wenn der wahre Umfang der Mängel bagatellisiert werde.

“In dem Exposé wird nur der konkrete Feuchtigkeitsschaden an einer Außenwand genannt und die Wohnung als im Jahr 1999 kernsaniert bezeichnet. In dem Kaufvertrag wird lediglich auf den Feuchtigkeitsschaden an einer näher spezifizierten Außenwand hingewiesen. Die selektiven Hinweise waren geeignet, die Erwartung zu wecken, dass die Wohnungen abgesehen von dem konkreten Feuchtigkeitsschaden an einer Wand trocken sind.”


Entscheidung: BGH, Urt. v. 21.06.2024, Az. V ZR 79/23

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