Anwältin sperrt sich aus Kanzlei aus – keine Wiedereinsetzung

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Sperrt sich eine Anwältin selbst aus ihrer Kanzlei aus und verpasst sie deswegen eine Frist, hat die Mandantschaft Pech gehabt. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 233 ZPO ist in dieser Konstellation nicht möglich. Das entschied der Bundesgerichtshof.

Nachdem gegen ihre Mandantschaft ein für sie nachteiliges Urteil ergangen war, wollte eine Rechtanwältin hiergegen Berufung einlegen. Am Tag des Fristablaufs kam ihr jedoch ein kleines Missgeschick in den Weg: Die Anwältin verließ ihre Kanzlei und zog die Tür hinter sich zu. Das Problem: Der Schlüssel lag noch in den Kanzleiräumlichkeiten. Die Anwältin war ausgesperrt. Und das, bevor sie die Berufungsschrift fristwahrend abgeschickt hatte. Und nun?

Sekretariat, Vertretung oder Schlüsseldienst hätten helfen können

Die Anwältin beantragte am Tag nach dem Vorfall Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Zur Begründung führte sie aus, sie habe wegen eines unvorhergesehenen Schwindels das Büro vor Fertigstellung der Berufungsschrift verlassen müssen, um sich zuhause auszuruhen. Sie habe hierbei den Schlüssel in den Büroräumen vergessen, so dass sie das Büro nicht wieder habe betreten können, als sie – nachdem sie mehrere Stunden zuhause geschlafen habe – um 19 Uhr desselben Tages dorthin zurückgefahren sei, um die Berufungsschrift fertigzustellen. Sie habe sodann versucht, eine Kollegin, die sich jedoch auf einem Auswärtstermin befunden habe, telefonisch zu erreichen. Telefonnummern weiterer Kolleg:innen oder auch des Sekretariats habe sie nicht in ihrem Handy gespeichert gehabt. Doch auch der BGH kannte keine Gnade und ließ diese Ausrede nicht gelten. Die Anwältin habe weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass sie die Berufungsfrist ohne Verschulden versäumt habe. Schließlich hätte die Anwältin auch um 19 Uhr noch einen Vertreter organisieren können, der weitere vier Stunden Zeit gehabt habe, um die Berufungsschrift einzureichen.

„Zu Recht wirft die Beschwerdeerwiderung die Frage auf, warum die Beklagtenvertreterin nicht zu der im Außentermin befindlichen Kollegin gefahren ist, um den Kanzleischlüssel abzuholen. Ebenso wenig legen die Beklagten dar, dass es ihrer Prozessbevollmächtigten nicht möglich gewesen sei, über die bei dem Außentermin befindliche Kollegin die Telefonnummern weiterer Kanzleikollegen oder -mitarbeiter zu erfragen. Auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es der Beklagtenvertreterin nicht möglich gewesen sei, auf anderem als dem telefonischen Wege weitere Kanzleikollegen oder -mitarbeiter zu erreichen. Schließlich zeigen die Beklagten nicht auf, dass weder ein Kontakt zu einem Schlüsseldienst noch – im Falle der Aufschaltung der Alarmanlage der Kanzlei – zu einer Notrufzentrale möglich gewesen ist, um die alarmgesicherte Kanzleitür öffnen zu lassen.“


Entscheidung: BGH Beschl. v. 11.7.2024, Az. IX ZB 31/23

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