Viele Jurastudierende träumen von einer Promotion. Als Statussymbol, aus echtem Interesse an einem spezifischen Forschungsthema oder in der Hoffnung auf ein besseres Gehalt. Der Weg zum Dr. Jur. ist jedoch steinig. Nur knapp 30 Prozent aller Juraabsolvent:innen erreichen das begehrte Prädikatsexamen. Und das ist üblicherweise noch immer Voraussetzung für eine juristische Promotion. Doch davon gibt es Ausnahmen – welche Bedingungen muss man erfüllen, um auch mit einer schlechteren Note zu promovieren?
Das Promotionsverfahren hat im Bereich der Rechtswissenschaft üblicherweise zwei Voraussetzungen. Zunächst musst Du einen Abschluss in Rechtswissenschaften vorweisen können. Dabei ist schon das Erste Staatsexamen ausreichend – die meisten Jurist:innen promovieren noch vor dem Rechtsreferendariat. Außerdem setzen die Universitäten eine bestimmte Abschlussnote als verpflichtend voraus. Üblicherweise sind das neun Punkte im staatlichen Teil der Pflichtprüfung. Hintergrund ist unter anderem, dass die Plätze für Promovierende an den juristischen Lehrstühlen begrenzt sind. Das Notenkriterium unterscheidet sich von Universität zu Universität jedoch leicht. Du findest sie in der Promotionsordnung der jeweiligen juristischen Fakultät.
Promotion mit guter Seminarleistung oder LL.M.
- An der Universität Bayreuth ist eine Promotion beispielsweise auch bereits mit acht Punkten in der ersten oder zweiten Staatsprüfung möglich, wenn der oder die Bewerber:in außerdem zwei Seminare mit mindestens „gut“ bestanden hat.
- In Bonn kann eine Promotion erfolgen, wenn der oder die Bewerber:in die erste oder zweite juristische Prüfung mit „befriedigend“ (mindestens 7,5 Punkte) abgelegt und ein Schwerpunktseminar an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät mit mindestens „vollbefriedigend“ oder ein sonstiges rechtswissenschaftliches Seminar mit mindestens „gut“ absolviert oder den Grad eines Magister legum erworben hat.
- An der Universität Oldenburg kann schon ein ausreichendes erstes oder zweites Staatsexamen genügen, wenn die Antragstellerin bzw. der Antragsteller an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg oder deren An-Institut oder einer anderen wissenschaftlichen Hochschule als wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. als wissenschaftlicher Mitarbeiter mindestens ein Jahr rechtswissenschaftlich tätig gewesen sind.
Ähnliche Öffnungsklauseln (auch Dispens genannt) gibt es an fast allen Universitäten. Wer in mindestens einem der beiden Staatsexamen über acht Punkte verfügt, wird also problemlos eine Möglichkeit finden, zu promovieren. Meistens verfügen diese Kandidat:innen auch bereits über eine gute Seminarleistung oder schaffen es jedenfalls, nachträglich ein Seminar abzulegen, das mit mindestens „gut“ bewertet wird.
Externe Promotion
Wer notentechnisch unter den acht Punkten liegt, muss sich genauer umsehen und eine Universität finden, die irgendeine Note im Bereich „befriedigend“ ausreichen lässt. Oft kann es hier auch helfen, neben dem ersten Staatsexamen auch bereits über einen Master of Laws zu verfügen.
Wer die Voraussetzungen einer dieser Öffnungsklauseln formal erfüllt, ist damit aber noch nicht automatisch Doktorand:in. Man muss außerdem noch einen Doktorvater oder eine Doktormutter finden, die bereit ist, die Arbeit zu betreuen. Bewerben sich am Wunsch-Lehrstuhl Kandidat:innen mit deutlich besseren Noten, kann das im Einzelfall schwierig sein.
Hier kann aber unter Umständen eine externe Promotion helfen. Der oder die Doktorand:in ist bei einer externen Promotion nicht am Lehrstuhl des:r Beteuer:in angestellt. Der Nachteil einer externen Promotion liegt klar auf der Hand: Man muss sich die Dissertation selbst finanzieren und eine andere Arbeit finden. Außerdem verfügt man nicht über die Ressourcen und Kontakte des Lehrstuhls. Auf der anderen Seite bietet eine externe Promotion aber deutlich mehr Flexibilität. Unter anderem muss man für die Dissertation nicht umziehen / in der Nähe des Lehrstuhls wohnen. Vielmehr kann die Betreuung auch rein digital erfolgen oder man trifft sich alle paar Monate für eine Besprechung mit dem Doktorvater oder der Doktormutter.
Promotion im Ausland
Außerhalb Deutschlands sind die formalen Anforderungen an eine Promotion oft nicht ganz so streng. Das liegt daran, dass andere Länder die uns bekannten Staatsexamina überhaupt nicht kennen. In den meisten anderen europäischen Ländern oder z.B. auch in Großbritannien und den USA sind vielmehr Bachelor- oder Masterabschlüsse die Norm. Voraussetzung für ein Promotionsverfahren im Ausland ist deswegen meistens, dass zunächst der deutsche Abschluss „übersetzt“ und die Noten umgerechnet werden. Dementsprechend gestaltet sich der Titel im Ausland aber auch anders. Die Titel für den Doktor der Rechte variieren von Ph.D. (Doctor of Philosophy) oder LL.D. (Legum Doctor) über J.S.D., S.J.D. bis hin zu J.D. Diese Kürzel werden hinter dem Namen geführt, während vor dem Namen ein simples Dr. steht. Die Anerkennung und Führung des Titels in Deutschland kann dementsprechend kompliziert sein.
Eine Voraussetzung für die Zulassung zum Doktoratsstudium in Österreicht ist beispielsweise der Abschluss eines fachlich in Frage kommenden Diplomstudiums oder Masterstudiums oder eines anderen fachlich in Frage kommenden Studiums mindestens desselben hochschulischen Bildungsniveaus an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung. Das deutsche Staatsexamen wird hierfür grundsätzlich anerkannt und führt zur Promotionsreife. Ein Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften beträgt in Österreich jedoch mindestens sechs Semester. Und neben Deinem Studienabschluss musst Du außerdem eine Betreuungsvereinbarung mit einem Doktorvater oder einer Doktormutter nachweisen.
Grundsätzlich gibt es also gleich mehrere Möglichkeiten, auch ohne Prädikatsexamen zu promovieren. Dieser Weg ist nur etwas umständlicher und erfordert meist Kompromisse bei der Auswahl von Uni und Promotionsthema bzw. einen gewissen Ehrgeiz und Durchsetzungsvermögen.