Examensrelevant: Heimtückemord trotz aufheulendem Motor

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Damit der Mordtatbestand des § 211 StGB erfüllt ist, muss mindestens eines der in § 211 StGB abschließend aufgezählten Mordmerkmale erfüllt sein. Gerade das Mordmerkmal der Heimtücke spielt dabei in Praxis und Examen eine große Rolle. Jurastudierende sollten deswegen unbedingt die neue BGH-Entscheidung zur Heimtücke bei einem Mordanschlag mit einem Auto kennen.

Ausgangslage des Falles war ein Familienstreit. Ein junger Mann hatte vom außerehelichen Verhältnis seiner Mutter zu einem anderen Mann erfahren. Er sah darin eine Herabwürdigung seines Vaters und eine Kränkung der Familienehre. Auf dem Heimweg mit seinem Auto bemerkte der spätere Angeklagte die Affäre seiner Mutter am Straßenrand. Er hielt sofort an, setzte das Fahrzeug zurück und bremste vor Beginn eines abgesenkten Bordsteins erneut ab. Dann legte den ersten Gang ein und trat das Gaspedal vollständig durch und steuerte auf den Mann und seine Begleitung zu. Der Motor heulte laut auf. Beide Personen wurden mit ca. 38km/h vom Pkw erfasst und verletzt.

Das Landgericht hatte den Angeklagten lediglich wegen versuchten Totschlags zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein – erfolgreich. Der BGH bejahte trotz des vorherigen lauten Aufheulens des Motors eine heimtückische Vorgehensweise.

Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit

Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und dadurch bedingte Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zu dessen Tötung ausnutzt. Arglos ist das Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mit einem gegen sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet.Wehrlos ist derjenige, der infolge seiner Arglosigkeit zur Verteidigung außer Stande oder in der Verteidigung stark eingeschränkt ist.

Hier stellte sich die Frage, ob die Opfer noch arglos waren. Denn sie hatten das Aufheulen des Motors zuvor akustisch wahrgenommen.

Das Opfer kann jedoch auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen. Für das bewusste Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit genügt es, dass der Täter diese in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen.


Entscheidung: BGH, Urt. v. 20.06.2024, Az. 4 StR 15/24

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