Während sich die Verantwortlichen auch weiterhin darauf berufen, dass die juristische Ausbildung nicht reformbedürftig ist, gehen der Praxis die Jurist:innen aus. In Deutschland werden jedes Jahr nur 7.500 – 8.500 Volljurist:innen ausgebildet. Zur Jahrtausendwende waren es pro Jahr noch über 10.000. Gleichzeitig werden aufgrund des demographischen Wandels bis 2030 rund 40 Prozent aller Jurist:innen aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden. In der sächsischen Justiz waren 2019 600 von 1.000 Richter:innen mindestens 55 Jahre alt. In Bayern fehlten im selben Jahr bereits mehr als 150 Staatsanwält:innen und Richter:innen. Die Wirtschaft weist darauf hin, dass nicht nur beim Land Jurist:innen absehbar fehlen.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern macht sich der Juristenmangel jetzt bemerkbar. Eine mögliche Lösung: An der Universität Rostock werden wieder Jurist:innen mit dem Abschluss erstes Staatsexamen ausgebildet.
Staatsexamen in Rostock früher möglich
Der eigentliche Skandal: An der Uni Rostock konnte man früher bereits ein vollwertiges rechtswissenschaftliches Studium abschließen. Der Studiengang wurde 2008 jedoch aus Kostengründen eingestellt. Seitdem kann man in Rostock nur noch den Bachelor of Laws sowie den Master of Laws erwerben. Das soll sich nach Meinung der Oppositionsparteien jetzt aber ändern.
Geschlossen forderten CDU, FDP, Grüne und AfD die rot-rote Landesregierung zum Umdenken auf. Sie werfen dem Justizministerium vor, es versäumt zu haben, auf den sich abzeichnenden Nachwuchsmangel angemessen zu reagieren.
Das juristische Staatsexamen kann man in Mecklenburg-Vorpommern momentan nur an der Universität Greifswald ablegen. An der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät sind allerdings nur rund 1.800 Studierende eingeschrieben. Sie verfügt über 14 Lehrstühle. Die Uni Greifswald kann als einzige Jura-Uni des Landes den Bedarf an Jurist:innen aber längst nicht mehr decken.
Wiedereinführung teuer
Das Problem: Für die Wiedereinführung wären fünf neue Professuren nötig, um die noch bestehenden Lehrstühle zu ergänzen. Die Kosten hierfür werden auf jährlich 2,1 Millionen Euro geschätzt. Ein weiteres Problem: Mit den ersten fertig ausgebildeten Volljurist:innen ist selbst nach einer Wiedereinführung erst in frühestens einem Jahrzehnt zu rechnen. Denn diese müssen nach dem ersten Staatsexamen auch noch zwei Jahre ins Referendariat.
Die SPD hatte deswegen in der Vergangenheit versucht, das bestehende Studium an der Uni Greifswald attraktiver zu gestalten. Außerdem seien Maßnahmen ergriffen worden, um möglichst vielen Studierenden zu einem Abschluss zu verhelfen. Schon 2019 hatte die LINKE darauf hingewiesen, dass mehr Studienplätze für Jura auf Staatsexamen nicht auch automatisch mehr ausgebildete Volljurist:innen bedeuten. Neben der extrem hohen Durchfallquote wandern auch viele Studierende für den Beruf in andere Bundesländer ab. Diese Abwanderung dürfte sich durch die Wahlergebnisse im Osten noch weiter verschärfen.
Eine Entscheidung über die Angelegenheit ist noch nicht gefallen.
Fundstelle: https://www.zeit.de/