Referendarinnen und Referendaren muss am Ende jeder Station des Rechtsreferendariats unverzüglich ein Stationszeugnis erteilt werden. Das betonte der Anwaltsgerichtshof auch nochmals im Fall der Anwaltsstation, nachdem eine Referendarin über vier Monate auf ihr Zeugnis gewartet hatte.
Die Rechtsreferendarin absolvierte von Oktober 2016 bis Ende Juli 2017 ihre Anwaltsstation in einer Kanzlei. Als sie über einen Monat nach Ende der Station immer noch auf ihr Zeugnis wartete, bat sie ihre ehemalige Ausbilderin schriftlich um die Ausstellung. Jedoch ohne Erfolg. Deswegen schaltete die Referendarin ihren Dienstherrn und die Anwaltskammer ein.
Anwältin stellt sich tot
Doch auch die Schreiben der Präsidentin des Landgerichts Essen blieben unbeantwortet. Im Dezember 2017 leitete die Rechtsanwaltskammer deswegen ein berufsrechtliches Verfahren gegen die Rechtsanwältin ein und forderte sie zur Stellungnahme auf. Daraufhin versendete die Anwältin das Zeugnis per Mail. Ein Original per Post hatte die Referendarin allerdings immer noch nicht erhalten. Deswegen wurde der Anwältin im Februar 2018 ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € angedroht.
Im April 2018 teilte die Anwältin mit, dass sie irrtümlich davon ausgegangen sei, dass mit der Übersendung des Zeugnisses an das Landgericht Essen “die Sache erledigt” sei. Die verspätete Überlassung des Zeugnisses begründe aus ihrer Sicht keinen berufsrechtlichen Verstoß. Sie sei davon ausgegangen, dass insoweit durch das (konkludente) Berufen auf ihr Schweigerecht keine weitere Äußerung gegenüber der Kammer notwendig sei. Sie bat von Zwangsmaßnahmen abzusehen und beantragte ausdrücklich die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen. Die RAK erklärte daraufhin die Zwangsgeldfestsetzung für erledigt.
Akte außer Kontrolle
Und jetzt wird es noch kurioser. Laut dem Anwaltsgerichtshof geriet die Akte sodann “außer Kontrolle”. Deswegen habe man erst 2024 erneut Kontakt mit der Anwältin aufgenommen und sie darum gebeten, die immer noch laufende Klage zurückzunehmen. Die Anwältin habe die Rücknahme zwar angekündigt, erfolgt sei sie aber nicht.
Deswegen muss die Anwältin jetzt die Kosten des in der Hauptsache erledigten Verfahrens übernehmen. Eine Erklärung dafür, wieso sich die Anwältin mit der Erteilung des Zeugnisses so viel Zeit lies, wieso sie auf mehrmalige Nachfragen nie reagierte und wieso sie die Klage nicht zurückgenommen hat, gibt es bis heute nicht.
Für alle Referendar:innen bedeutet das aber: Die Ausbildungsstation muss das Stationszeugnis unverzüglich nach dem Stationsende erteilen. Mehr als einen Monat später ist nicht mehr „unverzüglich“.