Pferderecht abstrus: Wem gehört das mittels Embryotransfers gezüchtete Fohlen?

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Mit Pferden kann man bekanntlich viel Geld machen. In Wette, Zucht und Verkauf. Auch bei den Justizprüfungsämtern sind Pferdefälle sehr beliebt. Meistens spielen sich diese jedoch im Bereich der Mängelgewährleistung ab. Nicht jedoch folgender Fall vor dem OLG Oldenburg, für den man tief ins Sachenrecht einsteigen muss.

Dreh- und Angelpunkt des Falles ist ein Fohlen. Dieses wurde mittels Embryonentransfers gezeugt. Dazu hatte man der Stute des Klägers Eizellen entnommen und diese in eine Leihstute eingesetzt. Die Leihstute hatte der Kläger von einer GbR gemietet. Nachdem ein Tierarzt jedoch bei einer Trächtigkeitsuntersuchung feststellte, dass die Leihstute nicht tragend sei, gab der Kläger sie an die GbR zurück. Diese verkaufte die Leihstute daraufhin an einen Dritten. Dort gebar die Leihstute dann überraschenderweise doch ein Fohlen, dessen genetische Mutter die Stute des Klägers ist. Dieser hatte für den Embryonentransfer gezahlt und verlangte nun das Fohlen von dem Käufer der Leihstute heraus.

Embryo als wesentlicher Bestandteil

Der Kläger war der Meinung, er sei Eigentümer des Fohlens. Schließlich stamme das Fohlen genetisch von seiner Stute ab. Die Beklagte berief sich darauf, dass das Fohlen ihr gehöre, weil sie die Eigentümerin der gebärenden Leihstute sei. Vor dem Oberlandesgericht verlangte der Kläger Herausgabe des Fohlens. Jedoch ohne Erfolg.

Das OLG stellte fest, dass der Embryo durch die Einpflanzung in eine Leihstute in rechtlicher Hinsicht untrennbar mit der Stute verbunden worden sei. Mit dem Verkauf der Leihstute sei deswegen auch das Eigentum an dem später geborenen Fohlen auf den neuen Eigentümer der Leihstute übergegangen. Durch die Einnistung in die Gebärmutter der Leihstute sei der Embryo ein sog. „wesentlicher Bestandteil” (§ 94 BGB) der Leihstute geworden.

Bestandteile sind nach der Legaldefinition des § 93 BGB dann wesentlich, wenn sie nicht voneinander getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird.

Kein Wideraufleben der Sonderrechtsfähigkeit

„Eine Zerstörung oder Wesensveränderung des abzutrennenden Teils ist anzunehmen, wenn dieses durch die Trennung wertlos wird oder nur noch Schrottwert hat, nicht aber wenn es nach dem Ausbau in gleicher oder in ähnlicher Weise in eine andere Anlage integriert werden und damit wieder seine Funktion erfüllen kann. [Da] der Embryo zum maßgeblichen Zeitpunkt der Nidation bei einer Trennung von der Leihstute absterben würde [, sind] damit die Voraussetzungen der Wesentlichkeit des § 93 BGB gegeben.“

Auch wenn der Trächtigkeitszeitraum lediglich elf Monate dauere, ändere dies nichts daran, dass Embryo und Leihstute wesentliche Bestandteile einer einheitlichen Sache werden. Mit dem Zeitpunkt der Verbindung tritt die Rechtsfolge des § 947 BGB ein.

Die spätere Trennung (durch die Geburt) führe auch nicht zum Wiederaufleben der Sonderrechtsfähigkeit des Fohlens, da ansonsten unklare Eigentumsverhältnisse entstehen würden, was sachenrechtlichen Grundsätzen widerspräche.

Daher habe der Eigentümer der Leihstute auch das Eigentum an dem Embryo erworben. Auf die genetische Abstammung des Fohlens komme es nicht an. Der Eigentümer der genetischen Mutter des Fohlens hat damit Pech gehabt.


Entscheidung: OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.09.2024, Az. 8 U 36/24

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