Der integrierte Bachelor kommt nach Rheinland-Pfalz – Ziel erreicht?

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Ab dem Wintersemester 2025/2026 sollen Studierende, die die Voraussetzungen für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung erfüllen oder zu dieser zugelassen wurden und die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung erfolgreich abgelegt haben, den akademischen Grad des „Bachelor of Laws“ (LL.B.) beantragen können. Was für die Studierenden der Universität Trier bereits seit einem Jahr Realität ist, soll durch ein Landesgesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften für ganz Rheinland-Pfalz gelten – erfreulicherweise auch rückwirkend. Das Land Rheinland-Pfalz hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf im Sommer 2024 vorgelegt.

Die Reform des Jurastudiums in Rheinland-Pfalz

Dass die juristische Ausbildung reformbedürftig ist, wird immer wieder durch zahlreiche Erhebungen aufgezeigt: zu viel Prüfungsstoff, zu hoher Druck und ein im Kern seit 150 Jahren unverändertes Ausbildungssystem mit dem Staatsexamen als entscheidenden Alles-oder-nichts-Moment – soweit nichts neues. Die Forderungen liegen auf dem Tisch und lassen sich dabei fast schon gebetsmühlenartig wiederholen.

Das Land Rheinland-Pfalz scheint die Stimmen der Studierendenschaft in dieser bundesweit lodernden Debatte über die Reform der juristischen Ausbildung jedenfalls zu hören. Dies gilt nicht zuletzt auch und besonders wegen der fortschrittlichen Entwicklungen an dem Studienstandort Trier. Zweitstudiengebühren werden abgeschafft. Neben dem klassischen Jurastudium mit dem ersten Staatexamen als Ziel und dem integrierten Bachelor wurde in Trier ein weiterer rechtswissenschaftlicher Studiengang – diesmal mit internationalem Schwerpunkt – zum Wintersemester 2024/2025 eingeführt: der International Legal Studies (LL.B.). Darüber hinaus werden die Prüfungsleistungen pseudonymisiert erbracht, wodurch den Korrektor:innen kein Rückschluss mehr auf die Identität der Bearbeiter:innen möglich ist. Im Hauptstudium sind die Prüfungen dazu sogar digital. Gleiches gilt ebenso für die Schwerpunktklausuren, und auch die staatliche Pflichtfachprüfung soll bald voll digitalisiert werden. Zweitkorrekturen finden hier übrigens verdeckt statt.

Mit dem Gesetzesvorhaben, den integrierten Bachelor auch landesrechtlich festzusetzen, wurde nun ein weiterer wichtiger Schritt unternommen, um das rechtswissenschaftliche Studium in Rheinland-Pfalz zukunftsfähiger zu gestalten. Als wichtiger Beitrag zur mentalen Gesundheit schafft er ein Sicherheitsnetz, honoriert die im Studium bereits erbrachten Leistungen der Studierenden und sorgt mit der Verleihung eines Abschlusses gleichzeitig für eine nachhaltigere Verwendung der Ressourcen der Hochschulen.

Sind damit alle Probleme nun gelöst? Die Antwort auf diese offenbar rhetorische Frage lautet so erwartbar wie eindeutig: Nein. Die Liste an Studien und Verbesserungsvorschlägen ist lang. Zu lang. Übrig bleiben Systemfehler, über die in einer bundesweiten Debatte weiter zu reden sein wird, etwa wenn es um die bundesweite Harmonisierung und Vereinheitlichung unserer Ausbildung geht.

Aber konzentrieren wir uns noch einmal auf den integrierten Bachelor, der nun in Rheinland-Pfalz wie auch in vielen anderen Bundesländern gesetzlich vorgesehen ist oder es bald sein wird.

Die Verleihungsvoraussetzungen des Bachelor of Laws – eine vorsichtige Revolution

Warum findet die Diskussion um den integrierten Bachelor eigentlich immer nur unter der Voraussetzung statt, die universitäre Schwerpunktprüfung müsse erfolgreich abgeschlossen sein? Warum nicht bereits schon zu dem Zeitpunkt, ab dem (allein) die Voraussetzungen zur Anmeldung zur staatlichen Pflichtfachprüfung vorliegen?

Wir hören schon wieder die ersten Stimmen „Loser-Bachelor“ und „Jodeldiplom“ rufen.

Werden wir inhaltlich. Nach dem jetzigen Entwurf soll den Studierenden der Bachelorgrad verliehen werden, wenn erstens die Voraussetzungen für die Anmeldung zur staatlichen Pflichtfachprüfung vorliegen und zweitens die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung absolviert wurde. Damit unterscheidet sich der integrierte Bachelor von der Befähigung zum juristischen Vorbereitungsdienst nur dahingehend, dass die Pflichtfachprüfung noch nicht bestanden wurde.

Ein Bachelor-Studiengang soll aber gemeinhin „bloß“ diejenigen (Grundlagen-)Kenntnisse vermitteln, die für den beruflichen Einstieg essentiell sind. Er wird als erster berufsbefähigender Abschluss bzw. akademischer Grad erworben und attestiert – so das Bologna-Protokoll – eine für den (europäischen) Arbeitsmarkt relevante Qualifikationsebene. Dieses Ziel wird bereits dann erreicht, wenn der Pflichtteil des Jurastudiums (in Rheinland-Pfalz bestehend aus Zwischenprüfung, drei Übungen für Fortgeschrittene, Grundlagenfach und Fremdsprachenveranstaltung) absolviert wurde. Die erbrachten Leistungen entsprechen – je nach Modellrechnung – mit bis zu 200 Leistungspunkten in jedem Fall denjenigen, die in anderen Bachelor-Studiengängen mit einer Wertigkeit von mindestens 180 ECTS-Credits vorausgesetzt werden.

Die universitären Schwerpunktbereiche hingegen dienen der Ergänzung und Vertiefung des Studiums sowie der Vermittlung interdisziplinärer und internationaler Bezüge des Rechts, so sagt es das Deutsche Richtergesetz. Sie weisen einen starken Spezialisierungs- und Individualisierungsgrad auf und legen einen deutlich stärkeren Fokus auf die wissenschaftliche Arbeit – typisch für ein Masterstudium.

Getragen werden diese Überlegungen mitunter von den Ausführungen des Hamburger Protokolls, wonach „zwischen den Zulassungsvoraussetzungen zur ersten Prüfung (unter Einbeziehung des Schwerpunktbereichs) und den deutlich abgestuften und niedriger zu haltenden Anforderungen an die Verleihung eines (integrierten) LL.B.“ unterschieden werden müsse. Zudem kann der Schwerpunktbereich so von den Universitäten als zentrales Element eines selbstständigen, konsekutiven Master of Laws (LL.M.) eingebunden werden. Der Schwerpunktbereich wäre dann ein weiterer Baustein, mit dem die Universitäten Studierenden – insbesondere auch ausländischen – eine spezifische wissenschaftliche Qualifizierung vermitteln können. Diese Möglichkeit wäre ihnen verwehrt, wenn die Schwerpunktbereichsprüfung als Teil der Leistungen eines Bachelorstudiengangs vorschreibt. Anderenfalls dürfte mit erheblichen Problemen im Rahmen der Studiengangakkreditierung zu rechnen sein.

So kann neben der ersten juristischen Prüfung auch für die Schwerpunktbereichsprüfung sogar eine zusätzliche Qualitätssicherung unterstellt werden. Durch die umfängliche emotionale und praktische Entlastung können sich die Studierenden ganz auf die dortige Prüfungsentscheidungen und die damit verbundene Befähigung für das anschließende Referendariat konzentrieren.

Warum nicht also das Sicherheitsnetz früher aufspannen?

In seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf fordert der Fachschaftsrat Jura der Universität Trier daher die Verleihung des Bachelor of Laws (LL.B.) bereits dann, wenn allein die Voraussetzungen zur Anmeldung zur staatlichen Pflichtfachprüfung vorliegen – ohne Schwerpunktbereich.

Dabei ist der integrierte LL.B.-Abschluss keineswegs ein bloßes Minus zur ersten Staatsprüfung, sondern ein alternativer Weg zu einem juristischen Abschluss für einen sich wandelnden Arbeitsmarkt. Auch bei dieser Forderung lässt er als Ergänzung des derzeitigen Ausbildungssystems dessen grundlegende Struktur unangetastet. Das Staatsexamen ist und bleibt das primäre Ausbildungsziel; der Zugang zu den volljuristischen Berufen wird weiterhin nur durch das erfolgreiche Absolvieren beider Staatsexamina ermöglicht. Studierenden wird aber frühzeitig die Möglichkeit geboten, alternativ zur klassischen rechtswissenschaftlichen Ausbildung eine berufliche Tätigkeit oder ein konsekutives Master-Studium aufzunehmen.

Um mit den Worten John F. Kennedys abzuschließen: “Veränderung ist das Gesetz des Lebens. Diejenigen, die nur auf die Vergangenheit oder die Gegenwart blicken, werden die Zukunft verpassen.” Wir sind gespannt, was das Ministerium zu den Vorschlägen zu sagen hat.

Tim Hopperdietzel
Lukas Baumgärtel
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Tim Hopperdietzel & Lukas Baumgärtel
Tim Hopperdietzel & Lukas Baumgärtel
Die Autoren studieren Jura (Staatsexamen) im 7. Fachsemester an der Universität Trier und gehören seit 2022 dem Fachschaftsrat Jura an.

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