VG Neustadt weist Klage ab: Wieder zwei Minischweine weniger

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Ein Ehepaar hielt seit 2022 Minischweine im Garten ihres Grundstückeigentums – ganz zum Unverständnis der Nachbar:innen. Denn diese beschwerten sich bei der Stadt. Das Ehepaar erhielt im November 2023 einen Bescheid die Haltung einzustellen. Dagegen wehrten sie sich und klagten gegen den Landkreis Bad Dürkheim. Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße entschied kürzlich, dass der Bescheid Bestand habe und wies die Klage des Ehepaars ab.

Haßloch, das größte Dorf Deutschlands

Das Ganze trug sich in Haßloch in Rheinland-Pfalz statt. Der dörfliche Charakter, dem der Stadt innewohnt, verhalf ihr zum Namen des „größten Dorfs“ Deutschlands. Rechtlich gesehen ist Haßloch kein Dorf, sondern eine verbandsfreie Gemeinde. Dem Minischweinen brachte dies allerdings nichts.

Das Wohngrundstück der Kläger liegt laut Bebauungsplan in einem festgesetzten allgemeinen Wohngebiet. Umgeben ist das Grundstück der Kläger von weiteren mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken. Die lieben Nachbar:innen wollten die süßen Minischweine wohl nicht akzeptieren. Die Anwohnerbeschwerden brachten die Stadt in Zugzwang und erklärten die Haltung im allgemeinen Wohngebiet für unzulässig.

Veterinäramt zufrieden

Der fristgemäß eingelegte Widerspruch der Kläger blieb erfolglos. Darin erklärten sie, dass die Minischweine als Kleintiere einzuordnen seien und damit gebietsverträglich. Es handele sich eben nicht um Hängebauchschweine, welche etwas größer als das typische Minischwein werden. Das Veterinäramt war auch zufrieden mit der Sauberkaut des Geheges und bestätigte im August 2023 die artgerechte Haltung.

Im Rahmen der im April 2024 eingereichten Klage ergänzte das klagende Ehepaar wie folgt. Die Haltung der Minischweine sei auch bauplanungstechnisch zulässig. Haßloch sei geprägt durch seinen dörflichen Charakter und die darum liegenden landwirtschaftlichen Flächen. Die Kleintierhaltung sprenge nicht den Rahmen der für eine Wohnnutzung typische Freizeitbeschäftigung.

Typische Freizeitbetätigung dürfe nicht gesprengt werden

Das Verwaltungsgericht sah das anders. Nach der mündlichen Verhandlung am 11. September dieses Jahres wies die 5. Kammer die Klage ab. Die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit sei trotz allem gegeben. Der Bebauungsplan weise das Gebiet als allgemeines Wohngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung (BauNVO) aus. Dazu gehören keine Anlagen zur Tierhaltung. Und allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen, weshalb die gebietstypische Schutzwürdigkeit und Störempfindlichkeit von der störempfindlichen Hauptnutzungsart bestimmt werde. Deshalb dürfe das Wohnen nicht gebietsunüblichen Störungen ausgesetzt werden. Untergeordnete Nebenanlagen seien gemäß § 14 BauNVO in Wohngebieten zwar grundsätzlich möglich. Diese müssen allerdings dem Nutzungszweck der in dem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Grundstücke bzw. dem des Wohngebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Die Kleintiernutzung sei nach § 14 BauNVO möglich, wenn sie im betreffenden Baugebiet üblich und ungefährlich sei sowie den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprenge.

Schweine, Ziegen & Co. heutzutage unüblich

Genau dies sei jedoch der Fall. Die Haltung von Schweinen, Ziegen und Co. sei in der heutigen Zeit mehr als unüblich und keine charakteristische Freizeitbeschäftigung. Damit würden grundsätzlich jedenfalls Hunde und Katzen unter diese Regelung fallen, jedoch keine Schweine – ob Hängebauchschweine oder andere Minischweine sei irrelevant.

Die Haltung von Schweinen in einem allgemeinen Wohngebiet führe typsicherweise zu Geruchs- und Geräuschbelästigungen. Diese seien in solchen Gebieten unüblich. Die ungefilterten Emissionen der ganzjährig im Freien gehaltenen Minischweine würden die unmittelbare Umgebung belasten. Die überwiegende Wohnnutzung der Umgebung überwiege in diesem Fall, unabhängig davon, dass Haßloch sich als „größtes Dorf der Welt“ bewirbt. Ausnahmen seien hier dennoch möglich. Das sei aber nur dann der Fall, wenn es in der Nachbarschaft bereits vergleichbare Nutzungen vorhanden seien und die Bewohnenden sich damit abgefunden hätten. Letzteres sei jedenfalls nicht der Fall.

In der Vergangenheit gab es bereits eine Reihe ähnlicher Fälle. Die Entscheidung über die Haltung von Minischweinen im Wohngebiet in NRW lest ihr hier nach. Zu guter Letzt aber noch eine positive Gerichtsentscheidung, auch wenn schon Jahrzehnte her: Das AG Köpenick entschied damals, dass die Haussau “Schnitzel” in der Wohnung bleiben darf, klick!

Update: 28.02.2024

Den Antrag des Ehepaars auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Neustadt hat das Oberverwaltungsgericht Konstanz als zulässig, aber unbegründet abgelehnt. Die Haltung von Minipigs im allgemeinen Wohngebiet verletze den Gebietserhaltungsanspruch der Nachbar:innen. Damit müssen die süßen Schweinchen jetzt leider ausziehen.


Entscheidung: VG Neustadt/Wstr., Urt. v. 11.09.2024, Az. 5 K 427/24.NW  

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