Interview: Frag die …. Juristische Lektorin

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Juristische Berufserfahrung aus erster Hand: Im Interview mit der Fachlektorin Dr. Kiki Beyer

Dr. Kiki Beyer studierte an der Universität Tübingen Rechtswissenschaften und legte ihr Rechtsreferendariat am Landgericht Rottweil ab. Danach promovierte sie an einem Lehrstuhl für öffentliches Recht zum Thema „Der Einfluss des Vergaberechts auf Zuwendungen und ihren Widerruf“. Sie war Referentin im Verkehrsministerium Baden-Württemberg und zuständig für Rechtsfragen zum Automatisierten Fahren. Außerdem hat sie einen LL.M. im Medienrecht.  

Inzwischen ist Kiki Beyer als juristische Lektorin beim Kohlhammer Verlag tätig und teilt ihr Wissen auf ihrem Instagram-Kanal @mrs.medien.recht.

Berufsspecial

Liebe Kiki, herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst, Wissenswertes über Dich und Deinen Beruf als Lektorin mit unseren JURios-Leser:innen zu teilen! Wie kam es dazu, dass Du den Weg in einen juristischen Fachverlag gefunden hast?

Antwort: Gelesen habe ich schon immer viel und gerne, sodass ich mir als Jugendliche sicher war, dass Lektorin in einem Verlag für Belletristik der Traumberuf schlechthin sein muss. Nach dem Abi habe ich mich auch zunächst für Literaturwissenschaften eingeschrieben, mich kurz darauf aber für Jura entschieden. Zu diesem Zeitpunkt hat mich besonders die Verknüpfung zwischen Recht und Journalismus interessiert. Dass auch juristische Fachverlage Lektor:innen beschäftigen, ist mir dann im Referendariat wieder eingefallen und ich habe meine Wahlstation in einem juristischen Fachverlag verbracht.

Nach dem Referendariat reizte mich aber erstmal die Promotion im Vergabe- und Zuwendungsrecht und die Tätigkeit im Verkehrsministerium als Referentin für Rechtsfragen zum Automatisierten Fahren. Mein Plan war eigentlich danach als Rechtsanwältin für Medienrecht zu arbeiten, weswegen ich auch meinen LL.M. in Medienrecht gemacht habe. Bei der Jobsuche bin ich dann zufällig auf eine Stellenanzeige von Kohlhammer gestoßen und ich habe mich ganz spontan beworben. Insofern hat sich das mit dem juristischen Fachverlag früh abgezeichnet, im Endeffekt bin ich dann aber doch erst dort gelandet, nachdem ich einigen anderen Interessen nachgegangen war.

Spielt Deine Dissertation hierfür eine Rolle? Also sollte man als Lektor:in promoviert haben? Bzw. hilft Dir der thematische Bezug Deiner Dissertation bei Deiner heutigen Arbeit?

Antwort: Thematisch hilft mir persönlich meine Dissertation bei der Arbeit nicht, weil ich die juristischen Sachbücher betreue und Vergabe- und Zuwendungsrecht dort bislang noch keine Rolle gespielt hat. Je nachdem, mit welchen Themenbereichen man zu tun hat, kann das aber natürlich hilfreich sein. Da man allerdings fast ausschließlich mit Professor:innen als Autor:innen zusammenarbeitet oder zumindest mit Personen, die wissenschaftlich tätig sind, ist es, finde ich, schon nützlich selbst wissenschaftlich gearbeitet zu haben und zu verstehen, welcher Prozess dahintersteckt.

Du spielst eine Runde Tabu und musst als Erklärerin Deinen Mitspieler:innen den Begriff „Lektorin“ umschreiben. Welche fünf Tabu-Begriffe, die dabei nicht genannt werden dürfen, stehen auf Deiner Karte, um Deinen Suchbegriff nicht direkt zu entlarven?

Antwort: Lesen, Verlag, Autor:innen, Recherche, Manuskript  

Nimm uns an die Hand und führe uns durch einen typischen Arbeitstag als Lektorin in einem juristischen Fachverlag. Was unterscheidet Deine Tätigkeit von den klassischen juristischen Berufen wie z. B. Richter oder Anwältin?

Antwort: Ein ganz typischer Tag besteht aus: Manuskripte sichten und bearbeiten, neue Themen recherchieren bzw. Buchprojekte planen, Marktanalysen, Autorengesprächen und -akquise, internen Gesprächsrunden und natürlich Mails beantworten. Das Schöne ist, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Vorhaben verwirklichen möchten. Man muss gute Ideen haben, kreativ sein und hin und wieder natürlich auch überzeugen. Konfrontatives Agieren ist in der Regel aber nicht an der Tagesordnung. 😊 Von Zeit zu Zeit nimmt man an einer Konferenz teil, in der die neuen Projekte vorgestellt werden. Außerdem erfolgt eine Abstimmung mit der Herstellung und der Werbung. Diese Abteilungen sind dafür zuständig, dass das Produkt seine eigentliche Form erhält und beworben wird.

Als Lektorin muss man bekanntlich viel lesen. Darfst Du ab und zu auch selbst etwas schreiben? Oder erschöpft sich Deine Tätigkeit darin, andere beim Schreiben und Publizieren zu unterstützen?

Antwort: Selbst schreibe ich nur neue Buchkonzepte und Mails. Aber stimmt schon! Manchmal juckt es mich in den Fingern und ich würde gerne wieder selbst schreiben. Ich freue mich dann aber einfach darüber, dass unsere Autor:innen die Texte so wunderbar realisieren und beschränke mich auf Anmerkungen und Kommentierungen.

Apropos „typischer Tag“: Was sind typische Probleme, die Dir tagtäglich bei Deiner Arbeit begegnen – was war im Gegenteil dazu der kurioseste Fall, der Dir im Lektorat widerfahren ist?

Antwort: Das typischste Problem ist für eine Idee die passenden Autor:innen zu finden. Gute Wissenschaftler:innen schreiben und publizieren naturgemäß sehr viel und lehnen aus Zeitgründen manchmal ab. Was ab und an auch vorkommt: Man erinnert Autor:innen nett daran das Manuskript abzugeben.

Eine meiner Kolleginnen hatte den kuriosesten Fall, den ich mitbekommen habe: Sie hat ein Manuskript erhalten, das handschriftlich geschrieben und aus vielen kleinen Zetteln zusammengeklebt war, sodass man es meterlang ausklappen konnte.

Außerdem hat ein Autor eine Woche nach Veröffentlichung seines Aufsatzes in einer Zeitschrift sein Honorar über zwei Wochen hinweg täglich telefonisch eingefordert. Das ist generell sehr unüblich, weil die Autor:innen eines Aufsatzes darauf vertrauen, dass sie ihr Geld erhalten, vor allem, wenn es erst eine Woche her ist. Außerdem muss man sagen, dass man von einem Aufsatz jetzt auch nicht reich wird. Bei ihm kam aber hinzu, dass Angaben von ihm gefehlt haben, die eine Abrechnung erst möglich gemacht hätten.

Jetzt hast Du uns schon sehr von Deinem Beruf überzeugen können. Was muss man tun, um eine gute Lektorin zu werden und welche Voraussetzungen und Interessen sollte man dabei unbedingt mitbringen?

Antwort: Zuallererst sollte man natürlich Bücher, Zeitschriften und Lesen mögen. Unverzichtbar ist es interessiert am Zeitgeschehen und neugierig auf neue Themen zu sein. Oftmals taucht man sehr tief in Themenbereiche ein, die einem davor nicht vertraut waren. Ein gewisses Sprachgefühl und ein Gespür für Trends bzw. den Markt beobachten zu wollen gehört auch dazu. Außerdem ist es nicht verkehrt sich ein Netzwerk aufzubauen, um Autor:innen schneller akquirieren zu können und Projekte mit ihnen zu entwickeln.

Das ist jetzt vielleicht ein bisschen frech, aber: Was verdient man als Lektorin eigentlich?

Antwort: Ich finde die Frage gut und wichtig, aber sie ist schwer zu beantworten. Es ist ja jetzt auch kein Geheimnis, dass man in der Verlagsbranche gehaltstechnisch eher nicht so gut wegkommt. Um ein konkretes Gehalt zu nennen, muss man den Verlag, die genaue Tätigkeit und die Position berücksichtigen. Ich würde sagen ab ca. 50.000 € brutto.

Zu guter Letzt: Versetz Dich in Dein Erstsemester-Ich zurück. Was würde es heute von Deinem Werdegang halten und umgekehrt: was würdest Du Deinem Erstsemester-Ich raten?

Antwort: Mein Erstsemester-Ich wäre wohl sehr zufrieden und würde sagen: Hast du gut gemacht! Und: Es war irgendwie klar, dass du in einem Verlag landest, auch wenn dich viele andere juristische Berufsfelder und Rechtsgebiete interessiert haben und du das Jurastudium rundum spannend fandest.

Aus heutiger Sicht würde ich meinem Ersti-Ich und allen anderen Erstis raten, in manchen Phasen alles etwas gelassener zu sehen. Wichtig ist doch den Spaß an der Sache nicht zu verlieren und auch mal rechts und links zu gucken. Schwerpunkte sollte man unbedingt nach Interesse legen und alles andere kommt dann von selbst. Es lohnt sich und nach dem Jurastudium hat man ganz tolle und viele verschiedene Möglichkeiten!  

Liebe Kiki, vielen Dank für die spannenden Einblicke!

Danke für die coolen Fragen!

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Redaktion
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JURios. Kuriose Rechtsnachrichten. Kontakt: redaktion@jurios.de

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