Das JPA Hessen macht sich erneut bei den Kandidatinnen und Kandidaten des zweiten Staatsexamens unbeliebt. Sechs Wochen vor der ersten Klausur teilte das Justizprüfungsamt den Prüflingen in Frankfurt a.M. mit, dass sie ihr Juraexamen außerhalb von Frankfurt schreiben müssen.
Die Examenskandidatinnen und Examenskandidaten aus Hessen staunten heute Vormittag nicht schlecht, als sie – nur sechs Wochen vor dem Examen – eine Mail des JPA Hessen erreichte. Darin wurde ihnen lapidar und ohne Entschuldigung mitgeteilt, dass sie die Klausuren nicht in der hessischen Großstadt schreiben würden, sondern wahlweise in Darmstadt oder Butzbach.
Baurechtliche Gründe
Der Grund: Die Räumlichkeiten seien “aus baurechtlichen Gründen nicht mehr nutzbar”. Dass Jurastudierende und Referendar:innen in baufälligen Gebäuden (mit herunterfallenden Deckenleuchten, Baustellenlärm und überlaufenden Toiletten) ihr Examen schreiben müssen, gehört deutschlandweit zur Tagesordnung. Dass einem Justizprüfungsamt die Baufälligkeit des Gebäudes erst wenige Wochen vor dem Termin auffällt, ist jedoch ein Novum.
Betroffen sind alle Arbeitsgemeinschaften aus Frankfurt a.M. (insgesamt drei) sowie alle Kandidat:innen, die sich für den Prüfungsstandort Frankfurt a.M. entschieden hatten.
Das JPA Hessen teilt den Kandidat:innen in dem Schreiben, das JURios vorliegt, außerdem mit, dass (natürlich) kein Anspruch auf Zuweisung an den neuen „Wunschort“ bestünde. Zum jetzigen Zeitpunkt weiß niemand, wann die Betroffenen erfahren, ob sie in Darmstadt oder Butzbach schreiben müssen.
Katastrophale Organisation
Vom Frankfurter Hbf benötigt man nach Darmstadt etwa 30 Minuten. Nach Butzbach fährt man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sogar eine knappe Stunde. Die Betroffenen mussten bereits feststellen, dass es in Butzbach für die Examenstage keine freien Hotels mehr gibt. Die Organisation von Fahrgemeinschaften scheitert daran, dass niemand weiß, ob er oder sie eine Stunde nördlich von Frankfurt oder 30 Minuten südlich von Frankfurt das Examen schreiben wird. Gegenüber JURios drückt eine betroffene Referendarin ihre Verzweiflung über die schlechte Organisation und die Unabwägbarkeit der Lage aus.
„Das Problem ist, dass wir überlegen, Fahrgemeinschaften zu bilden, aber nicht wissen, ob wir alle am gleichen Standort schreiben. Es wurde sehr deutlich gesagt, dass wir eben nicht sicher sein können, dass wir am Wunschort schreiben.“
Ein Referendar nennt die Organisation gegenüber JURios „katastrophal“. Aber man sei vom JPA Hessen ja nichts anderes gewohnt. Telefonisch habe es vom Justizprüfungsamt keinerlei Verständnis für die Lage der Referendar:innen gegeben: „Wie Sie anreisen, ist ihr Problem.” Und: “Wir können nichts für die baurechtlichen Vorgaben.“
Das zweite Staatsexamen beginnt für die Prüflinge am 6. Januar mit der ersten Klausur im Zivilrecht. Insgesamt werden acht Klausuren geschrieben. Der Durchgang endet regulär am 17. Januar mit der zweiten Klausur im öffentlichen Recht.
Failed state Hessen?
Es ist bereits das dritte Mal, dass Hessen in den vergangenen Monaten negativ in den Schlagzeilen landet. Zunächst hatte sich das Justizprüfungsamt Hessen über die hohe Arbeitsbelastung beschwert. Ihre Lösung: Zu Lasten der Kandidat:innen soll die An- und Abmeldung zum Staatsexamen verschärft werden (JURios berichtet).
Wenige Wochen später druckte das JPA dann versehentlich hessenweit Teile der Lösung im Klausursachverhalt ab. Die Klausur wurde abgebrochen (JURios berichtet). Die Kandidat:innen des zweiten Staatsexamens mussten die Klausur an ihrem Ruhetag nachschreiben. Sie waren also gezwungen, fünf fünfstündige Klausuren in fünf aufeinanderfolgenden Tagen abzufassen (JURios berichtet).
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