Beim ersten Durchgang des E-Examens im zweiten Staatsexamen in Bayern ist es zu so vielen technischen Problemen gekommen, dass eine Schreibzeitverlängerung gewährleistet werden musste.
Der schriftliche Teil der zweiten juristischen Staatsprüfung in Bayern konnte erstmals diese Woche in elektronischer Form abgelegt werden. Das E-Examen wurde parallel an allen Standorten (Augsburg, Bamberg, Bayreuth, München, Nürnberg, Passau, Regensburg und Würzburg) angeboten.
Dabei kam das Prüfungssystem eines externen Dienstleisters zum Einsatz. Dieser stellt für die Prüfungsdurchführung Laptops mit einem bereits vorinstallierten Schreibprogramm zur Verfügung. Der Laptop ist über ein drahtloses Netzwerk mit dem lokalen Prüfungsserver verbunden, auf dem die elektronische Ausarbeitung dann direkt gespeichert wird. Während der fünfstündigen Klausuren sind Support-Mitarbeiter des Dienstleisters in den Prüfungsräumlichkeiten als Ansprechpartner:innen bei technischen Problemen anwesend.
Fehlermeldungen und Abgabeprobleme
Die Kandidat:innen des Termins 2024/2 (26. November bis 6. Dezember) hatten die Wahl, ob sie ihre Klausuren am Laptop oder handschriftlich abfertigen wollten. Fast alle Teilnehmenden wählten die digitale Version. Zuvor hatten die Prüflinge die Möglichkeit gehabt, das Prüfungsprogramm bei einer Intensivklausurwoche kennenzulernen. Bei dieser funktionierte auch alles reibungslos.
Beim Ablegen der ersten Klausur im Zivilrecht am heutigen Dienstag kam es jedoch direkt zu technischen Problemen. Diese sind bisher aus den Prüfungsstandorten München und Augsburg bekannt. Wie mehrere Betroffene übereinstimmend berichteten, wurden auf den Laptops reihenweise Fehlermeldungen angezeigt. Statt dem ausgearbeiteten Gutachten wurde den Kandidat:innen plötzlich ein Popup mit einer Fehlermeldung eingeblendet. Um das technische Problem zu lösen, mussten die Prüflinge aufzeigen und warten, bis ihnen einer der Servicemitarbeitenden zu Hilfe eilte. Das dauerte teilweise jedoch sehr lange, weil es so viele Fehlermeldungen gab, dass die Mitarbeitenden mit der Hilfestellung nicht hinterherkamen.
„Es war das absolute Chaos“, erzählt uns ein Betroffener. „Es gab reihenweise Fehlermeldungen und viel zu wenige Servicemitarbeiter. Ich hatte Angst, dass mir nicht geholfen werden kann oder dass der IT-Support so lange dauert, dass ich am Ende nicht fertig werde.“
Schreibzeitverlängerung notwendig
Aufgrund der vielen technischen Probleme wurde den Kandidat:innen schließlich eine erste Schreibzeitverlängerung von 15 Minuten gewährt. Diese Information erhielten die Prüflinge jedoch erst so spät, dass eine sinnvolle Zeiteinteilung gegen Ende der Klausur nicht mehr möglich war. Eine weitere Schreibzeitverlängerung wurde denjenigen Betroffenen gewährt, die ein „kompletter Blackout“ ereilt hatte.
Auch bei der Abgabe der Klausur zeigten sich Probleme. Aufgrund der Fehlermeldungen waren sich die Kandidat:innen nicht sicher, ob ihre Klausur am Ende der Bearbeitungszeit tatsächlich gespeichert und auf den Server des Unternehmens übertragen worden waren. Es bildete sich eine lange Schlange, als die Prüflinge einzeln bei der Klausuraufsicht abfragten, ob ihre Ausarbeitung eingegangen sei. Nach einiger Zeit gab es eine Durchsage, die den Prüflingen die erfolgreiche Abgabe aller Klausuren bestätigte.
„Bei der Abgabe kam es zu flächendeckenden Fehlermeldungen. Wir hatten keine Ahnung, ob unser Gutachten jetzt gelöscht war und wir ein leeres Blatt abgegeben hatten oder ob das Speichern erfolgreich war“, erzählt eine Referendarin JURios. „Insgesamt war es die ganze Zeit sehr laut im Prüfungsraum, weil ständig Techniker durch den Raum gerannt sind.“
Die Einführung des E-Examens in Bayern ist ein großer Fortschritt für die Digitalisierung der juristischen Ausbildung. Gleichzeitig bleiben bei der Durchführung allerdings noch Wünsche offen. Andere Bundesländer – wie beispielswiese Baden-Württemberg – hinken allerdings noch weiter hinterher. Hier werden die Klausuren immer noch handschriftlich verfasst.